„Ich bitte die Leser dieses Textes, auf die Straße zu gehen“

Fatima Haj Mousa (26), Journalistin aus Dschabal al-Sawija, musste mehrfach flüchten um zu überleben

Ein wiederkehrendes Bild: Eine Familie flieht Mitte Februar aus Idlib Foto: ap

„Zurzeit habe ich keinen festen Wohnsitz. Ich habe in Atarib im westlichen Umland von Aleppo gelebt, aber als das Gebiet bombardiert wurde, verließen wir es. Seither ziehen wir von einem Ort zum anderen. Jetzt versuche ich gemeinsam mit vielen jungen Leuten, die für humanitäre Organisationen arbeiten, Menschen aus den bombardierten Gebieten herauszuholen. Aber es sind viele, und es gibt nicht genug Zelte oder Häuser. Die meisten Menschen leben im Freien.

Ich selbst lebe in einem ständigen Zustand der Verwirrung, weil ich nicht weiß, was als Nächstes passieren wird. Dem Schicksal ausgeliefert zu sein ist beängstigend. Wir besitzen nichts, wir haben unser Zuhause, unsere Erinnerungen und viele unserer Liebsten verloren. Was wir am meisten fürchten, sind die internationalen Abkommen, die uns aus unseren Häusern und aus unserer Heimatregion vertreiben könnten. Es sind Vereinbarungen, die auf unseren Körpern durchgesetzt werden. Wir sind hier in Idlib. Menschen sterben durch Kälte oder Bombardement, und die Welt rührt keinen Finger. In den Lagern sterben täglich Kinder vor Kälte. Dabei sind die kalten Lager noch ein Traum für Familien, die unter noch extremeren Bedingungen leben.

Ich bitte die Leser dieses Textes, auf die Straße zu gehen, etwas Stärke zu beweisen und den Rest dessen zu retten, was von uns übrig ist. Bitte stoppen Sie diese humanitäre Katastrophe, stoppen Sie das Blutvergießen! Wir wollen bloß in Sicherheit in unserem Land Syrien leben. Wir wollen, dass unsere Kinder lernen, spielen, die Bedeutung des Lebens kennenlernen. Bitte übermitteln Sie unsere Botschaft an all diejenigen, die die Entscheidungen treffen. Die Lösung in Syrien kommt nicht von innen heraus, sondern bedarf einer internationalen Einigung.“

Protokoll: Hiba Obaid; Übersetzung: Jannis Hagmann