Welterschöpfung in Coronazeiten: „Keine Trendwende“

Der Earth Overshoot Day ist dieses Jahr etwa drei Wochen später als gedacht – Grund zur Freude gibt es aber trotzdem kaum.

Die nahezu leere autobahn A9 an der Ab- und Auffahrt Dessau-Ost

Im April 2020 hatte fast niemand Lust auf Autofahrten. Wohin auch? Foto: Peter Endig/dpa

BERLIN taz | Zynisch gesagt: „Corona sei Dank“. Drei Wochen später als gedacht ist dieses Jahr der Earth Overshoot Day (Welterschöpfungstag). Statt wie prognostiziert bereits Ende Juli, sind erst am 22. August alle natürlichen Ressourcen dieser Welt aufgebraucht, die die Erde innerhalb eines Jahres wieder herstellen kann. Ab Samstag lebt die Menschheit also auf Pump.

Die beiden Hauptgründe für den kleineren ökologischen Fußabdruck: weniger Holzverbrauch und CO2-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe, so das Global Footprint Network. Durch den coronabedingten Lockdown stand die Industrie weltweit wochenlang still.

„Für die Umwelt und das Klima ist dies nur kurzfristig einmal ein Signal der Entspannung“, schreibt Manfred Fischedick, wissenschaftlicher Geschäftsführer des Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie der taz. Anders als erwartet sei „die Wahrscheinlichkeit groß, dass das Klimaschutzziel der Bundesregierung für 2020 erreicht werden kann“ – 40 Prozent weniger Emissionen als 1990.

Zu bedenken gibt er, „dass sich der Klimawandel an der Konzentration der Treibhausgasemissionen in der Atmosphäre ausrichtet und nicht am jährlichen Ausstoß.“ Da die Emissionen nicht null sind, steige die Konzentration weiter und heize den Klimawandel an.

Fläche von 1,75 Erden

Die Menschheit braucht heute etwa die Fläche von 1,75 Erden, um ihren Konsum zu decken. Übertrüge man den deutschen Ressourcenverbrauch auf die Welt, brauchte es sogar 3 Erden; würden alle leben wie US-Bürger*innen, wären es 5. Die beiden vergangenen Jahre war der Welterschöpfungstag jeweils bereits am 29. Juli.

Damit Nachhol- und Rückkopplungseffekte nicht die Emissionen wieder in die Höhe treiben, fordert Fischedick grüne Konjunkturprogramme in der Coronakrise und „ein Umsteuern in allen Bereichen“: Energieversorgung, Verkehr, Land- und Forstwirtschaft, Ernährung.

Eberhard Brandes, geschäftsführender Vorstand des WWF Deutschland schreibt:Der nur in diesem Jahr verzögerte Welterschöpfungstag sei „keine Trendwende, sondern eine Warnung. Wir müssen aufhören, die Natur für unseren verschwenderischen Lebensstil zu zerstören“. Er fordert: „Um unsere Lebensgrundlagen besser zu schützen, brauchen wir zügig Gesetze, die Sorgfaltspflichten für Menschenrechte und Umweltschutz auch entlang von Lieferketten verbindlich regeln“.

Auf der Internetseite zum Earth Overshoot Day heißt es mit Blick auf die Coronakrise: „Nur durch Gestaltung, nicht durch Katastrophen“, könne echte Nachhaltigkeit erreicht werden. Dann brauchte es auch keinen Zynismus.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Die Coronapandemie geht um die Welt. Welche Regionen sind besonders betroffen? Wie ist die Lage in den Kliniken? Den Überblick mit Zahlen und Grafiken finden Sie hier.

▶ Alle Grafiken

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.