Freispruch in der Türkei erwartet: Keine Beweise gegen Meşale Tolu

Im Prozess gegen die deutsche Journalistin hat die türkische Staatsanwaltschaft Freispruch beantragt. Das endgültige Urteil soll Ende des Jahres erfolgen.

Meşale Tolu

War in der Türkei inhaftiert: die deutsche Journalistin Meşale Tolu Foto: Federico Gambarini/dpa

BERLIN taz | Die deutsche Journalistin Meşale Tolu, die in der Türkei als Mitglied einer terroristischen Vereinigung angeklagt ist, wird wohl freigesprochen. Vor dem Gericht in Istanbul plädierte am Donnerstag selbst der Staatsanwalt dafür, die Deutsche wegen Mangels an Beweisen freizusprechen.

Ursprünglich war ihr vorgeworfen worden, Mitglied der marxistischen MLKP zu sein, die in der Türkei als Terrororganisation gilt. Tolu saß nach ihrer Festnahme im April 2017 monatelang in Untersuchungshaft, bis sie – nicht zuletzt aufgrund von massiven Protesten in Deutschland – entlassen wurde. Sie musste aber noch bis August 2018 warten, bis sie endlich gemeinsam mit ihrem Kind zurück nach Deutschland reisen durfte. Der Prozess wurde in ihrer Abwesenheit fortgesetzt.

Tolu war eine der deutschen JournalistInnen, die nach dem Putschversuch im Sommer 2016 festgenommen worden waren. Eine andere prominente „Geisel“ der türkischen Regierung war damals der Welt-Korrespondent Deniz Yücel. Tolu, die in einer kleinen linken Nachrichtenagentur zunächst als Übersetzerin, später auch als Journalistin aktiv war, wurde vorgeworfen, sie hätte Beerdigungen von Mitgliedern der MLKP und anderer Terrororganisationen besucht und sei bei entsprechenden Demonstrationen dabei gewesen.

Tolu hatte immer betont, dass sie dies nur im Rahmen ihrer journalistischen Arbeit getan hatte. Dies akzeptierte nun offenbar auch die Staatsanwaltschaft. Vor allem dass Tolu monatelang mit ihrem Baby in U-Haft festgehalten wurde, hatte für Empörung gesorgt.

Finales Urteil kommt im Dezember

Außer Tolu sind eine Reihe weiterer angeblicher MLKP-Mitglieder angeklagt, darunter auch ihr Mann Suat Çorlu. Gegen Çorlu hat der Staatsanwalt zwar auch den Vorwurf der Mitgliedschaft in einer Terrororganisation zurückgenommen, fordert aber eine Verurteilung wegen Terrorpropaganda. Çorlu konnte ein Jahr nach Tolu die Türkei verlassen, sodass beide nun das Verfahren von Deutschland aus verfolgen.

Die Grüne Bundestagsabgeordnete Margit Stumpp, die zur Prozessbeobachtung nach Istanbul geflogen war, sagte anschließend, sie sei zwar froh, dass es jetzt offenbar auf einen Freispruch hinauslaufe. Das zeige aber, dass Tolu jahrelang ohne Beweise eingesperrt und schikaniert worden sei. Die endgültige Entscheidung des Gerichts soll erst am 24. Dezember dieses Jahres fallen.

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