Wolfgang Niedecken wird 70: Pop auf Kölsch

Wolfgang Niedecken ist Musiker, bekennt sich aber auch häufig politisch: als Mensch, wie er sagt. Damit hat er schon einiges erreicht.

Ein älterer Mann blickt in die Kamera

Er macht weiter im Unruhestand: BAP-Sänger Wolfgang Niedecken feiert am Dienstag seinen 70 Foto: Wolfgang Borrs

Wer in seiner Stadt Streit sucht, Hader mit anderen sucht oder Zank, kann gleich nach Düsseldorf gehen – in Köln versteht man sich, Karneval, Klerus und ein besonders eindringlicher Dialekt machen das möglich. Man versteht sich und lebt wie Nachbarn: Die Stadt ist letztlich so klein, dass man sich besser mit niemandem überwirft: „Et hätt noch immer jot jejange.“

Wolfgang Niedecken, nicht nur am Rhein weltberühmt, war nie, so wird überliefert, mit jemandem auf ewig zerzankt. Er ist eine der ­Kulturikonen Kölns, ein Freund Alice Schwarzers und Tommy Engels („Bläck Fööss“) wie auch einst Trude Herrs und Dirk Bachs. Am Dienstag nun wird Wolfgang Niedecken 70 Jahre alt.

Alle mögen ihn, den Musiker und Maler, der mit seiner Band BAP das kölsche Idiom zur Popmusiktauglichkeit brachte, chartfähig etwa auch mit dem Lied „Arsch huh, Zäng ussenander“, eine Anti-Rassismus-Hymne, die die Idee des Leben-und-leben-Lassen in den partyfähigen Mainstream einsickern ließ. Nie­decken, der auf die Traditionen Bob Dylans hält, hat wie der amerikanische Poet das Talent, Gefühle der Nähe und des Mitreißens in einem zu vertonen, sie zu Musik zu machen, ohne dass es wie eine um Wichtigkeit ringende klingt.

Keiner, der nicht davon erzählt, wie freundlich und umgänglich der Wolfgang ist, das Multitalent, der Barde, der in den achtziger Jahren auch deshalb groß rauskam, weil er für das Projekt des globalen Live-Aid-Konzerts („We Are the World“) eine deutsche Hymne beisteuerte, „Nackt im Wind“: Wer damals in der Promiband (mit Herbert Grönemeyer, Nena, Gitte Hæenning, Udo Lindenberg) von diesem Kölner nicht mitmachte, hatte in der deutschen Popszene auch nicht viel zu melden.

Er engagiert sich überall

Er hat vor einigen Jahren einen Schlaganfall überlebt, die Folgen aber passabel verdaut. Er lebt und arbeitet, weil er offenbar so etwas wie Ruhestand in seinem Beruf für unnötig hält; was soll er auch sonst tun. Das, wovon er träumte und womit er Geld zu verdienen suchte, hat er ja immer gemacht.

Inzwischen wird er, zumal rund um Köln, mit allem geehrt, was an Honorigem zu haben ist. Dass politisches Engagement nötig ist, „als Mensch“, wie er sagt, nicht nur als Künstler, versteht er praktisch: Es gibt fast kein politisches Feld, für das er nicht schon öffentliches Engagement zeigte, vor allem gegen Rassismus, gegen Nazis, seit ­einigen Jahren unterstützt er das SchokoFair-Projekt der Montessori-Hauptschule Düsseldorf.

Seinen Unruhestand wird er weiterbetreiben, weshalb sollte er sich zurückziehen, da das Leben auch jenseits des Teenageralters noch Spaß machen kann. Beim WDR hat er eine Sendung regelmäßig, „Songpoeten“, die der Kultur gewidmet ist, für die Namen wie Leonard Cohen, Bruce Springsteen und der schon genannte Bob Dylan stehen: musikalische Ästhetik, die für Aufbruch stehen, wie in den sechziger Jahren, als der Rock noch glaubte, Berge versetzen zu können, gesellschaftlich. Ihm zugesprochen in den eigenen Worten: „Maat et joot!“

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