Berliner Innenpolitik: Parteitagsrede schlägt Wellen

Konflikt um rot-rot-grüne Innenpolitik geht weiter: Linke und Grüne weisen die Äußerungen von Regierungschef Michael Müller zurück.

Michael Müller auf dem SPD-Landesparteitag am 30. März 2019 Foto: dpa

Mit seinen Äußerungen auf dem SPD-Parteitag hat sich der Regierende Bürgermeister und SPD-Landeschef Michael Müller bei seinen Koalitionspartnern keine Freunde gemacht. „Müller pokert hoch“, sagte der innenpolitische Sprecher der Grünen, Benedikt Lux, am Montag zur taz. „Wer hoch pokert, sollte ein gutes Blatt haben, schließlich haben Linke und Grüne in der Regierung die Mehrheit.“

Notfalls werde er, wie schon praktiziert, Themen der Linken und Grünen im Senat blockieren, wenn sich bei der inneren Sicherheit nichts bewege, hatte Müller am Samstag auf dem SPD-Parteitag gedroht. Gleichzeitig hatte er Linken und Grünen wegen deren Nein zur Ausweitung der Videoüberwachung einen gesunden Menschenverstand abgesprochen. Dazu Niklas Schrader, innenpolitischer Sprecher der Linken: „Wer den Menschenverstand bemühen muss, hat keine Argumente mehr.“

In kaum einem anderen Ressort blockiert sich die Koalition so wie in der Innenpolitik. Hintergrund ist, dass die SPD-Fraktion das Polizeirecht (Asog) verschärfen will. Wegen andauernder Terrorgefahr müssten die Polizeibefugnisse erweitert werden, so die Begründung. Einen Gesetzentwurf hat die Fraktion bereits vorgelegt. Konkret geht es um die Einführung der elektronischen Fußfessel für Gefährder, den finalen Rettungsschuss für die Polizei, eine Telefonüberwachung zur Gefahrenabwehr etwa mittels des Einsatzes stiller SMS, mit denen Bewegungsprofile erstellt werden können.

Grüne und Linke lehnen diese Grundrechtseingriffe ab. Eine Verschärfung des Asog sei zudem nicht Bestandteil des Koalitionsvertrags, heißt es. Erst mal müsse der Vertrag umgesetzt werden, aber die SPD blockiere die Punkte, die Grünen und Linken wichtig seien. „Mittlerweile sind wir ziemlich ungehalten darüber, dass es immer noch keinen unabhängigen Polizeibeauftragten gibt und kein liberales Versammlungsfreiheitsgesetz“, schimpfte Lux am Montag. „Es sagt schon einiges aus über die SPD, dass die Erpressungsversuche nun offen kommuniziert werden“, kommentierte Schrader Müllers Drohung.

Müllers Äußerung steht Schrader zufolge zudem im Widerspruch zu einem Beschluss, den die SPD-Delegierten am Samstag verabschiedet hatten: Die im Koalitionsvertrag vorgesehenen Maßnahmen seien „unverzüglich und vollständig umzusetzen“, hatte Yannick Haan, SPD-Ortsverband Mitte und Sprecher des SPD Forums Netzpolitik, in dem Antrag Nummer 177/1/2019 gefordert. Von unnötigen Verschärfungen des Asog sei abzusehen, so der Antrag.

Er sei gespannt, wie die SPD-Funktionäre mit diesem Beschluss umgingen, sagte Schrader. „Wenn sie ihn ernst nehmen, können wir unseren Konflikt schnell beilegen.“ Die geplanten Änderungen des Asog seien keine Verschärfung, sondern eine erforderliche Reaktion auf den Anschlag auf dem Breitscheidplatz 2016, erklärte der SPD-Innenpolitiker Sven Kohlmeier gegenüber der taz. Darum stehe das Vorhaben nicht im Widerspruch zu dem Parteitagsbeschluss.

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