Bundeswehrverbot an Berliner Schulen: Die Jugend kann selbst denken

Der Beschluss der Berliner SPD, der Bundeswehr Nachwuchswerbung an Schulen zu verbieten, unterschätzt die SchülerInnen.

Wer suchet, der findet? Foto: dpa

Klar, dass sich alle auf diesen Antrag der Spandauer Genossen stürzen würden: „Es wird militärischen Organisationen untersagt, an Berliner Schulen für den Dienst und die Arbeit im militärischen Bereich zu werben“, hatten die auf dem Landesparteitag der SPD am vergangenen Wochenende gefordert. Der Antrag, das Berliner Schulgesetz um ebendiesen Passus zu ergänzen, ging glatt durch – und ließ prompt die Twitter-Accounts der Republik heißlaufen.

„Hallo geht’s noch“, twitterte es aus Schleswig-Holstein (CDU-Bildungsministerin Karin Prien). Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) persönlich zeigte sich verärgert („Schlag ins Gesicht aller Soldaten und Soldatinnen“), und auch die Bundes-SPD reagierte vergrätzt: Im Bundespräsidium sei man der Meinung, dass die Schulen für die Bundeswehr offen bleiben sollten, ließ Generalsekretär Lars Klingbeil verlauten. Gut fanden den Spandauer Beschluss erwartungsgemäß die Linke und die Gewerkschaften.

Es ist ein ewiges Reizthema: Ist es okay, dass die Bundeswehr an Schulen über ihre Arbeit referiert, manche würden sagen: für ihre Arbeit rekrutiert? Dass sie es darf, ist keine Frage. Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee, ihr Verteidigungsauftrag im Grundgesetz verankert, wie auch die KritikerInnen des Spandauer – pardon – Vorstoßes nicht müde wurden zu betonen. Selbstverständlich, sagte auch Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD), seien deshalb SoldatInnen weiterhin in Berlins Schulen willkommen.

Die Verteidigungsministerin war persönlich verärgert.

Dass die „Einsätze“ der Bundeswehr auf dem Boden des Grundgesetzes stattfinden, ist aber nicht der Punkt: Selbstverständlich ist das so, was denn auch sonst? Und selbstverständlich kann man trotzdem die – jüngst verlängerten – Auslandseinsätze unserer Parlamentsarmee in Mali und Somalia Mist finden.

Die eigentliche Frage, die hier verhandelt wird, ist aber natürlich die der möglicherweise unlauteren Einflussnahme auf Kinder und Jugendliche. Nach dem Beutelsbacher Konsens gilt an Schulen das Neutralitätsgebot: Information ja, Indoktrination nein. Die Berliner SPD hat übrigens inzwischen klargestellt, dass sie mit dem Werbeverbot nur die KarriereberaterInnen der Bundeswehr meint, nicht die sogenannten Jugend­offiziere, die zu Infoveranstaltungen in die Schulen gehen (2017 in Berlin übrigens rund 45-mal, wie eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Franziska Brychcy ergab).

Was für eine Haarspalterei! Und was für ein Misstrauen in die Jugend: Dass die sich ihren eigenen Kopf machen kann, besser als viele Erwachsene, kann man gerade wöchentlich bei den Fridays-for-Future-Protesten bewundern.

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