Unruhen in Indonesien: Tote bei Protest gegen Wahlergebnis

In Jakarta kommt es in der Nacht nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses zu den befüchteten Unruhen. Wahlverlierer erkennt Niederlage nicht an.

Polizist im Kampfanzug und Demonstrant mit Megafon

Polizei und islamistische Demonstranten stehen sich auf einer Hauptstraße in Jakarta gegenüber Foto: Reuters

BERLIN taz | In der indonesischen Hauptstadt Jakarta sind bei Protesten gegen das offizielle Ergebnis der Präsidentschaftswahl sechs Menschen getötet worden. Mehrere hundert wurden verletzt, einige Dutzend verhaftet. Wer die Demonstranten erschossen hat, ist jedoch unklar. Um die Verbreitung von Hass und Falschnachrichten zu verhindern, schränkten die Behörden nach Auskunft von Sicherheitsminister Wiranto den Zugang zu einigen Funktionen von sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter und WhatsApp ein.

Anhänger des bei der Wahl unterlegenen Herausforderers Prabowo Subianto machen die Polizei für die tödlichen Schüsse verantwortlich. Sie habe scharf geschossen. Die Polizei dementiert dies jedoch. Laut Sicherheitsminister Wiranto habe es keinen Schießbefehl gegeben.

Die Polizei will nicht ausschließen, dass sich Provokateure unter die Demonstranten im Stadtzentrum gemischt haben. Schon in den letzten Tagen seien bei Anhängern militanter islamistischer Gruppen, die Prabowo unterstützen, Waffen gefunden worden.

Laut Polizei seien die Unruhen auch nicht spontan, sondern bewusst geplant gewesen. Aus Sorge vor Ausschreitungen hatte die Wahlkommission die ursprünglich für diesen Mittwoch geplante Bekanntgabe der Ergebnisse der Präsidentschafts- und Parlamentwahlen vom 17. April überraschend um einen Tag vorgezogen. Zugleich waren in Jakarta mindestens 32.000 Polizisten und Soldaten mobilisiert worden, um befürchtete Unruhen zu unterbinden.

Protest erst friedlich, dann gewaltsam

Nach dem Fastenbrechen am Dienstagabend hatten sich mehrere tausend Demonstranten vor der polizeilich stark gesicherten Zentrale der Wahlkommission versammelt. In der Nacht brach hier Gewalt aus. Demonstranten warfen mit Steinen, Molotowcocktails und setzten Autos in Brand. Die Polizei antwortete mit Wasserwerfern, Tränengas und Gummigeschossen.

Laut Wahlkommission hat Präsident Joko Widodo, genannt Jokowi, die Wahl mit 55,5 Prozent gewonnen. Sein Herausforderer, der Ex-General Prabowo Subianto, kam demnach nur auf 44,5 Prozent. Dieses Ergebnis weicht kaum von den Hochrechnungen ab, die es bereits seit kurz nach der Wahl gab. Schon damals sprach Prabowo von Wahlbetrug und reklamierte den Sieg bei der Wahl für sich, die er mit angeblich 60 Prozent der Stimmen gewonnen habe.

Prabowo hat für den von ihm reklamierten großflächigen Wahlbetrug bisher keine Beweise vorgelegt. Er kündigte, die Wahl vor dem Verfassungsgericht anzufechten. Er war bereits bei der letzten Wahl 2014 unterlegen und hatte das Ergebnis vergeblich angefochten. Beobachter haben nur einzelne Unregelmäßigkeiten feststellen können, die bei einer Wahl dieser Größenordnung kaum überraschen, allerdings die Wahlen insgesamt als frei und fair bezeichnet.

Zwar hatte Prabowo seine Anhänger auch zu Ruhe aufgerufen, doch ebenso erklärt, das Ergebnis „mit allen Mitteln“ anfechten zu wollen. Manche seiner militanten islamistsichen Anhänger könnten darauf spekulieren, dass „Märtyrer“ aus ihren Reihen die Proteste anschwellen lassen und den Betrugsvorwürfen mehr Glaubwürdigkeit verleihen könnten.

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