Spionagesoftware für Unrechtsstaaten: Pegasus ist kein Einzelfall

Pegasus ist der Traum aller Ge­heim­dienst­le­r:in­nen – und ein Alptraum für Oppositionelle.

Das Innere eines Smartphones

Unbemerkt mit Pegasus im Inneren des Smartphones Foto: Israel Sebastian/getty

Die Spähsoftware Pegasus ist der feuchte Traum aller Po­li­zis­t:in­nen und Geheimdienstler:innen. Mit ihr kann auch verschlüsselte Kommunikation mühelos überwacht werden. Mit ihr kann der Staat die Kontrolle von Smartphones übernehmen, meist ohne dass die Betroffenen auch nur einen falschen Link anklicken müssen.

Autoritäre Regime wie Saudi-Arabien und Aserbaidschan nutzen die Spähsoftware der israelischen Firma NSO. Auch das EU-Land Ungarn griff gerne zu. Und wie nun ein internationales Medienkonsortium herausfand, wird die Software nicht nur zur Aufklärung und Verhinderung von Terrorismus und Kindesmissbrauch eingesetzt, sondern auch gegen Oppositionelle, Jour­na­lis­t:in­nen und Aktivist:innen.

Es ist als Erstes die Verantwortung der israelischen Firma und der israelischen Regierung, mit wem NSO Geschäfte macht und machen darf. Schon die Vorstellung, dass ein Staat wie Saudi-Arabien eine Spähsoftware gegen „Terroristen“ und „Kriminelle“ einsetzt, ist mehr als beunruhigend. Schließlich sind Diktaturen schnell bei der Hand, ihre Geg­ne­r:in­nen zu Terroristen und Kriminellen zu erklären.

Erforderlich wäre ein internationales Exportverbot von Sicherheitstechnik an Unrechtsregime. Allerdings kann niemand Israel zwingen, einen derartigen Vertrag zu unterzeichnen. Europa sollte sich daher erst einmal selbst in die Pflicht nehmen. NSO ist schließlich nicht das einzige Unternehmen, das Sicherheitstechnik herstellt und an autoritäre Regime verkauft.

Immerhin hat die EU auf langjährigen Druck von Nichtregierungsorganisationen im März die Dual-Use-Verordnung verschärft. Bei der Exportgenehmigung von Überwachungstechnik muss nun auch die Menschenrechtslage im Empfängerstaat berücksichtigt werden. Organisationen wie Reporter ohne Grenzen halten das alles für zu vage. Die EU habe die Exportinteressen über die Menschenrechte gestellt.

Die Informationen über die Anwendung von Pegasus gegen Oppositionelle könnten nun helfen, hier nachzuschärfen. Denn jetzt kann wirklich niemand mehr behaupten, man habe nicht gewusst, was mit dieser Technik in den Empfängerländern (auch) gemacht wird.

Deutschland sollte von den hiesigen Sicherheitsfirmen nun sofort verlangen, dass sie Geschäfte mit allen rechtsstaatlichen und demokratischen Problemstaaten unterlassen.

Auch für die EU sind die Enthüllungen über Ungarn wichtig. Es laufen ja verschiedene Rechtsstaatsverfahren gegen Ungarn, die aber nicht so recht vorankommen. Wenn sich belegen lässt, dass Budapest die Spähsoftware auch gegen Oppositionelle und kritische Medien eingesetzt hat, kann und muss dies in diese Verfahren ein­fließen.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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