Streit um die Klimakosten: Merkel will nicht mehr zahlen

Auch wenn die ärmeren Länder mehr fordern: Deutschland sträubt sich, den globalen Süden im Kampf gegen die Klimakrise stärker zu unterstützen.

Kanzlerin sitzt neben Deutschland- und Europafahne

Dieses Gesicht sagt Nein: Merkel beim Klimadialog Foto: Filip Singer/dpa

BERLIN taz | Andrea Meza hielt sich sehr wohl ans Protokoll. Die costa-ricanische Umweltministerin gratulierte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). „Der Petersberger Klimadialog war ein entscheidender Eckpfeiler bei der Vertrauensbildung der Klimaverhandlungen“, sagte sie am Donnerstag auf besagtem – von Merkel begründeten – Petersberger Klimadialog. Entwicklungs- und Schwellenländer brauchten jedoch mehr Geld aus dem globalen Norden für Klimaschutz und -anpassung, betonte Meza. An die Kanzlerin gerichtet fragte sie: „Haben Sie eine Idee, wie das geschehen kann?“

Eine gut gesetzte Spitze gegen die Gastgeberin. Merkel hatte einige Minuten zuvor in ihrer Rede deutlich gemacht, dass es aus Deutschland über das bisher Versprochene hinaus kein Geld geben wird. Vier Milliarden Euro sollen von 2020 bis 2025 jährlich aus der deutschen Staatskasse fließen. „Ich glaube, das ist ein fairer Beitrag für Deutschland“, so die Kanzlerin. Die Bundesrepublik habe ihr Versprechen sogar schon leicht übertroffen. Zusammen mit privaten Investments und Krediten seien 2019 etwa 7,6 Milliarden Euro geflossen, das vergangene Jahr habe sich in einer ähnlichen Größenordnung bewegt. Und überhaupt habe die Corona-Pandemie auch bei den Ländern des Nordens Löcher ins Budget gerissen.

Mehrere deutsche Umweltorganisationen hatten die Verdopplung der öffentlichen Zahlungen gefordert. Dass es irgendeine Ankündigung geben würde, galt eigentlich fast als sicher – schon allein, weil es Merkels letzter Petersberger Klimadialog ist. Hätte zum Ausklang ihrer Klimapolitik nicht ein finanzieller Paukenschlag gepasst?

Im europäischen Vergleich ist Deutschland in absoluten Zahlen allerdings schon die größte Geldgeberin. Setzt man die Summen ins Verhältnis zum Bruttonationaleinkommen, rutscht die Bundesrepublik etwas nach hinten. Für das Jahr 2018 hatten Hilfswerke das in einer Studie durchgerechnet und platzierten Deutschland auf Platz 3 hinter Schweden und Norwegen.

Privatwirtschaft nicht einbezogen

Einbezogen haben sie dabei aber nur die öffentlichen Gelder. Was Deutschland aus der Privatwirtschaft an Geld mobilisiert, wollen die Hilfswerke nicht als Beitrag zur Klimafinanzierung verstanden wissen – unter anderem, weil dabei die finanziell oft weniger lohnenswerte Klimaanpassung gegenüber der Senkung des CO2-Ausstoßes vernachlässigt wird. Laut Pariser Weltklimaabkommen ist aber beides gleich wichtig.

Insgesamt haben die Industrieländer bislang den armen Staaten jährliche 100 Milliarden US-Dollar für die Zeit von 2020 bis 2025 versprochen, um ihrer historischen Verantwortung für die Klimakrise gerecht zu werden. Daten der Industrieländer-Organisation OECD, die die Klimafinanzierung dokumentiert, liegen für das vergangene Jahr noch nicht vor. Der britische Premierminister Boris Johnson mahnte in seiner Rede vom Donnerstag aber an, dass diese Summe noch nicht zustande gekommen sei.

Auch Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) findet, dass jetzt erst mal andere Länder dran sind. „Deutschland hat gezeigt, was man da alles tun kann, jetzt müssen auch andere folgen“, sagte sie zum Abschluss des Gipfels am Freitag.

Diese Ansicht brachte ihr eine subtile Rüge von Alok Sharma ein, dem Präsidenten der nächsten Weltklimakonferenz in Glasgow. „Ich glaube, ich habe klar und deutlich gesagt, dass alle Geberländer Zugeständnisse machen müssen“, sagte er. Und hofft nun auf neue Zusagen auf dem G7-Gipfel im Juni. „Die Geberländer müssen darüber nachdenken, was es bedeutet, wenn man in den Schuhen der Entwicklungsländer steckt, die an der Front der Klimawandelfolgen stehen.“

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