Neues Regierungsbündnis in Frankfurt am Main: Grüne schicken CDU in die Opposition

Am Freitag haben Frankfurts Grüne eine Koalition mit SPD, FDP und Volt beschlossen. Die langjährige Partnerschaft mit den Schwarzen ist passé.

Der Frankfurter Römer mit erleuchteten Fenstern am Abend

Festbeleuchtung im Frankfurter Römer. Doch die Grünen haben der CDU dort das Licht ausgeknipst Foto: dpa

FRANKFURT/MAIN taz | Ein Mitte-Links Bündnis soll künftig die größte hessische Stadt regieren. Die Grünen, seit der Kommunalwahl vom 14. März stärkste Partei im Frankfurter Römer, machten auf ihrer Kreismitgliederversammlung am frühen Samstagmorgen den Weg frei für Koalitionsverhandlungen mit SPD, FDP und der neuen paneuropäischen Partei Volt. Die Mehrheit für den neuen Kurs fiel mit 242 von 300 Stimmen, bei 39 Gegenstimmen, überraschend klar aus.

Immerhin schicken die Grünen damit ihren langjährigen Koalitionspartner CDU in die Opposition; deren vier hauptamtliche DezernentInnen müssen jetzt mit ihrer Abwahl rechnen. Als „gefährlich“ kritisierte denn auch die CDU die Entscheidung des bisherigen Partners.

In der neuen Konstellation sei eine entschiedene Klimapolitik „nicht nur aufschreibbar, sondern umsetzbar“, warb Vorstandssprecher Bastian Bergerhoff. Die Verkehrswende werde eingeleitet, mit mehr Radwegen und autoarmen Zonen. Bauträger würden künftig zu einem höheren Anteil an geförderten Wohnungen verpflichtet, die Nutzung von Dächern mit Solaranlagen werde zur Regel; die Planung des heftig umstrittenen Wohnungsbauprojekts Günthersberghöfe werde korrigiert, die Bebauung auf die bereits versiegelten Flächen begrenzt – „ein Riesenerfolg“ sagte Sprecherkollegin Baumann. Nur in dieser Konstellation sei der grüne Aufbruch möglich, sagte Dezernent Stefan Majer, der ebenfalls der achtköpfigen Sondierungsgruppe angehörte.

Vor allem die Beteiligung der FDP an der neuen Stadtregierung blieb bei der Online-Versammlung hoch umstritten. Die Liberalen hätten ihren Wahlkampf vor allem gegen die Grünen geführt; „Wir vertrauen der FDP, dass sie sich verbiegt bis zum geht-nicht-mehr“, sagte die grüne Stadtverordnete Julia Eberz. In der Verkehrs- und Wohnungspolitik habe die FDP zuletzt völlig andere Akzente als die Grünen gesetzt, argumentierten KritikerInnen und erinnerten an eine von der FDP initiierte Demonstration gegen die Umwandlung von Autofahrspuren in Radwege.

Diese Meinungsverschiedenheiten seien überwindbar, versicherte Unterhändlerin Baumann: „Die gehen viel, viel mit!“. Ein gutes Drittel der Grünen-Mitglieder warb dagegen dafür, statt mit der FDP mit den Linken über eine Koalition zu verhandeln, konnte sich aber bei der Schlussabstimmung nicht durchsetzen.

Grünes Lob für Volt

Das Koalitionsangebot an die neue, paneuropäische Partei Volt, die auf Anhieb vier Sitze im Stadtparlament erobern konnte, fiel dagegen überraschend freundlich aus. Sie habe bei Volt junge engagierte Leute erlebt, „total klug und schlau“, sie seien mit ihren Ideen eine Bereicherung für die Stadtpolitik, lobte Baumann die Konkurrenzpartei, die jetzt zum Partner werden soll.

Schon in vier Wochen wollen die Grünen über einen bis dahin ausgehandelten Koalitionsvertrag abstimmen. Kommt es dann tatsächlich zum geplanten Mitte-Links-Bündnis, endet im Frankfurter Römer ein Jahrzehnt enger schwarz-grüner Zusammenarbeit.

Nach mehr als 25 Jahren in Regierungsverantwortung muss sich die CDU im Stadtparlament als Oppositionspartei neu einrichten. Und auch der direkt gewählte Oberbürgermeister Peter Feldmann, SPD, wird eine neue Rolle finden müssen. Er hatte das bislang regierende Bündnis aus CDU, Grünen und SPD mit Alleingängen und zuletzt mit seiner Hinhaltetaktik in der AWO-Affäre belastet. Anders als in der Vergangenheit, sei der OB künftig „nicht mehr Teil der Koalition“, werde deshalb auch die Koalitionsrunden nicht mehr leiten, versicherte die Sondierungsgruppe.

An dem für viele überraschenden Kurswechsel beteiligt waren auch mehrere Landtagsabgeordnete, die in Wiesbaden als Juniorpartner mit der CDU regieren. Mit Omid Nouripur warb ein prominenter Bundespolitiker für das neue Bündnis, ohne CDU. Die Botschaft aus Frankfurt lautet: Wenn es die Konstellation hergibt, können sich Grüne auch von langjährigen oder geplanten Partnern lösen. Nach der SPD darf das jetzt auch die CDU zur Kenntnis nehmen.

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