Alles ist einzigartig

Original Bauhaus in der Berlinischen Galerie: Der Berliner Beitrag zum Bauhaus-Jahr beschäftigt sich vor allem mit dem Spannungsfeld von Original und Reproduktion

Von Uwe Rada

Zu den Bauhaus-Ikonen gehören nicht nur Marcel Breuers Stühle oder Walter Gropius’ Bauhaus-Gebäude in Dessau, sondern auch die schlicht designten Tee-Extrakt-Kännchen von Marianne Brandt. Acht Exemplare davon hat sie als Auszubildende 1924 in der Metallwerkstatt der Bauhaus-Schule entworfen. Sieben davon sind nun in der Ausstellung „Original Bauhaus“ in der Berlinischen Galerie zu sehen, die am Donnerstag öffnet.

Während der Pressebesichtigung erklärt Annemarie Jaeggi, Direktorin des Bauhaus-Archivs, die Besonderheit der Kännchen. „Alle sind Einzelstücke, auch wenn sie aussehen, als ob sie in Serie produziert worden wären.“ Die elektrischen Teekannen, die Peter Behrens 1907 für die AEG entwarf, seien dagegen maschinell hergestellt und erst später so bearbeitet worden, als seien sie Originale.

„Original und Reproduktion“, das ist der Leitfaden der Bauhaus-Ausstellung, die der wichtigste Berliner Beitrag zum Jubiläumsjahr des 1919 gegründeten Bauhauses ist. 1932 war die in Weimar gegründete Bauhaus-Schule von Dessau nach Berlin gezogen, bevor sie 1933 von den Nazis geschlossen wurde. Die Idee aber lebte weiter. Breuers Stahlrohrsessel wurden nach dem Zweiten Weltkrieg in Serie produziert, Gropius als erster Bauhaus-Direktor hatte die Architektur revolutioniert, nur die Teekännchen von Marianne Brandt blieben Unikate.

Dass das Bauhaus bis heute die Fantasie beflügelt, hat auch mit der Selbstvermarktung seiner Direktoren zu tun. In einer der ersten Stationen der Ausstellung sind 1.200 Dias zu sehen, mit denen Gropius nach seiner Emigration in die USA auf Vortragsreise ging, um schließlich die School of Architecture an der Harvard-Universität zu leiten. „Gropius hat ein sehr einseitiges Bild in die Welt getragen“, sagt Jaeggi, eines davon ist die Rezeption des Bauhauses als Architekturschule, auf die Gropius großen Einfluss hatte. „Das Wirken von Hannes Meyer und Mies van der Rohe als den beiden anderen Bauhaus-Direktoren hat er ausgeblendet.“

War die Bauhaus-Ausstellung 1938 am New Yorker MoMA noch ganz in der Tradition von Gropius, widmet sich die von Nina Wiedemeyer kuratierte Jubiläumsausstellung in Berlin den vierzehn Bauhaus-Jahren in vierzehn verschiedenen Kapiteln – und ruft so die ganze Bandbreite des Schaffens ins Gedächtnis.

Dazu gehören auch eher unbekannte Geschichten wie die Verbindung des Bauhauses mit der Dada-Bewegung, sagt Wiedemeyer. 1932 sollte in Dessau die erste Einzelausstellung der Dada-Künstlerin Hanna Höch stattfinden, die die Nazis aber verhinderten. Die Berlinische Galerie stellt nun das Notizbuch von Höch aus und zeigt, wie gut vernetzt die Avantgarde-Künstlerin und die Kunst- und Gewerbeschule Bauhaus waren.

Insgesamt stellt „Original Bauhaus“ über tausend Objekte und die Geschichte hinter ihnen aus. Achtzig Prozent davon stammen aus dem Bauhaus-Archiv. Dessen Renovierung sowie der Neubau sollen allerdings erst 2022 zugänglich sein. Die beiden anderen Bauhaus-Stätten Dessau und Weimar haben ihre neuen Häuser schon im Jubiläumsjahr eröffnet.

www.berlinischegalerie.de

Die Bauhaus-Treppe

Kopie, Fälschung oder Original? 1958 malte Carl Schlemmer, genannt Casca, dieses Bild der Dessauer Bauhaus-Treppe. Es ist identisch mit dem berühmten Bild seines Bruders Oskar. Dessen Bild hängt seit 1942 im Treppenhaus des MoMa in New York. Oskar Schlemmer starb 1943. Als Vorlage für seinen Bruder Casca diente mutmaßlich eine maß­identische Werkzeichnung, die Oskar 1932 anfertigte. Diese Werkzeichnung hängt im Original in der Ausstellung in der Berlinischen Galerie neben dem Bild von Casca Schlemmer. Dort steht am Bildrand auch der Hinweis auf die Kopie. Foto: Markus Hawlik/Bauhaus-Archiv Berlin

Bauhaus-Teekanne

Ikonen des Bauhauses sind nicht nur Marcel Breuers Stahlrohrstühle, sondern auch die Bauhaus-Leuchten von Wilhelm Wagenfeld. Beide wurden in Serie gefertigt, während die acht erhaltenen Teekännchen von Marianne Brandt Unikate blieben. War eine Serienproduktion nicht geplant? Das ist nicht bekannt. Stattdessen ist die vom Bauhäusler Wolfgang Tümpler in Metall entworfene Kaffeedose in Serie gegangen: als Plastikdose von Tchibo. Deren Sammlerwerte liegen bei null. Der der Brandt-Tassen geht ins Unermessliche. Foto: Catrin Schmitt/VG Bild-Kunst Bonn 2019/Bauhaus-Archiv Berlin

Der Baushaus-Stuhl

Ohne Bauhaus würden die Wartezimmer von Arztpraxen heute anders aussehen. Marcel Breuer hat seinen Stahlrohrsessel 1925 im Alter von 23 Jahren entworfen. Seinen Siegeszug trat er als Wassily-Sessel in den Sechzigern an. Aber wer ist die Frau mit der Maske auf dem Sessel im Hintergrund? Die Antwort: Wir wissen es bis heute nicht. Wir wissen nur, dass die Maske von Oskar Schlemmer stammt. Fakt ist aber, dass dieses Bild weitaus berühmter wurde als das, das Breuer selbst in seinem Sessel zeigt. Foto: Catrin Schmitt/Bauhaus-Archiv Berlin