Kantor-Report über Antisemitismus: Gewalt gegen Juden wächst weltweit

Die Zahl gewalttätiger antisemitischer Übergriffe ist 2018 erneut gestiegen. Um 13 Prozent, wie das Kantor-Zentrum in Tel Aviv jetzt zeigt.

Eine Hand reinigt mit Schwamm eine Schmiererei auf einem Grabstein über einem Davidsterns

Reinigung beschmierter Grabsteine auf einem jüdischen Friedhof in Mecklenburg Foto: dpa

Die Zahl gewaltvoller antisemitischer Übergriffe weltweit steigt. Der am Mittwoch veröffentlichte Bericht des Tel Aviver Kantor-Zentrums hält fest, dass im vergangenen Jahr mit 13 ermordeten Juden im Vergleich zu den Vorjahren ein düsterer Rekord erreicht wurde. Vermehrte antisemitische Übergriffe hätten „unter Juden in einigen Ländern zu dem Gefühl eines Notstands“ geführt. Noch am vergangenen Samstag starb bei dem Anschlag auf eine ­Synagoge in Kalifornien eine Frau.

Laut Bericht des Kantor-Zentrums stieg die Zahl schwerer gewalttätiger Übergriffe um 13 Prozent. In Europa fanden die meisten Gewaltakte in Großbritannien mit 68 Übergriffen, in Frankreich und in Deutschland mit jeweils 35 Übergriffen statt.

Das Kantor-Zentrum veröffentlichte den Jahresbericht anlässlich des Holocaust-Gedenktages, der in Israel am Donnerstag begangen wird. „Antisemitismus ist nicht länger auf das Dreieck ganz links, ganz rechts und radikale Islamisten beschränkt“, heißt es, sondern sei „Mainstream“ und werde oft gesellschaftlich akzeptiert.

„Wenig überraschend“ kommt das Phänomen für Tuvia Friling, Dozent am Ben-Gurion-Forschungsinstitut für Israel und Zionismus in Beerschewa. Die Ergebnisse des Berichts spiegelten „die politische und ideologische Atmosphäre“, die von „Ungewissheit und Orientierungslosigkeit“ beeinflusst sei – Antisemitismus sei ein Ventil dafür.

Forderung nach mehr Engagement

Eine gemeinsame Stellungnahme der 27 in Israel vertretenen EU-Länder hält fest, dass „das Potenzial für das Böse überall präsent ist“. Angesichts des steigenden Antisemitismus, des Hasses und der Intoleranz sei es dringender denn je, „Werte der Demokratie, der Menschenwürde und Grundrechte hochzuhalten“.

Israels Staatspräsident Reuven Rivlin hatte sich schon Anfang der Woche „schockiert und traurig“ über den Anschlag in Kalifornien gezeigt. Er sei „eine weitere schmerzhafte Erinnerung daran, dass Antisemitismus und Judenhass noch immer und überall existieren“. Auch Regierungschef Benjamin Netanjahu zeigte sich entsetzt über die Tat, die „das Herz des jüdischen Volkes“ getroffen habe.

Netanjahu forderte die internationale Gemeinschaft dazu auf, „den Kampf gegen den Antisemitismus zu verstärken“. Laut Bericht des Kantor-Zentrums stehe die „Fortsetzung jüdischen Lebens in Europa infrage“. Zwar verzeichnete die Jewish Agency, die die Immigration von Juden nach Israel finanziert, einen Anstieg von 5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Allerdings kam die größte Gruppe aus Russland und der Ukraine. Die Zahl der Immigranten aus den USA und Frankreich blieb gleich, die der aus Großbritannien und Südafrika kommenden Neueinwanderer ging im letzten Jahr sogar zurück. Eine Verbindung zwischen dem steigenden Antisemitismus und der Entscheidung von Juden, nach Israel zu ziehen, lässt sich an den Zahlen der Jewish Agency nicht festmachen.

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