Meşale Tolu über ihren Prozess: „Ich will, dass das alles endet“

In Istanbul geht der Prozess gegen die Journalistin Meşale Tolu nach fast drei Jahren zu Ende. Gerechtigkeit wird ihr nicht widerfahren, sagt sie.

Meşale Tolu im September 2018 in Düsseldorf Foto: dpa

taz: Frau Tolu, am heutigen Dienstag geht Ihr Prozess in Istanbul weiter, in dem Sie wegen Mitgliedschaft in einer Terrororganisation und Terrorpropaganda angeklagt sind. Wie beurteilen Sie diesen Prozess heute?

Meşale Tolu: In der ganzen Zeit wurde kein einziger Beweis für die Vorwürfe gegen mich vorgelegt. Die anonymen Zeugen, die zu meiner Verhaftung geführt haben, wurden nicht in den Zeugenstand gerufen und angehört. Wir gehen ohnehin nicht davon aus, dass es so einen Zeugen gibt. Die Telefondaten wurden nicht ausgewertet. Es ist ein erfundener Prozess.

Haben die Verhandlungstage noch eine Bedeutung für Sie?

Jeder Verhandlungstag reißt mich aus meiner Routine. Selbst wenn es mich nicht kümmert, spreche ich mit der Presse und meiner Anwältin. Der heutige Verhandlungstag hat insofern Bedeutung, als dass die Staatsanwaltschaft ihr Plädoyer halten wird. Bei den Prozessen gegen ­Deniz Yücel und Peter Steudtner war es genauso – an jeder Verhandlung nehmen Abgeordnete aus Deutschland teil, der Konsul kommt. Deshalb wollen sie den Prozess jetzt zu einem Ende bringen.

Meşale Tolu wurde 1984 in Ulm geboren. Sie ist Journalistin. 2014 zog sie nach Istanbul und arbeitete für die Nachrichtenagentur Etha und den Radiosender Özgür. Im April 2017 wurde Tolu festgenommen und erst acht Monate später aus der Haft entlassen.

Was für eine Strafforderung erwarten Sie?

Die Staatsanwaltschaft hat bis zu 25 Jahre Haft gefordert. Gleichgültig, wie hoch die Strafe sein wird, wir wissen, dass das ein politisches Urteil sein wird und dass das Urteil später geändert werden könnte. Das haben wir bei Osman Kavala und bei Selahattin Demirtaş gesehen. Weil ich nicht an ein gerechtes Urteil glaube, wird es sich nicht besonders auf mich auswirken, wie es ausfällt. Selbst wenn ich freigesprochen werde, wird mir keine Gerechtigkeit widerfahren sein. Ich will nur, dass das alles endet.

Im Oktober 2018 sind Sie zu Ihrer Verhandlung in die Türkei gereist. Für morgen haben Sie das nicht geplant, nehme ich an?

Nein. Ich arbeite in Deutschland. Ich möchte nichts riskieren und ich möchte nicht wieder so eine aufwühlende Zeit durchmachen. Eigentlich hätte ich dort gern gelebt und gearbeitet, aber das ist im Moment nicht möglich.

Wie ist Ihr Leben zurück in Deutschland?

Im Moment mache ich ein Volontariat bei Schwäbisch Media. Seit Juni werde ich zur Redakteurin ausgebildet. Gerade bin ich beim Radio, bald wechsle ich zum Fernsehen.

Berichten Sie dort auch über die Türkei?

Nein, in meinem Redaktionsalltag geht es nicht um die Türkei. Das ist ein Verlag, der regionale Nachrichten über aktuelle Themen bringt.

Übersetzung: Elisabeth Kimmerle

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.