Besuch von Steinmeier in Polen: Beziehung am toten Punkt

Der Bundespräsident wollte in Warschau retten, was noch zu retten war. Doch für das wichtigste deutsch-polnische Streitthema hat er keine Lösung.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und der polnische Präsident Andrzej Duda vor deutscher und polnischer Flagge

Um die deutsch-polnischen Beziehungen steht es schlecht, da hilft ein Vier-Augen-Gespräch nur wenig Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Die Aufbruchstimmung vor 30 Jahren war groß: Deutsche und Polen wollten gemeinsam die Zukunft gestalten. Im Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit listeten beide Seiten am 17. Juni 1991 penibel auf, was ihnen wichtig war und angepackt werden sollte. 1990 war bereits die Oder-Neiße-Grenze zwischen Polen und dem nun wiedervereinigten Deutschland mit einem Vertrag gesichert worden. Das hatte vielen Polen die große Angst vor einem möglichen „Vierten Reich“ genommen.

Auch wenn es in den folgenden drei Jahrzehnten immer mal wieder kriselte in den deutsch-polnischen Beziehungen, war es doch fast immer möglich, die auftauchenden Probleme im Geiste des Nachbarschaftsvertrags zu lösen. Davon kann heute keine Rede mehr sein. „Freundschaftliche Zusammenarbeit“ gibt es heute eigentlich nur noch in den Wirtschaftsbeziehungen und zwischen den beiden Zivilgesellschaften.

Politisch jedoch sind die deutsch-polnischen Beziehungen an einem toten Punkt angekommen. Das liegt vor allem an den Nationalpopulisten von der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), die seit 2015, als sie zum ersten Mal die Wahlen gewannen, die polnische Demokratie demontieren. Von Polens Rechtsstaat ist inzwischen kaum noch etwas übrig. Und so wie die PiS bewusst Streit unter den Polinnen und Polen sät, tut sie dies auch unter den internationalen Partnern.

Die deutsch-amerikanischen Beziehungen, die die PiS zu schwächen suchte, um daraus Nutzen für Polen zu ziehen, erholen sich seit der Wahl Joe Bidens langsam wieder. Biden verhängte keine neuen Sanktionen gegen die Gaspipeline Nord Stream 2. Diese hatte die PiS gefordert, um das polnisch-amerikanische Flüssiggasgeschäft zu forcieren, das ab Ende 2022 den mitteleuropäischen Gasmarkt aufmischen soll.

Nur Kriegsopferdenkmal im Gepäck

Die US-Regierung hat erkannt, dass es Polen war, das die von Deutschland und der EU eingeforderte Gas-Solidarität mit der Ukraine als Erstes aufgekündigt hatte. Während die EU weiterhin russisches Gas über die ukrainische Überlandpipeline beziehen will, hat Polen den Vertrag mit der Ukraine bereits für 2023 gekündigt und will so Millionen Euro an Durchleitungsgebühren sparen.

Steinmeier wollte bei seiner Visite in Polen zum Jahrestag des Nachbarschaftsvertrags retten, was noch zu retten war. Doch statt eine Lösung im wichtigsten aktuellen deutsch-polnischen Streit anzubieten, versicherte er der PiS, dass demnächst eine ihrer Forderungen an die Deutschen erfüllt würde: In Berlin soll ein Kriegsopferdenkmal für die Polinnen und Polen entstehen, die im deutsch besetzten Polen 1939 bis 1945 ums Leben kamen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.