Illegale Spenden bei der AfD: Frauke Petrys Abrechnung

Die Ex-AfD-Chefin schreibt ein Buch über ihre politische Vergangenheit – und erhebt schwere Vorwürfe gegen den heutigen Vorsitzenden Jörg Meuthen.

Die AfD-Bundesvorsitzenden Frauke Petry &d Jörg Meuthen begrüßen sich mit einer Umarmung und Kuss

Frauke Petry mit Kollege Meuthen im Jahr 2016 Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

BERLIN taz | Ein paar Jahre lang war Frauke Petry eine einflussreiche und gefürchtete Frau. Als AfD-Chefin sammelte die Chemikerin aus Sachsen, die die Partei 2013 mitgegründet hatte, Gleichgesinnte um sich und trieb die Union vor sich her. Dann stellte die AfD sie 2017 kalt, Petry trat aus und verbrachte vier Jahre lang als fraktionslose Abgeordnete im Bundestag, bei deren Reden manchmal ihr einziger Verbündeter, manchmal auch gar keiner klatschte. Der Versuch, eine neue Partei auf die Beine zu stellen, scheiterte. Nach der Bundestagswahl im September wird es mit Petrys politischer Karriere wohl vorbei sein.

Am Freitag Mittag aber setzt sich Frauke Petry noch einmal in Szene. Blaues Kleid, pinkfarbener Blazer, randlose Brille, im Gesicht etwas blass – so sitzt sie im Saal E 800 im Paul-Löbe-Haus, wo sonst Bundestagsausschüsse tagen. Petry stellt ihr Buch vor, das „Requiem für die AfD“ heißt. Eine Totenmesse also soll hier gesungen werden, verwunderlich ist das nicht. Sie gehe davon aus, dass die AfD 2025 aus dem Bundestag verschwinden könnte, sagt Petry dann auch.

Vor allem aber holt die 46-Jährige zum Schlag gegen ihre ehemaligen Verbündeten aus, gegen die heutige Spitzenkandidatin Alice Weidel, vor allem aber gegen Jörg Meuthen, der früher mit Petry gemeinsam AfD-Chef war, anders als sie dieses Amt aber noch immer hat. Es ist ein schwerer Vorwurf: Petry behauptet, dass Weidel und Meuthen erpressbar seien, weil sie illegale Spenden von dem Milliardär Henning Conle, einem Immobilienmogul von zweifelhaften Ruf, aus der Schweiz angenommen haben. Conle, sagt Petry, habe sich radikalere Kampagnen der AfD vorgestellt. Auffällig sei, dass Meuthen und Weidel, aber auch andere AfD-Politiker, dann in Richtung „Flügel“ gekippt seien.

Nun ist durch Medienrecherchen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen in Konstanz und der Schweiz inzwischen bekannt, dass hinter den gut 132.000 Euro, die ab Juli 2017 in mehreren Tranchen auf das Konto des Bodenseekreises der AfD eingingen und mit dem Hinweis „Wahlkampfspende Alice Weidel Socialmedia“ verzeichnet waren, letztlich wohl Conle steckt. Das geht aus den Unterlagen der Bundestagsverwaltung hervor. Diese stufte die Spenden, die zu spät zurückgezahlt wurden, als unzulässig ein und verhängte eine Strafe in dreifacher Höhe. Diese hat das Berliner Verwaltungsgericht am Mittwoch bestätigt.

Auch ist eine Spende lange bekannt, die Meuthen im baden-württembergischen Landtagswahlkampf unterstützte. Auch diese ist von der Bundestagsverwaltung als illegal eingestuft und mit einer Strafe belegt worden, was ebenfalls gerichtlich bestätigt wurde. Neu aber ist Petrys Vorwurf, dass der Facebook-Auftritt, der für den Erfolg der AfD bei der Bundesatgswahl 2017 immens wichtig war, ebenfalls von Conle finanziert worden sein soll. In die Partei soll das Geld über Meuthen geflossen sein.

Im Frühling 2016, so heißt es in dem Buch, habe der Social Media-Zuständige der AfD durch Meuthen das Angebot erhalten, „eine Kampagne in den Sozialen Medien zu konzipieren, die aus der Schweiz finanziert würde. Der Kontakt mit der Goal AG und Conle wurde hergestellt.“ Rund ein Jahr lang sei die Arbeit in den digitalen Medien dann finanziert worden.

Belege dafür führt Petry nicht an, auch beim Pressegespräch im Paul-Löbe-Haus bleibt sie vage. Sie hat aber vor der Buchpräsentation mit dem ZDF und Correctiv gesprochen, wohl auch um Werbung für ihr Buch zu machen. Beiden liegt laut Berichterstattung eine Email vor, mit der Meuthen auf den Kampagnenvorschlag des Social-Media-Zuständigen reagiert haben soll. „Ja, das macht schon klar, was mit mehr Geld und Manpower noch möglich wäre“, schrieb Meuthen demnach darin. Der mögliche Wohltäter werde das Konzept „sicher mit Interesse lesen“, so Meuthen demnach weiter, auch habe er ein Treffen in Aussicht gestellt: „Demnächst machen wir dann mal einen gemeinsamen Termin, wenn das Interesse fortbesteht, wovon ich ausgehe.“

Bereits vor einiger Zeit hatte Petry behauptet, dass sie Conle gemeinsam mit Meuthen getroffen hat. Diesen Vorwurf wiederholt sie am Freitag im Paul-Löbe-Haus: „Am 7.12.2015 waren Jörg Meuthen und ich in Herr Conles Privathaus in der Nähe von Zürich.“ Bei dem Treffen soll laut Petry, wie ZDF und CORRECTIV weiter berichtet haben, auch zwei Experten eingeladen gewesen sein, die über den Wahlkampf in den Sozialen Netzwerken referierten.

Wird Meuthen auf Conle angesprochen, sagt er stets nur, er äußere sich grundsätzlich über persönliche Kontakte nicht. Dem Spiegel sagte er nun am Dienstag zu den jüngsten Anschuldigungen seiner ehemaligen Co-Vorsitzenden: Petry gebe vor, „Kenntnis von etwas zu haben, was nicht wahr ist“. Das wiederum weist Petry brüsk zurück. Sie habe Meuthen aufgefordert, dies bis Montag zurückzunehmen, sonst werde sie ihn verklagen, sagt Petry am Freitag im Paul-Löbe-Haus.

Und Petry sagte auch, sie habe am vergangenen Wochenende den persönlichen Kontakt zu Meuthen gesucht, um mit ihm gemeinsam bei der Bundestagsverwaltung die Vorgänge offen zu legen. Doch dieser habe nicht reagiert. Stattdessen war Petry dann am Dienstag gemeinsam mit ihrem Mann, dem früheren AfD-Landeschef in NRW, Marcus Pretzell, bei der Abteilung Parteienfinanzierung und machte dort eine Aussage. Die Behörde bestätigte den Besuch. Offiziell macht sie zum Inhalt des Gesprächs keine Angaben. Nach Informationen der taz aber wird man dort den Informationen nachgehen.

Meuthen wies Petrys Vorwürfe am Freitagnachmittag erneut zurück. „Die Anschuldigungen sind eine Mischung aus freier Erfindung, bösartigen Spekulationen und gezielter Verdrehung“, sagte der AfD-Chef der taz. Man werde rechtliche Schritte prüfen. Sieht so aus, als würden die Gerichte sich noch mit Petrys Buch und Vorwürfen über illegale Spenden beschäftigen. So oder so.

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