Verfassungsschutz in der Hannibal-Affäre: Der Mann vom Amt

Politiker fordern Aufklärung: Welche Rolle spielte ein heutiger Verfassungsschutzmitarbeiter im Verein Uniter?

Das Eingangsschild des baden-württembergischen Landesamt für Verfassungsschutz, aufgenommen durch eine Sonnenblende mit FishEye-Objektiv.

Der Verfassungsschutz Baden-Württemberg steht derzeit im Fokus der Kritik Foto: dpa

BERLIN taz | War es nur Hobby – oder mehr? Politiker aus dem Deutschen Bundestag und dem Landtag in Baden-Württemberg fordern Aufklärung in der Affäre um ein rechtes Netzwerk mit Mitgliedern aus Armee und Sicherheitsbehörden. Hintergrund ist ein taz-Bericht, wonach ein Mitarbeiter des Landesamts für Verfassungsschutz Baden-Württemberg bis Anfang 2017 dem Gründungsvorstand des umstrittenen Hannibal-Vereins Uniter angehörte. Das Hannibal-Netzwerk war Ende 2018 in die Schlagzeilen geraten, weil Chatgruppen-Mitglieder unter anderem Feindeslisten von politischen Gegnern angefertigt haben sollen.

„Es darf nicht der geringste Verdacht im Raum stehen bleiben, wonach Mitarbeiter von Sicherheitsbehörden sich in Vereinen engagieren, die der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zuwiderhandeln“, sagte der FDP-Innenpolitiker und Bundestagsabgeordnete Benjamin Strasser.

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Konstantin von Notz, sagte, „die Aktivitäten von extrem Rechten und Rechtsextremen, ihre Vernetzung und ihre Verbindungen in Behörden bedürfen dringend der entschlossenen und umfassenden Aufklärung“. Die Linken-Bundestagsabgeordnete Martina Renner forderte, die deutschen Nachrichtendienste müssten ihre Informationen zum Hannibal-Netzwerk nun offenlegen und anschließend von der weiteren strafrechtlichen und parlamentarischen Aufklärung ausgeschlossen werden.

Auch in Baden-Württemberg löste die taz-Recherche Reaktionen aus. Grünen-Innenpolitiker Alexander Maier, der der grün-schwarzen Regierungskoalition angehört, sagte der taz, er erwarte, dass sich das Parlamentarische Kontrollgremium, das für die Kontrolle des Nachrichtendienstes in Baden-Württemberg zuständig ist, sich in seiner nächsten Sitzung mit dem Fall befasse und dort auch Auskunft über die genaue Einbindung des früheren Uniter-Mitgliedes beim Landesamt für Verfassungsschutz erhalte.

„Uniter und seine Strukturen genauer beobachten“

„Wenn das Landesamt für Verfassungsschutz verhindern will, dass noch mehr Vertrauen verloren geht, muss es sich jetzt proaktiv stärker um Aufklärung bemühen“, sagte Maier, der Sprecher für Strategien gegen Rechtsextremismus der Grünen-Fraktion. Er erwarte vom Landesamt, „den Verein Uniter und die Bedrohung, die von ihm ausgeht, sehr ernst zu nehmen und Uniter und seine Strukturen in Zukunft genauer zu beobachten“.

Der Verfassungsschutzexperte der oppositionellen SPD-Landtagsfraktion Boris Weirauch sieht Erklärungsbedarf eine Etage höher, bei Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU): „Es wäre nicht einfach hinnehmbar, wenn es tatsächlich personelle Überschneidung zwischen Verfassungsschutz und Uniter gegeben haben soll“, sagte er der taz. In diesem Fall „muss der Landtag über die genauen Umstände aufgeklärt werden, insbesondere auch darüber, welche Funktion der betreffende Mitarbeiter beim Verfassungsschutz wahrnimmt“.

Das Innenministerium in Stuttgart beantwortete keine Fragen der taz. Der stellvertretende Sprecher Carsten Dehner wiederholte lediglich die Aussage, „dass der Verein Uniter e. V. nicht zu den Beobachtungsobjekten des Landesamts für Verfassungsschutz Baden-Württemberg zählt“.

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Illustration: taz/Infotext-Berlin (Montage)

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