Afghanistan-Einsatz geht weiter: Bundeswehr bleibt am Hindukusch

Die Regierung beschließt, vier Militärmandate im Ausland zu verlängern, darunter auch Afghanistan. Wie lange es dauert, hängt an den USA.

soldaten der bundeswehr stehen vor fahrzeug in der nacht

Der wohl heikelste und auch längste Auslandseinsatz der Bundeswehrf findet in Afghanistan statt Foto: ap

BERLIN taz | Die schwarz-rote Bundesregierung hat die Verlängerung von vier Auslandseinsätzen der Bundeswehr auf den Weg gebracht. Wie das Kabinett am Mittwoch beschloss, sollen deutsche Soldaten im Nato-Auftrag ein weiteres Jahr an „Resolute Support“ in Afghanistan und an „Sea Guardian“ im Mittelmeer teilnehmen. Auch die UN-Missionen UNAMID in sudanesischen Darfur sowie UNMISS im Südsudan sollen fortgesetzt werden. Die abschließende Entscheidung darüber muss nun der Bundestag treffen.

Nach derzeitiger Planung werden die Mandatsverlängerungen Ende Februar in den Bundestag eingebracht. Die Abstimmungen dürften Ende März stattfinden. Im Mittelpunkt der Mission „Resolute Support“ stehen die Ausbildung und Beratung afghanischer Sicherheitskräfte. Derzeit sind 1.200 deutsche SoldatInnen vor allem im Norden Afghanistans im Einsatz. Die Obergrenze liegt bei 1.300 BundeswehrsoldatInnen.

„Sea Guardian“, ebenfalls eine Nato-Mission, dient der Sicherung der Seewege und zur Bekämpfung terroristischer Aktivitäten im Mittelmeer. Hier liegt die personelle Obergrenze bei 650 SoldatInnen. Aktuell ist der Einsatzgruppenversorger „Bonn“ mit 180 SoldatInnen an der Operation beteiligt.

Im Mittelpunkt der UN-Mission UNAMID stehen der Schutz der Zivilbevölkerung und humanitäre Hilfe für die notleidende Bevölkerung in Darfur. Das Mandat erlaubt den Einsatz von bis zu 50 deutschen SoldatInnen. Kernaufgaben der UN-Mission UNMISS im Südsudan sind der Schutz der Zivilbevölkerung, die Beobachtung der Menschenrechtssituation sowie die Sicherung des Zugangs humanitärer Hilfe. Bis zu 50 BundeswehrsoldatInnen können eingesetzt werden.

Heikelster Einsatz dauert am längsten

Der heikelste Bundeswehreinsatz ist ohne Zweifel der in Afghanistan – und auch der längste. Seit dem Jahr 2002 stehen deutsche Soldaten in dem zentralasiatischen Land, zuerst im Rahmen der militärischen Großoperation „Operation Enduring Freedom“ und der Sicherheits- und Wiederaufbaumission ISAF. Die Ausbildungsmission „Resolute Support“ startete im Januar 2015.

Wie lange deutsche SoldatInnen noch am Hindukusch im Einsatz sein werden, ist ungewiss. Denn diese Entscheidung trifft de facto letztlich nicht die Bundesregierung, sondern die USA. Das US-Militär ist das Rückgrat des Nato-Engagements am Hindukusch. Sobald es sich zurückzieht, wird sich die Bundeswehr schleunigst anschließen.

Das Kabinett habe die Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes unter der Maßgabe beschlossen, „dass unsere Präsenz und auch die Präsenz der anderen Nationen, die im Norden Afghanistans ihren Dienst tun, auch abhängig sind von dem amerikanischen Engagement“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch in Berlin. „Wenn sich dort Veränderungen ergeben, werden wir immer wieder überprüfen müssen, ob dann unser Engagement noch nötig ist.“

Der amerikanische Präsident Donald Trump hatte Anfang 2019 per Twitter überraschend angekündigt, dass er die US-Truppen in Afghanistan reduzieren und die Mission letztlich ganz beenden möchte. Derzeit sind rund 14.000 US-SoldatInnen am Hindukusch stationiert. Seit Trumps Vorstoß rätseln die Nato-Partner, was die US-Administration nun genau plant. Dies dürfte eines der wesentlichen Themen beim Treffen der Nato-VerteidigungsministerInnen an diesem Mittwoch und am Donnerstag in Brüssel sein.

Abzug an die USA gekoppelt

Im Vorfeld des Treffens warnte Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) die US-Regierung vor den Folgen eines übereilten Abzugs aus Afghanistan. „Die Amerikaner wissen, dass es unserer Meinung nach nicht richtig ist, Afghanistan jetzt im Stich zu lassen“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. „Der Prozess eines klugen Truppenabbaus muss immer gekoppelt sein mit nachhaltigen Fortschritten im Friedensprozess.“ Die Verbündeten seien auf Fähigkeiten der USA in Afghanistan angewiesen, „und die Amerikaner wissen das auch“, sagte von der Leyen. „Deshalb haben wir sehr deutlich gemacht: Wenn diese Fähigkeiten der Amerikaner uns und anderen nicht mehr zur Verfügung stehen, können wir den mandatierten Auftrag nicht fortsetzen.“

Die Grünen kritisierten, dass sich die Bundesregierung jahrelang geweigert habe, über eine eigene Strategie für einen verantwortungsvoll Abzug aus Afghanistan zu sprechen. Es sei „völlig absurd, angesichts der Abzugsankündigung von Donald Trump einfach ein altes Mandat neu vorzulegen, so als ob nichts geschehen sei“, sagte die stellvertretende Bundestagsfraktionsvorsitzende Agnieszka Brugger. „Ein Konzept für eine kluge Exit-Strategie ist mehr als überfällig und die Bundesregierung hätte besser gestern als heute mit den Planungen beginnen sollen.“ Man könne einen Einsatz nach fast 20 Jahren nicht einfach immer weiter verlängern, wenn schon lange klar sei, dass er keine Erfolgsperspektive mehr hat.

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