Wissensportal für LGBTI-Personen: Bundesregierung klärt auf

Die Familienministerin stellt das „Regenbogenportal“ zu geschlechtlicher Vielfalt vor – und überrascht mit einer Reform des Transsexuellengesetzes.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey, SPD, steht vor bunten Bildern bei der Vorstellung des neuen Online-Regenbogenportals.

Giffey verspricht: „Das Portal ist nie so richtig fertig, es wird mehr Material dazukommen.“ Foto: imago images/photothek

BERLIN taz | „Es ist egal, was du bist. Hauptsache ist, es macht dich glücklich!“ Mit diesem Zitat des Sängers Farin Urlaub (Die Ärzte) stellte Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) am Donnerstag in den Räumlichkeiten des Berliner LGBTI-Jugendnetzwerks Lamba ein neues Internetportal zu gleichgeschlechtlichen Lebensweisen und geschlechtlicher Vielfalt vor. Das „Regenbogenportal“ richtet sich zum einen an Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Personen sowie ihre Familien und an Lehrer und Mitarbeiter von Beratungsstellen. Es bietet Text- und Filmmaterial über Lebenssituationen und Diskriminierungserfahrungen von LGBTI-Personen, Unterrichtsmaterial und Infos für Arbeitgeber zum Thema Diversity. Weitere Themengebiete liegen in den Bereichen Gesundheit, Medizin und Recht.

Die Inhalte wurden vom Verein ABqueer erstellt, der im Bereich Bildungsarbeit und Beratung zu den Themenfeldern Geschlecht und Sexualität angesiedelt ist. „Der Bundesadler auf dem Projekt bringt eine Seriosität, die ein Verein vielleicht nicht erreichen kann“, so Giffey, die bei der Veranstaltung Schuhe in Regenbogenfarben trug. „Für uns liegt die Seriosität darin, dass wir Partner haben, die sich täglich mit diesen Themen beschäftigen.“

Auch Sascha Rewald von Lambda betont, wie wichtig es sei, dass das Portal von der Bundesregierung angeboten wird: „Die Beratungsstellen sind vollkommen überlastet. Einige Fragen, die Betroffene und Unterstützer haben, können durch das Portal schon abgedeckt werden.“ Er fordert mehr Kapazitäten für LGBTI-Beratungsstellen.

Bislang sind 90 Texte auf der Homepage verfügbar. Einige Themen sind dabei deutlich unterrepräsentiert. Lässt man sich Informationen und Materialien zum Thema Bisexualität anzeigen, sind die allermeisten angezeigten Texte die, in denen Bisexuelle lediglich zusätzlich zu Schwulen und Lesben genannt werden. Ein einziger Text mit dem Titel „Bisexuelle – nicht homo, nicht hetero, nicht sichtbar?“ behandelt knapp die spezifische Situation von Bisexuellen. Darin wird eine „geringe Präsenz von Bi-Themen in den meisten LSBT-Organisationen“ angeprangert. Ansonsten wird lediglich eine Studie zur Arbeitssituation von bisexuellen Beschäftigten in Deutschland verlinkt.

Die psychologische Begutachtung entfällt

Die „geringe Präsenz von Bi-Themen“ schlägt sich also auch auf dem Regenbogenportal nieder. Über die Themen Lesbisch- und Schwulsein sowie Trans- und Intergeschlechtlichkeit sind deutlich mehr Wissensressourcen abrufbar als über Bi-Themen. Giffey verspricht: „Das Portal ist nie so richtig fertig, es wird mehr Material dazukommen.“ Positiv ist, dass zentrale Inhalte der Seite ebenfalls auf Englisch, Arabisch, Türkisch und Spanisch sowie in Leichter Sprache verfügbar sind und so auch nicht Deutsch sprechende Menschen erreicht werden können. Demnächst sollen auch in deutsche Gebärdensprache übersetzte Informationen zur Verfügung gestellt werden.

Von der taz auf konkrete Gesetzesvorhaben zur Verbesserung der Lebenssituation von LGBTI-Personen angesprochen, überrascht Giffey die Anwesenden mit der Ankündigung, dass es bereits in diesem Monat einen Kabinettsbeschluss zur Reform des Transsexuellengesetzes (TSG) geben soll. „Wir sind ganz schön weit, es sieht sehr sehr gut aus.“ Federführend ist das Justizministerium, auch Seehofers Innenministerium ist an der Neuregelung beteiligt. Details zu den konkreten Inhalten wollte Giffey noch nicht nennen.

Das Onlinemagazin Buzzfeed veröffentlichte am späten Mittwochabend jedoch einen internen Referentenentwurf des Justiz- und des Innenministeriums, der zuvor an mehrere Fachverbände versandt wurde. Für die Änderung des Geschlechtseintrags und des Vornamens ist laut Entwurf weiterhin ein gerichtlich geführtes Verfahren notwendig. Die psychologische Begutachtung entfällt, eine Beratung ist allerdings verpflichtend.

Die Bundesvereinigung Trans* kritisiert den Gesetzentwurf daher gegenüber Buzzfeed scharf: „Mit Selbstbestimmung hat dieses Gesetz gar nichts zu tun. Laut Gesetzesbegründung bleiben die Berater*innen die gleichen wie zuvor – inhaltlich ändert sich kaum etwas.“

Mit Kritik rechnet Giffey auch für das Regenbogenportal – allerdings von anderen Akteuren. „Bestimmt werden manche Gleichstellungsgegner einen Shitstorm lostreten, das ist im Netz hemmungslos und ätzend.“ Ihre Strategie: Aushalten und vorbeiziehen lassen. „Wir wissen, wofür wir stehen und werden uns nicht beirren lassen.“

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