Unternehmenskultur der Deutschen Welle: Ein Gesprächsangebot

Nach interner Kritik reagiert die Leitung der Deutschen Welle mit einem Brief an die Mitarbeitenden. Sie will mit den Betroffenen sprechen.

Mann mit weißen Haaren und verschränkten Armen

Gibt zu, dass nicht alles super läuft in seinem Sender: Deutsche Welle-Intendant Peter Limbourg Foto: Christoph Hardt/imago-images

BERLIN taz | Im Streit zwischen Leitung und Teilen der Belegschaft beim Auslandssender Deutsche Welle (DW) hat die Geschäftsleitung auf erneute interne Kritik reagiert. „Wenn sich offenbar mehr als 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter veranlasst sehen, sich anonym an den Intendanten zu wenden, scheint tatsächlich einiges nicht zu funktionieren“, schreibt die Leitung der DW in einem Brief an die Mitarbeitenden vom Samstag, den die taz einsehen konnte.

Bei dem Brief, den unter anderem Intendant Peter Limbourg und Verwaltungsdirektorin Barbara Massing zeichnen, handelt es sich um eine Reaktion auf ein Schreiben von offenbar gut 250 Redakteur*innen der DW, das die Leitung am Freitag erreichte (Buzzfeed News berichtete zuerst). Darin wird der Leitung vorgeworfen, die Kritik herunterzuspielen, die Mitarbeiter*innen gegenüber anderen Medien geäußert hatten. Nach taz-Informationen wurde der Brief von der Nachrichtenredaktion Englisch der DW initiiert, aber von Mitarbeitenden verschiedener Redaktionen unterzeichnet.

Seit Längerem schon gibt es interne Kritik an der Führung des Senders. Mitarbeiter*innen einzelner Redaktionen haben gegenüber verschiedenen Medien, so auch der taz, die Unternehmens- und Führungskultur bei der DW kritisiert. Diese befördere Machtmissbrauch in Form von Mobbing oder Belästigung und verhindere einen produktiven Umgang mit Kritik.

Es ging dabei um mehrere interne Konfliktfälle, zum einen die mutmaßliche sexualisierte Gewalt durch einen Moderator (der Fall wurde 2019 publik); außerdem der Fall eines Sportmoderators, der sich wiederholt offen diskriminierend geäußert und Kolleg*innen gemobbt hatte und für den es offenbar lange keine Konsequenzen gegeben hatte (dieser Fall liegt allerdings mehrere Jahre zurück); und schließlich die Beschwerde von Mitarbeitenden der Sprachredaktion Arabisch über ihre Führung, welche offenbar für allem zu Benachteiligung der Beschwerdeführenden geführt hat und der Initiator der Beschwerde sogar entlassen wurde.

Das Muster „Machtmissbrauch“

Während diese Fälle nur bedingt miteinander zu tun haben, sehen diejenigen bei der DW, die sich kritisch äußern, darin ein Muster. Autoritäre Strukturen, ein Hang zur Herabwürdigung von Mitarbeitenden, fehlende Unterstützung bei Kritik an Vorgesetzten. Und das, obwohl die Leitung des Senders bereits seit Anfang 2018 wiederholt die Mitarbeitenden aufgerufen hat, sich zu äußern, wenn sie Machtmissbrauch innerhalb des Sender begegnen, und bekräftigt hat, dass die Leitung hier „null Toleranz“ habe.

Mitarbeitende der DW, darunter ein Personalrat, haben zuletzt der taz gegenüber dargelegt, dass die Leitung aus ihrer Sicht jedoch nicht genug tue, um eine Atmosphäre aufzubauen, in der Kolleg*innen sich wirklich sicher fühlen, sich kritisch über Vorsetzte zu äußern. Aus Sicht einer Vertreterin der Gewerkschaft Verdi, die den Konflikt begleitet, kann nur eine Untersuchung durch eine unabhängige, externe Person den Konflikt aufarbeiten.

Die Verfasser*innen des Beschwerdebriefs vom Freitag schreiben: „Fälle von übergriffigem Verhalten sind weit verbreitet und betreffen diverse Abteilungen und Standorte von Berlin über Bonn bis in die Außenstudios der DW.“ Die meisten dieser Fälle würden nicht zufriedenstellend aufgearbeitet.

Die Leitung bekräftigt in ihrer Reaktion erneut, dass es „null Toleranz“ für Machtmissbrauch bei der DW gebe und dass bereits Wege existieren, interne Kritik zu äußern. „Die Geschäftsleitung hat ein hohes Interesse, über Missstände in der DW informiert zu werden.“ Jeder und jedem stünden hierfür „zahlreiche Wege offen“. Man habe auch am 22. Januar bereits Gespräche mit den Personal- und Freienvertretungen angeboten.

Auf die Forderung einer unabhängigen, externen Untersuchung aller Vorfälle geht die Leitung jedoch nicht ein, sondern appelliert an die 250 Verfasser*innen der Beschwerde, aus der Anonymität zu treten und auf die Leitung zuzukommen.

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