Von Sehnsucht, Euphorie und Erschöpfung

Das neue Album von Monolink „Under Darkening Skies“ lebt vom Facettenreichtum digitaler Sounds und von Geschichten

Von Stephanie Grimm

Im Sonnenuntergang wiegende Körper, Outfits zwischen Hippie-Festival und Campingplatz – würde nicht großzügig verteilter Glitter für eine Prise Glamour sorgen. Dazu wabern sanft puckernde, treibende Beats und melodiöse Gitarrenriffs über das Gelände, vor Plastikeinhörnern und überdimensionierten Seifenblasen, in denen sich das brüchige Abendlicht spiegelt: Bilder wie diese kennt man vom Melt!-Festival und der Fusion – auch wenn man sie angesichts der anhaltenden Festival-Pause lange nicht mehr erleben durfte.

Abhilfe schafft Monolinks neues Album „Under Darkening Skies“. Beim Hören poppen derartige Assoziationen fast zwangsläufig vor dem inneren Auge auf. Trotz des melancholischen Grundtons weckt das Album Erinnerungen an intensive Livemomente. Die fehlen auch Monolink sehr: „vor allem der Austausch mit dem Publikum“, wie er im Interview erzählt – auch wenn die letzten anderthalb Jahre ihn weitergebracht haben: „Gut tat die Stille im Kopf“, findet er. „Und die schier endlose extra Zeit, neue Wege auszuprobieren – und auch der einheitliche Schlafrhythmus.“

Das zweite Album nach dem Debüt „Amniotic“ (2018) des in Berlin lebenden Hamburgers ist eine eingängige Mischung aus versponnenen elektronischen Elementen und Gitarrenpop – und spiegelt trotzdem genau die Atmosphäre, wie sie sich am letzten Abend eines Festivals einstellt: irgendwo zwischen Sehnsucht, Euphorie und wohliger Erschöpfung. Totgespielt von der letzten Partynacht, wartet am Horizont die Rückkehr in den Alltag.

Musik macht der 32-Jährige, der sein Soloprojekt in Anlehnung an seinen bürgerlichem Namen Monolink nennt – er heißt Steffen Linck – schon seit seiner Jugend. Eigentlich kommt er vom Folk, auf dem Album findet sich etwa eine Coverversion des Songs „Harlem River“ (2013) von Indie-Folkie Kevin Morby. Um sein Herz für elektronische Musik zu entdecken, musste er nach Berlin ziehen – und sich dort den Facettenreichtum digitaler Sounds erschließen.

Das Grundgerüst seiner Kompositionen entsteht allerdings immer noch zumeist an Gitarre und Klavier, im Ergebnis klingt das eher nach Song als nach Track. Um sich nicht zu wiederholen, so erklärt er, „versuche ich mich immer aktiv auf neue Arten und Ansätze des Schreibens zu bringen“. Die Bilder und Metaphern, die in den Texten stecken, wirken konkret und abstrakt zugleich. Der schwelgerische Song „The Prey“ thematisiert eher assoziationsoffen eine Begegnung, die er als 16-Jähriger auf Kuba hatte: „You own the game you let me win/ Lies/ It’s 35 to kick my pride/ Ten more for the taxi ride/ But I wanna be with you tonight“, heißt es da.

„Ich hatte damals einen Song über die Begegnung geschrieben, welchen ich allerdings nie veröffentlicht habe“, erzählt Linck. „In der Produktionsphase zu dem neuen Album bin ich durch alte Skizzen von mir gegangen. Auf einmal fiel mir dieses Stück wieder ein. Ich habe die Geschichte nochmal neu geschrieben und komponiert, aus heutiger Perspektive. Ein paar von den alten Zeilen sind allerdings auch drin.“

Das Album hat einen schwelgerischen Grundton, ist atmosphärisch dabei aber durchaus abwechslungsreich. Die Stimmung der einzelnen Stücke entstehe auf eine organische Weise, erzählt Linck „Ich glaube, das ist eines der wichtigsten Dinge beim Musikmachen: sich selbst und seine Pläne in den Hintergrund stellen und ganz darauf zu hören, was und wohin der Song will.“ Die Stücke auf „Under Darkening Skies“ wollen offenbar auf eine Festivalbühne. Bis es soweit ist, klingen sie aber auch anderswo ziemlich gut.

Monolink – Under Darkening Skies, Embassy One/ Zebralution (digital); Tonpool (physisch)