Neues Album des HipHop-Duos Run the Jewels: Eine Erinnerung an die Ignoranz

Auch Eric Garner wurde Opfer von Polizeigewalt und sagte „I can’t breathe“. Aktueller könnte die Zeile auf dem Album „RTJ 4“ vom Duo Run the Jewels nicht sein.

Killer Mike und El-P hier nebeneinander. Die beiden heißen als Duo Run The Jewels

Sind in ihrer Musik politisch: das HipHop-Duo Run The Jewels Killer Mike und El-P Foto: Tim Saccenti

Killer Mike und EL-P sind keine Hellseher, und das macht die Probleme, die sie ansprechen, nur noch größer. Gerade hat das Duo aus Atlanta als Run the Jewels sein viertes gemeinsames Album, „RTJ 4“. veröffentlicht.

Zwei Tage vor dem angedachten Releasedate haben sie es ins Netz gestellt: „Fuck it, why wait“, wie sie auf Instagram begründen. Die beiden sind Garanten für radikalen, communitybasierten Polit-Rap. Sie sprechen sich gegen Rassismus und Polizeigewalt aus, bohren in den schwärenden Wunden der US-Gesellschaft, bleiben dabei maximal transparent und verlässlich. Killer Mike spricht regelmäßig als Bürgerrechtsaktivist, bisher unterstützte er den linken Präsidentschaftsbewerber Bernie Sanders.

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In ihrer Musik behalten beide trotzdem Humor. Etwas anderes bleibt Run the Jewels auch nicht übrig. Auch vor dem gewaltsamen Tod von George Floyd gab es Polizeieinsätze, die eskaliert sind. Killer Mike rappt darüber in dem Song „The Art of Walking in the Snow“: „And you so numb you watch the cops choke out a man like me / Until my voice goes from a shriek to whisper ‚I can’t breathe‘ “.

Say their names

Mikes Text bezieht sich nicht auf die Ermordung von George Floyd, der immer wieder „I can’t breathe“ rief, während ein Polizist mehr als acht Minuten auf seinem Hals kniete. Damit ist Eric Garner gemeint, der 2014 in New York ebenfalls durch Polizeigewalt ums Leben kam und dieselben Worte sagte.

Run The Jewels: „RTJ 4“ (BMG)

wird als physischer Tonträger im September veröffentlicht. Bereits jetzt im Netz

„RTJ 4“ kann man als zeitgemäßes Protestalbum lesen, das im rechten Moment kommt und die Proteste gegen strukturellen Rassismus in den USA begleitet, aber das würde weder der Musik noch dem Schaffen von Run the Jewels gerecht. Denn „RTJ 4“ ist schon vor den Unruhen entstanden.

Es ist also auch Erinnerung an die Ignoranz all jener, die weder Rassismus noch Polizeigewalt sehen wollen, bevor beides medial thematisiert wurde. Es ist ein Statement gegen das kollektive Vergessen all jener, die nicht betroffen sind. Und natürlich ist es auch ein Album, das Menschen, die seit Jahren aktiv gegen Rassismus kämpfen, die Atemlosigkeit nach dem erneuten Schock nehmen kann.

Sprintende Beats

Es besticht sowohl durch präzisen Beobachtungen von Killer Mike als auch durch den durchweg hektischen Sound, den EL-P produziert. Die Beats scheinen die meiste Zeit über zu sprinten, immer weiter und lauter und dröhnender, damit auch alle mitbekommen, dass hier gerade etwas Grundlegendes verkündet wird.

Durch diese Basis hat der Sound mehr Wucht und Killer Mike rappt auf „Walking in the Snow“ Zeilen wie: „Funny fact about a cage, they’re never built for just one group / So when that cage is done with them and you’re still poor, it come for you.“ Er vereint in einem Satz klassenpolitische Fragen mit Diskriminierung sowie Kritik am privatisierten Gefängnissektor. So ist es überall auf dem Album. Die Reime sind super verdichtet.

Run the Jewels rappen keine billigen Slogans, sie erkennen mehr als andere und stemmen auch die Analyse. „RTJ 4“ ist ein relevantes Rap-Album, das nicht aktueller sein könnte.

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