Comedy-Autorin über Aktivismus: „Twitter ist für mich Battle-Rap“

Jasmina Kuhnke ist als „Quattromilf“ eine Twitter-Celebrity. Aus Protest gegen rechtsextreme Verlage auf der Buchmesse sagte sie ihre Teilnahme ab.

Jasmina Kuhnke

Boykottiert die Frankfurter Buchmesse: Autorin Jasmina Kuhnke Foto: Marvin Ruppert/Rowohlt

Jasmina Kuhnke trifft viele Vorsichtsmaßnahmen in ihrem Leben. Am vergangenen Montag sagte sie die Teilnahme an der Frankfurter Buchmesse ab. In einem Statement auf Twitter schreibt sie: „Nun habe ich (…) erfahren, dass der Verlag Jungeuropa (…) direkt neben den großen Bühnen des ZDF ausstellen darf. Verleger von Jungeuropa ist Philip Stein, ein Rechtsextremist. (…) Stein ist Leiter des rechtsextremen Gemeinschaftsprojekts Ein Prozent für unser Land und hat (…) bereits öffentlich geschrieben, dass ich abgeschoben werden solle. Es ist also damit absehbar, dass über den Verlag und Au­to­r*in­nen hinaus auch weitere Rechtsextreme die Messe besuchen werden, was die Gefahr für mich persönlich unübersehbar gegenwärtig macht.“

Kuhnke sollte als Überraschungsgast bei der ARD-Buchnacht auftreten. Der Ankündigung, der Buchmesse fernzubleiben, folgten über die Woche weitere Autor*innen.

Im Rahmen der Buchmesse sollte auch ein taz Talk mit Jasmina Kuhnke stattfinden. Auf Wunsch der Autorin hat die taz sich entschieden, das Gespräch nicht zu senden. Es wurde vor der Absage aufgezeichnet und wäre zum Zeitpunkt der Ausstrahlung nicht mehr angemessen gewesen.

Auch dieses Gespräch wurde vor Beginn der Buchmesse in Frankfurt am Main geführt. Jasmina Kuhnke ist noch in Vorfreude auf ihre Buchpremiere. Wir haben das Gespräch nachträglich um eine Frage zu ihrer Absage der Buchmesse ergänzen können.

Die Reichelt-Affäre, Springer und der „Boy-Club“: Warum man das ganze System feuern müsste – in der taz am wochenende vom 23./24. Oktober. Außerdem: Das immer salziger werdende Wasser im Südwesten Bangladeschs gefährdet die Gesundheit der Frauen, die im Flusswasser arbeiten müssen. Und: Gefühle steuern unser Handeln, sind jedoch keine Programme, die immer gleich ablaufen. Eine emotionale Sachkunde. Ab Samstag am Kiosk, im eKiosk, im praktischen Wochenendabo und rund um die Uhr bei Facebook und Twitter.

taz am wochenende: Frau Kuhnke, auf der Frankfurter Buchmesse sollte die einzige Live-Veranstaltung zu Ihrem Romandebüt stattfinden. Sie haben sich nun entschlossen, der Buchmesse fernzubleiben. Dort stellt ein rechtsextremer Verlag an prominenter Stelle aus. Was bedeutet das für Sie?

Jasmina Kuhnke: Wie im Statement bereits aufgeführt hat diese Entscheidung vor allem Konsequenzen für mein Buch – die Buchmesse ist ja auch Werbeveranstaltung für Verlage und Schriftsteller*innen. Das fällt jetzt für mich, aber auch die weiteren betroffenen Autorinnen Annabelle Mandeng, Nikeata Thompson – die sich beide ebenfalls zum Boykott der Buchmessen entschlossen haben – weg.

Im Buch „Schwarzes Herz“ erzählen Sie die Geschichte von einer Schwarzen Frau in Deutschland, von ihrem Aufwachsen in einer rassistischen Gesellschaft und ihrem Leben mit einem gewalttätigen Partner. Sie schreiben: „Die Wut hält mich wach und lässt mich niemals aufgeben.“ Worauf bezieht sich die Wut der Protagonistin?

Die Wut der Protagonistin bezieht sich nachvollziehbar auf den Rassismus der weißen Mehrheitsgesellschaft, dem sie sich ausgesetzt sieht, und auch darauf, dass sie einfach nicht als der Mensch wahrgenommen wird, der sie ist. Irgendwann weiß sie selbst nicht mehr, wer sie ist, und verliert sich.

Worauf waren Sie zuletzt wütend?

Auf mich selbst.

Die Frau

1982 in Hagen geboren, wuchs in Wuppertal auf und lebt heute mit Mann und vier Kindern in Köln. Im Frühjahr 2021 musste die Familie umziehen, weil ihre Adresse samt Mordaufruf im Internet veröffentlicht wurde. Als „Quattromilf“ folgen der TV-Autorin auf Twitter über 100.000 Accounts.

Das Buch

„Schwarzes Herz“ (Rowohlt) ist die Geschichte einer jungen Frau aus armem Elternhaus, die seit ihrer Kindheit Rassismus und rechtsextreme Gewalt erlebt. Sie gerät später in eine gewalttätige Beziehung, das Buch erzählt die Entwicklung aus dieser heraus.

Worüber haben Sie zuletzt gelacht?

Über meine Kinder. Sie haben ein wahnsinnig gutes Gespür für Situationskomik.

Was haben sie gemacht?

Da gibt es viele Sachen. Ich beobachte ihre Sicht auf die Dinge, diese Freude an vielen Dingen, und ihre Spielfreude ist wahnsinnig cool.

Sie sind Comedy-Autorin, haben unter anderem für Carolin Kebekus geschrieben. Für wen schreiben Sie aktuell?

Das sage ich nicht.

Ihr bisher einziger eigener Bühnenauftritt war im Februar 2019 in Felix Lobrechts Comedy Roast Show. Abdelkarim, Olaf Schubert und viele andere waren neben Ihnen da. Dort geht es darum, sich auf der Bühne abwechselnd so hart wie möglich zu beleidigen. Sie haben gut ausgeteilt und dann aber auch sehr herzhaft gelacht, als Sie von den anderen geroastet wurden. Ist das so, dass Sie gut austeilen können, aber auch gut einstecken?

Total. Vor allem hatten wir ein Agreement, eine Absprache. Die Comedians, die da saßen, haben alle Respekt voreinander und mögen einander. Dementsprechend kann ich da herzhaft drüber lachen.

Es gibt die Regel, dass Humor nur von unten nach oben funktioniert. Wo ist unten und wo ist oben? Wo verorten Sie sich?

Das kommt immer auf den Kontext an.

Wenn der Raum nicht mehr eine Comedyshow ist, in der Sie niemand kennt, sondern Twitter, wo jemand wie Olaf Schubert kaum so bekannt ist wie Sie – verschiebt sich dann nicht oben und unten?

Also zu dem Zeitpunkt hatte ich mit Sicherheit weniger Twitter-Follower als alle anderen. Aber Olaf Schubert ist in jedem Kontext ein weißer Mann und ich eben nicht. Ich reiche allen die Hand, die mitgehen und dieses System ändern wollen.

Mittlerweile haben Sie diskursiv aber mehr Gewicht, oder?

Ja, aber das ändert meine Position im System nicht. Dort stehe ich immer noch relativ weit unten. Zwar genieße ich jetzt Privilegien aufgrund dessen, was ich mir erarbeitet habe, weil ich wahnsinnig viel Glück gehabt habe und weil ich wahrgenommen werde. Ich genieße diese Privilegien im Gegensatz zu anderen marginalisierten Personen, die würde ich auch mit Sicherheit nicht diskutiv angehen, um sie zu schützen und mich mit ihnen zu solidarisieren.

Mir hat neulich ein Journalist etwas leidgetan. Er hatte sich bei Twitter in die Debatte um Sarah-Lee Heinrich, die neue Co-Vorsitzende der Grünen Jugend, hineinbegeben. Jugendliche Tweets von Heinrich wurden medial diskutiert, Elke Heidenreich war der Meinung, Heinrich könne gar nicht sprechen. Der Journalist hat Heinrich verteidigt, und irgendwann das Beteiligen an der Debatte mit dem Essen von billigen Chips verglichen, bei denen man irgendwann denke: „Scheisse, was mach ich denn hier eigentlich?“ Das haben Sie mit „Felt edgy?! Peinlich!“ scharf kritisiert.

Das war nicht scharf. Nur weil sich jemand mal einen Moment lang engagiert, bedeutet das doch nicht, dass man vollkommen devot alles andere ausblenden und dieses kleine Zugeständnis bedingungslos feiern muss. Die Intention ändert ja nichts an der Wirkung. Dessen muss sich ein Journalist wie dieser, der im System nun mal ganz weit oben steht, bewusst sein. Das Thema ist zu wichtig, um einfach mal kurz etwas unliebsam hinzurotzen und sich ein bisschen Beifall abzuholen auf den Schultern von Betroffenen. Sarah-Lee Heinrich bekommt Morddrohungen. Da fehlte mir wirklich die Ernsthaftigkeit.

Ist das etwas, was Sie an dieser Debatte am meisten gestört hat? Dass sie mit zu wenig Ernsthaftigkeit diskutiert wurde?

Nein, das ist nicht das Hauptproblem. Das Hauptproblem ist der rechte Shitstorm, der generiert wurde. Viele begreifen diese Vorgänge immer noch nicht. Es ist keine Kritik, sondern ein orchestrierter Shitstorm, der wahrscheinlich auch schon weit vorher geplant wurde. Wir wissen, dass die Neue Rechte oder Rechtsradikale im Internet wahnsinnig gut organisiert vorgehen und dass wir gesamtgesellschaftlich uns jedes Mal dazu hinreißen lassen, uns irgendwie an dieser Debatte auf die Art und Weise zu beteiligen, wie es gerade passiert ist. Dann trendet plötzlich „Rassismus gegen Weiße“, dabei sollten eigentlich die Morddrohungen gegen Sarah-Lee Heinrich das Thema sein.

Sie sind sehr engagiert auf Twitter. Und jetzt stelle ich die Frage, von der ich eigentlich schon weiß, wie Sie sie an anderer Stelle beantwortet haben. Aber trotzdem: Warum exponieren Sie sich dort so stark?

Warum denn nicht? Ich nutze Social Media wie alle anderen auch. Ich nehme lebhaft am Diskurs teil – wahrscheinlich nimmt es die Außenwelt sehr viel lebhafter wahr als ich. Ich nutze Twitter zwischen der Arbeit und allem anderen alltäglichen. Ich bin bei vielem tiefenentspannt. Während irgendwelche Me­di­en­ma­che­r*in­nen wahnsinnig nervös auf Themen anspringen, dreh ich mich einfach noch mal zur Seite und denke: Ja gut, das war absehbar. Social Media ist Darstellung, Übertreibung. Dort sind alle Darsteller*innen. Und warum sollte ich das nicht auch machen?

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Wann schalten Sie ab?

Ich schalt immer ab. Ich mach meine Tweets nebenher, das ist ja nichts, wofür ich mich wahnsinnig anstrengen müsste. Ich glaube, dann wäre ich auch in meinem Job falsch, wenn mir das so viel abverlangen würde.

Mir wird gerade klar, dass Twittern Ihnen quasi liegen muss. Sie sind es beruflich gewohnt, Punchlines zu schreiben.

Twitter ist für mich Battle-Rap. Ich habe früher als Jugendliche Kool Savas gehört. Und manchmal denke ich heute: Das ist mein innerer Savas, und jetzt geht’s los hier. Ich weiß als Comedy-Autorin schon vorher, was passieren wird. Ich weiß, wann welcher Shitstorm mich wieder ereilen wird, und nehme das gegebenenfalls auch gern in Kauf. Dafür, dass vielleicht ein oder zwei Menschen der üblichen Verdächtigen, der sogenannten bürgerlichen Mitte, die das lesen, kurz diesen Moment haben von: Ah, okay, oh! Erwischt. Das ist das, was gute Comedy auch macht: dass man da sitzt und lacht und zeitgleich denkt: Shit, that’s me.

Das heißt, wir sind eigentlich alle Ihr Publikum und für Sie total berechenbar?

Ich muss ehrlich gestehen, dass ich das Twitterpublikum durchaus sehr oft sehr unterhaltsam finde. Und wenn die dann denken: Ja, jetzt habe ich hier das N-Wort untergebracht oder hab mich wahnsinnig empört und unterstell ihr Rassismus gegen Weiße, mal gucken, was sie dann macht. Dann bist du genau da, wo ich dich haben wollte: demaskiert! Unangenehm, oder?

Für Sie ist Twitter kein Raum für Austausch?

Doch, auch, na klar. Aber wie im normalen Leben suche ich mir natürlich aus, mit wem ich mich wie unterhalte. Es gibt Situationen, in denen ich etwa privat angeschrieben werde, wo ich zum Glück aufgrund meiner Position auch mal unterstützend wirken kann oder wo ich eine Art Verbindung aufgebaut habe und mit Menschen im engen Kontakt bin. Aber ich werde mich wie in meinem Alltag nicht mit Rechten, die mich dehumanisieren, unterhalten. Da gibt es für mich keinen Spielraum.

Was macht Sie wütend am politischen Umgang mit Rassismus und Rechtsextremismus? Was erwarten Sie von der nächsten Bundesregierung?

Ich habe das Gefühl, dass die Politik immer wieder versucht zu beruhigen. Es wäre nämlich gesamtgesellschaftlich ganz schön schwierig, diese Themen anzugehen. Die ganze Gesellschaft müsste beginnen, sich mit ihrem Rassismus auseinanderzusetzen, auch dem systemischen. Ich glaube, da hat man Bammel vor. Sei es Klimapolitik, sei es Rassismus: Das sind alles Dinge, die sind für uns anstrengend. Auch für mich. Und alles, was anstrengend ist, versuchen wir zu vermeiden oder zumindest hinten anzustellen. Wer kennt es nicht? Das ist wie bei To-do-Listen, der anstrengendste Punkt rutscht halt immer wieder nach unten. Man belohnt sich immer für das, was man irgendwie dann so selektiv cherry-picking-mäßig abgehakt hat.

Schauen wir auf eine konkrete Institution, die Schule. Im Buch gibt es eine Szene, die Sie so auch zuvor in einem Gespräch mit dem Spiegel aus Ihrem eigenen Leben geschildert haben. Sie hatten einen Lehrer, der Sie im Sport schlechter benotet hat, weil Sie angeblich physisch bevorteilt wären. Schule ist für Sie keine unterstützende Institution gewesen?

Ich würde es noch einmal anders formulieren: Schule ist oft kein sicherer Raum für Kinder mit Migrationshistorie, insbesondere für Schwarze Kinder.

Was müsste sich ändern?

Das fängt bei Schulmaterialien an. Dort finden noch Abbildungen im Kolonialstil statt. Kolonialismus kommt überhaupt nicht als Segment in der Schule vor. Es wird nicht wahrgenommen, dass Schwarze Menschen schon vor den Gast­ar­bei­te­r*in­nen in Deutschland gelebt haben und dass die NS-Zeit ebenfalls Schwarze Menschen betroffen hat. Das wird alles nicht besprochen in der Schule. Dementsprechend kann da auch keine Sensibilisierung stattfinden, auch schon für die heranwachsende Generation nicht. Ich musste mir das Wissen selbst aneignen. Jetzt erzähle ich es meinen Kindern und hoffe, dass sie damit argumentieren können.

In welchen Räumen oder Situationen fühlen Sie sich sicher?

Zu Hause, da habe ich großes Glück. Das ist ja nicht selbstverständlich.

Die Protagonistin in Ihrem Buch erlebt häusliche Gewalt. Sie verlässt ihren Partner nicht. Aus Angst, aber auch weil sie denkt, nicht mehr wert zu sein. Mit ihren Freun­d*in­nen spricht die Protagonistin darüber nicht. Wie aber damit umgehen, wenn Freun­d*in­nen in so einer Beziehung stecken?

Viele Menschen kennen jemanden, der vielleicht nicht in einer gewalttätigen Beziehung ist, aber in einer toxischen. Dann wird gefragt: Ja, warum ist sie dann nicht gegangen? Und am Ende heißt es, die Frau sei selbst schuld. Ich kann nur immer raten, dass Menschen, die häusliche Gewalt beobachten, sich nicht scheuen sollten, Hilfe zu suchen. Dafür gibt es Profis, zum Beispiel in Beratungsstellen. Die Be­ra­te­r*in­nen werden auch nicht sofort tätig und stürmen in diese Beziehung ein. Und vielleicht kann so dem Opfer geholfen werden, ohne dass man sich selbst ebenfalls gefährdet.

Eine Freundin der Protagonistin schenkt ihr ein Notizbuch, das ist ein Moment der Bewusstwerdung. Wann haben Sie angefangen, das Buch zu schreiben?

Das Manuskript stand schon und sollte eigentlich eine sehr lustige Serie werden.

Ah, und was ist dann passiert?

Irgendwie war es dann nicht so witzig. Der Text war fertig, und ich dachte: Okay, die Serie funktioniert nicht. Dann haben sich das Verlage angeschaut. Viele wollten ebenfalls, dass ich dieses Manuskript versuche umzugestalten und lustig zu machen, vielleicht auch aus der Sorge heraus, dass ein so ernsthaftes Buch, das schwere Thema, sich nicht so gut verkaufen lässt. Aber das hat sich nicht richtig angefühlt. Da habe ich mich entschieden, einfach weiterzuschreiben und auf den richtigen Verlag zu warten. Now it’s done.

Sie beschreiben im Buch häusliche Gewalt sehr explizit. Schon vor Erscheinen Ihres Buchs gab es im Netz Kritik an der Sprache. Haben Sie je mit der Sprache gehadert?

Würden Sie diese Frage Charles Bukowski stellen? Würden Sie die Frage Strunk stellen? Goethe hat geflucht. What the fuck is the point? Ich kann keine Vergewaltigung beschreiben, indem ich sie romantisiere. Das „ What the fuck galt nicht Ihnen, sondern dieser grundsätzlichen Empörung. Ich wurde tatsächlich gefragt, warum ich das Wort „ Wichse benutze. Was hätte ich denn in dem Fall, wenn ich die Situation beschreibe, schreiben sollen? Er ejakulierte mir ins Gesicht? Nein. Es ist ja nicht so, dass ich grundlos fluche.

Nerven Sie Leute, die Sie um einen freundlicheren Ton bitten?

Mich persönlich nervt wenig. Betroffenen Opfern von Rassismus wird ständig gesagt, wie sie Kritik zu äußern haben. Wo ist denn da die Verhältnismäßigkeit? Es geht mir um eine lebensbedrohliche Gesamtsituation. Ich habe mal geschrieben: Wenn ich das nächste Mal einen Nazi treffe und er mich umbringt, sag ich vorher: „ Bitte tun Sie dieses nicht. Ich würde davon absehen. Ich empfinde das als unangenehm und unangebracht.“ Ist das dann freundlich genug? Leute, es geht hier um existenzielle Dinge. Und irgendwann ist auch genug mit devot. Ich werde nicht devot darum bitten, dass ich am Diskurs teilhaben darf in dieser Gesellschaft, in die ich hineingeboren wurde. What the fuck? Mein Nachbar Heinz hat überall teil, egal ob ich das will oder nicht. Der steht beim Scheiß-Metzger und erzählt zehn Stunden seine Lebensgeschichte und hat auch nicht devot gefragt, ob das nervt. Den Raum nimmt sich mein Nachbar Heinz. Wir können als Beispiel auch gern den Biobäcker nehmen. Es ist dasselbe. Dann wird das der Jonas oder die Annika sein.

Die Figur der Annika beschreibt eine weiße Frau, die unauffällig ist, gerne Essen eintuppert. Bei Hengameh Yaghoobifarah kommt die Annika auch immer mal vor.

Die Annika ist leider bei uns allen. Ich darf aber keine Annika-Tweets mehr machen, weil ich irgendwann mal von einer Annika angeschrieben wurde.

Dann hatten Sie Mitleid und machen jetzt keine Annika-Tweets mehr?

Na ja, wenn mir jemand schreibt, dass sie das unangenehm findet, kann ich das nachvollziehen. Ich bin ja kein Vollarsch.

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