Kommentar Brandenburgs SPD: Münchhausen in der Mark

Die Brandenburger SPD ist von ihrem Kandidaten zur Europawahl getäuscht worden. Der Fall zeigt, in welch schlechtem Zustand die Partei ist.

Maja Wallstein und Dietmar Woidke auf einem Podium

Dietmar Woidke fühlt sich getäuscht. Maja Wallstein soll einspringen Foto: dpa

Brandenburg wirbt mit einer Imagekampagne unter dem Motto „Es kann so einfach sein“ für sich. Wenn es denn so einfach wäre. Für die in dem Bundesland seit der Wiedervereinigung ununterbrochen regierende SPD ist derzeit gar nichts einfach. Alles, was die Genossen anfassen, scheint schiefzugehen.

Nun sind sie auch noch Opfer einer ziemlich dreisten Täuschung geworden: Ihr Spitzenkandidat zur Europawahl, Simon Vaut, hat sich als Lügner entpuppt. Anders als von ihm behauptet, lebt er weder in Brandenburg an der Havel noch ist die von ihm beim Nominierungsparteitag im September vorgestellte Lebenspartnerin „Doreen“ wirklich seine Freundin.

Tatsächlich hat der 41-jährige gebürtige Hamburger die Partei offenbar über Monate belogen. Warum, sagt er bisher nicht. Seine politische Karriere ist aber wohl beendet. Dabei war Vaut auf bestem Weg ein echter Appara­tschik zu werden. Er war Redenschreiber für Sigmar Gabriel, derzeit ist Vaut Regierungsrat im Bundeswirtschaftsministerium. Ein Mandat in Brüssel wäre der nächste Karriereschritt gewesen.

In der Brandenburger SPD wird man sich hintergangen fühlen: Ein Karrierepolitiker, der meint, eine imaginäre Freundin reiche aus, um sich von den Brandenburgern wählen zu lassen. Das ist frech. Und peinlich. Denn es hätte ja fast geklappt. Bezeichnend ist auch, wie Vaut überhaupt zum Kandidaten wurde. Denn Parteichef Dietmar Woidke hatte mit Ex-Juso-Chefin Maja Wallstein eigentlich eine andere Favoritin. Dass ihr Vaut bei der Nominierung vorgezogen worden war, galt auch als Niederlage für Woidke.

Ohnehin schlingert die früher erfolgsverwöhnte Partei in den vergangenen Jahren. Woidke kassierte mit seiner Kreisreform das zentrale politische Projekt der Legislatur bei einem Zwischenstopp auf einen Parkplatz. Trotz guter Wirtschaftslage wäre die Koalition mit den Linken kürzlich fast am Streit über das Polizeigesetz zerbrochen. Offenbar ist alles ziemlich kompliziert.

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Jahrgang 1978, ist Autor und CvD der taz und berichtet seit 2011 für mehrere Tageszeitungen über Berlin, Brandenburg und Osteuropa.

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