Renzi will Partito Democratico spalten: Divide et impera in Rom

Die gemäßigt linke Partei schaffte es in einem Kraftakt an die Regierung. Ein ehemaliger Premier arbeitet aber an der Schwächung seiner Fraktion.

Ein Mann im dunkelen Anzug läuft auf einem roten Teppichboden. Neben ihm sitzt eine Frau mit lockigen Haaren an einem Schreibtisch.

Er sieht sich gern als charismatischer Leader: Matteo Renzi im Senat Foto: ansa

ROM taz | Paradoxer geht es kaum. Geeint wie nie in den letzten fünf Jahren trug die gemäßigt linke Partito Democratico (PD) die Bildung der neuen Regierungskoalition mit den Fünf Sternen. Doch kaum steht das Kabinett unter Premier Giuseppe Conte, gibt der frühere PD-Vorsitzende und Ex-Ministerpräsident Matteo Renzi am Montag bekannt, er wolle jetzt die PD spalten und eine eigene Bewegung gründen.

In den nächsten Tagen will Renzi zunächst samt seinen Anhängern neue, separate Fraktionen in Abgeordnetenhaus und Senat bilden. Es wird erwartet, dass sich ihm etwa 20 der 111 PD-Abgeordneten und etwa 10 der 51 Senatoren anschließen werden.

Premier Conte hätte so das zweifelhafte Vergnügen, statt über zwei über drei Koalitionspartner zu verfügen. Renzi sicherte dem Ministerpräsidenten in einem Telefonat am Montag jedenfalls zu, seine neue Formation werde die Regierung weiterhin loyal mittragen. Ebendies ist das scheinbar Verrückte an der Parteispaltung. Schließlich war Renzi im August der Hauptprotagonist der Öffnung der PD hin zum Movimento5Stelle (M5S, 5-Sterne-Bewegung) gewesen.

Diese Wende war umso erstaunlicher, als Renzi zuvor PD-Parteichef Nicola Zingaretti immer wieder für den Fall mit Spaltung gedroht hatte, dass Zingaretti auch nur vorsichtigste Dia­logbemühungen gegenüber dem M5S erblicken ließ.

Ebendieser Grundkonflikt schien jetzt überwunden: Bei der Regierungsbildung zogen Renzi und Zingaretti an einem Strang, Renzis Lager erhielt zwei Minister- und zwei Staatssekretärsposten und ist damit auch im Kabinett vertreten.

Renzi hatte in der Partei kräftig polarisiert. So entstanden schon damals zwei Parteien in der Partei, die Renzianer und die Anti-Renzianer

Renzi muss deshalb jetzt ganz grundsätzlich werden, um eine Spaltung zu legitimieren. Die PD, so erklärte der 44-jährige Florentiner Politiker in einem am Dienstag in der Tageszeitung La Repubblica erschienenen Interview, sei in Parteiströmungen gespalten, die jedes Mal auf die „autoreferenzielle Suche nach Einheit“ gehen müssten. Dabei sei es bei der Gründung der PD im Jahr 2007 doch um eine „Partei amerikanischen Stils mit einem charismatischen Leader“ gegangen.

Es ist kein Geheimnis, wen Renzi mit dem charismatischen Leader meint: sich selbst. Er hatte Ende 2013 gegen das alte Parteiestablishment als selbstproklamierter „Verschrotter“ die PD-Führung erobert, er war von Februar 2014 bis Dezember 2016 Ministerpräsident, er hatte die PD zu ihrem Triumph bei den Europawahlen 2014 geführt, als sie 41 Prozent eroberte.

Renzi hatte der PD seinerzeit die Neuausrichtung hin zur politischen Mitte verordnet. Zugleich hatte er in der Partei kräftig polarisiert. So entstanden schon damals zwei Parteien in der Partei, die Renzianer und die Anti-Renzianer.

Die PD ist Renzi zu links

Renzi selbst scheiterte jedoch binnen weniger Jahre. Im Dezember 2016 lehnten die Italiener in einem Referendum mit 60 Prozent die von ihm gewollten Verfassungsänderungen ab. Er trat daraufhin als Ministerpräsident zurück, blieb aber Parteichef. Noch unter seiner Führung erlebte die Partito Democratico dann bei den Parlamentswahlen vom März 2018 mit 18,7 Prozent eine wahre Katastrophe.

Daraufhin optierte die Mehrheit für die Wende zurück, zu einer linkeren Partei. Die aber schmeckt Renzi nicht. Er beschwert sich jetzt über das „Fehlen einer Zukunftsvision“. Die will er mit seinem neuen Verein – als Name wird „Italia del sì“, „Italien des Ja“ gehandelt – schaffen.

Vor allem aber verschafft er sich eine Sperrminorität innerhalb der Regierungskoalition. Zehn Senatoren würden ihm ausreichen, um der Regierung Conte den Stecker zu ziehen, wann immer er will – und um so schon im Vorfeld zum Partner zu werden, an dem keiner vorbeikommt.

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