Berliner SPD gegen die Bundeswehr: Keine Werbung an Spandauer Schulen

Die SPD-Basis beschließt, dass der Berliner Senat Armee-Werbung an Schulen verbieten soll. Das kritisieren Verteidigungspolitiker der Partei.

Soldaten und Soldatinnen vom Wachbataillon der Bundeswehr stehen nebeneinander mit Gewehren in der Hand.

Die Bundeswehr braucht Nachwuchs – den soll sie aber nicht an Schulen in Berlin-Spandau werben Foto: dpa

BERLIN taz | Die SPD streitet über Bundeswehrwerbung an Schulen – und das dank ihres Kreisverbands aus Berlin-Spandau. In einem Antrag für den Landesparteitag am vergangenen Wochenende hatten die Spandauer Delegierten gefordert, das Berliner Schulgesetz um einen Satz zu erweitern: „Es wird militärischen Organisationen untersagt, an Berliner Schulen für den Dienst und die Arbeit im militärischen Bereich zu werben.“ In der Begründung schrieben sie: „Für Töten und Sterben macht man keine Werbung.“ Die Mehrheit der Parteitagsdelegierten konnten sie damit überzeugen: Sie nahmen den Antrag an.

Sollte die rot-rot-grüne Berliner Regierung das Schulgesetz tatsächlich entsprechend ändern, wäre das ein Novum. Bisher ist ein Werbeverbot für die Bundeswehr in keinem anderen Bundesland festgeschrieben oder geplant. Die rot-rot-grüne Regierung in Thüringen bereitet zwar gerade ein neues Schulgesetz vor. Darin sollen Schulen nach Angaben des Bildungsministeriums aber nur angehalten werden, „Grundsätze im Sinne der Gewährleistung einer ausgewogenen Information der Schülerinnen und Schüler bei Informationsbesuchen von externen Personen, Organisationen und Institutionen“ aufzustellen.

Dass die Berliner SPD-Basis weiter gehen möchte, verärgert vor allem Verteidigungspolitiker der Partei. „Die Bundeswehr ist in der Mitte der Gesellschaft und wir müssen dafür sorgen, dass sie genau dort bleibt“, sagte der Bundestagsabgeordnete Thomas Hitschler. Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann äußerte sich sogar „entsetzt“. Auf Twitter schrieb er: „Die Soldaten verdienen unseren Respekt. Wer so einen Unsinn beschließt, sollte sich selbst von unseren Schulen fern­halten.“ Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) bezeichnete den Beschluss als „Schlag ins Gesicht aller Soldatinnen und Soldaten“.

Ob der Beschluss praktische Folgen hat, ist aber noch vollkommen unklar. Der Berliner SPD-Fraktionschef Raed Saleh, der selbst aus Spandau stammt, verteidigte den Antrag im Gespräch mit der taz zwar. „Hätte ich direkt nach dem Abi den deutschen Pass gehabt, dann hätte ich meinen Wehrdienst geleistet. Ich bin dankbar für vieles, was die Bundeswehr für Deutschland tut. Trotzdem: Militär sollte nicht an Schulen werben! Dafür gibt es Tage der ­offenen Tür oder Karrieremessen …“, sagte er. Ob die SPD im Abgeordnetenhaus eine Gesetzesänderung beantragt, ließ ein Fraktionssprecher aber ebenso offen wie die Behörde der Bildungssenatorin Sandra Scheeres (ebenfalls SPD).

OffizierInnen referieren über Sicherheitspolitik

Unklar ist auch, welche Tätigkeiten vom Werbeverbot konkret betroffen wären. Neben KarriereberaterInnen schickt die Bundeswehr auf Einladung auch sogenannte JugendoffizierInnen an Schulen, die dort aus ihrer Sicht über Sicherheitspolitik referieren, aber nicht rekrutieren sollen. Aus Sicht des Verteidigungsministeriums ist das keine Werbung. Ob sie im Beschluss der Berliner SPD trotzdem mitgemeint sind, ist nicht klar. Eine Parteisprecherin äußerte sich dazu am Montag auf Nachfrage nicht.

Aus Sicht der Bildungsgewerkschaft GEW, die sich seit Langem gegen Bundeswehrauftritte an Schulen ausspricht, ist die Sache klar: Ihr zufolge machen auch die JugendoffizierInnen Werbung. „Es sind keine reinen Informationsangebote. Die Probleme von Auslandseinsätzen werden dort nicht umfassend dargestellt. Ein Jugend­offizier ist notgedrungen parteiisch, er wird sich nicht vor die Klasse stellen und sagen: Den Mali-Einsatz finde ich nicht so prickelnd“, sagte Vorstandsmitglied Ilka Hoffmann. Ihre Gewerkschaft halte den Berliner Beschluss für richtig.

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