Erneute Brexit-Abstimmung in London: Wieder ein Korb für May

Zum dritten Mal hat das Unterhaus das Brexit-Abkommen der Premierministerin abgelehnt. Brüssel rechnet nun mit einem ungeregelten Austritt.

Eine Mann hält Pro-Brexit-Demoschilder in der Höhe

Glaubt an die bessere Zukunft: Pro-Brexit-Demonstrant Foto: reuters

LONDON taz | Der 29. März sollte der Tag des Austritts Großbritanniens aus der EU sein, wie Premierministerin Theresa May zwei Jahre lang wie ein Mantra heruntergebetet hatte. Stattdessen war es der Tag, an dem das britische Unterhaus zum dritten Mal über Mays Austrittsabkommen mit Brüssel abstimmte – und den Deal der Regierungschefin mit 286 gegen 344 Stimmen ablehnte. Nun droht dem Land entweder ein ungeordneter Austritt ohne Abkommen am 12. April oder eine lange Verschiebung des Brexits mit einer Teilnahme an der Europawahl Ende Mai.

Zuvor hatte der britische Generalstaatsanwalt Geoffrey Cox die Abgeordneten im Unterhaus dazu aufgerufen, Mays Deal mit der EU zuzustimmen. Nur so könne Großbritannien bequem eine Verlängerung bis zum 22. Mai erreichen, ohne die übrigen 27 EU-Staaten um einen anderen Brexit-Termin bitten zu müssen. Doch diesem Argument wollten weder die Befürworter eines ungeregelten Brexits noch die Labour-Partei oder die schottische SNP folgen. Auch die nordirische DUP ließ sich nicht überzeugen – auf deren 10 Stimmen ist Mays Minderheitsregierung angewiesen.

DUP-Fraktionsführer Nigel Dodds und der DUP-Abgeordnete Ian Paisley hatten vorher klargestellt, dass sich die Unionisten Nordirlands in ihrer Ablehnung des Abkommens einig seien. Grund sei vor allem der nahezu unveränderte Backstop, eine Garantie für eine offene Grenze zwischen dem EU-Staat Irland und Nordirland. Brexit-Hardliner befürchten, dieser könnte das Land dauerhaft an die EU fesseln.

Theresa May hatte die dritte Abstimmung im Unterhaus eh nur durch einen Trick durchsetzen können. Denn Parlamentspräsident John Bercow hatte ein erneutes Votum mit Verweis auf eine 415 Jahre alte Regel abgelehnt. Dieser gemäß darf über ein und dieselbe Vorlage nicht beliebig abgestimmt werden. Aus diesem Grund hatte die Regierung die sogenannte politische Erklärung vom Austritts­abkommen getrennt – die Erklärung ist ein Dokument, dass die zukünftigen Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien ausführt. Aber der Spagat nutzte nichts.

Alternative gesucht

„Die Auswirkungen der Entscheidung des Unterhauses sind schwerwiegend“, sagte May nach ihrer Niederlage. Es müsse nun ein alternativer Weg gefunden werden. Die Regierungschefin erklärte, sie wolle sich aber weiterhin für einen geordneten EU-Austritt einsetzen. Oppositionschef Jeremy Corbyn von der Labour-Partei dagegen forderte May zum Rücktritt auf und verlangte eine Neuwahl. „Das ist jetzt das dritte Mal, dass der Deal der Premierministerin zurückgewiesen wurde“, sagte er. Nun müsse eine Alternative gefunden werden.

Andere hatten sich schon vorher für den Fall in Stellung gebracht, dass der Brexit erneut verschoben werden und Großbritannien an der Europawahl teilnehmen sollte. So will sich die „Independent Group“ nun als Partei anerkennen lassen. Ihr gehören etwa ein Dutzend ehemalige Labour- und Tory-Abgeordnete wie Chuka Umunna (früher Labour) und Anna Soubry (früher Tory) an, die erst vor ein paar Wochen unter großer Medienaufmerksamkeit aus ihren Parteien ausgetreten waren.

Oppositionschef Corbyn forderte May zum Rücktritt auf und verlangte eine Neuwahl

Als nächster Schritt soll das Parlament am Montag eine zweite Runde an Testabstimmungen über Alternativen zu dem Abkommen abhalten. Dabei soll es um die Vorschläge gehen, die in der ersten Runde am Mittwoch die meisten Stimmen erhalten hatten, nämlich ein zweites Referendum über den EU-Austritt und der Vorschlag, nach dem Ausscheiden in einer Zollunion mit der EU zu bleiben.

Die EU-Kommission hält nun einen Brexit ohne Vertrag am 12. April für wahrscheinlich. Dies teilte ein Kommissionssprecher am Freitag nach der Abstimmung mit, während EU-Ratschef Donald Tusk auf Twitter mitteilte, er habe einen EU-Sondergipfel für den 10. April einberufen. (mit dpa)

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