Alicia Keys während der Pandemie: Wellness am Piano

Alicia Keys hat in den vergangenen Monaten eine Kosmetiklinie und Autobiografie veröffentlicht. Außerdem hat sie ihr achtes Album rausgebracht.

Großaufanhmen von Alicia Keys

Produktiv auch während der Pandemie: Sängerin Alicia Keys Foto: Promo

Ihr Alleinstellungsmerkmal? Alicia Keys stapelt auf alle Fälle tief. Als sie in einem Interview mit einer Frauenzeitschrift gefragt wurde, ob sie im Lockdown besonders kreativ gewesen sei, antwortete der US-Popstar: „Woran hätte ich arbeiten können? Wo hätte ich arbeiten können? Und vor allem wann?“ Sie sei in erster Linie mit organisatorischen Dingen beschäftigt gewesen und habe zunächst sichergestellt, dass es ihren Kindern gut gehe.

Ein Blick auf ihr musikalisches Output führt diese Aussage ad absurdum. Die Sängerin hat in den vergangenen Monaten nicht bloß ihre Autobiografie „More myself“ veröffentlicht, sondern brachte eine eigene Kosmetik- und Wellnesslinie auf den Markt. Sie drehte zudem eine Doku-Serie namens „Alicia Keys the untold Story“, in der sie sich mal mit ihrer Mutter austauschte, mal mit ihrem Vater.

Eine weitere Episode gewährte sogar Einblick in ihre Ehe mit dem Rapper und Produzenten Swizz ­Beatz. Als wäre das noch nicht genug: Nun steht ihre erste Graphic Novel kurz vor der Veröffentlichung und – ganz nebenbei – ist ihr achtes Album, „Keys“, kürzlich erschienen.

Willkommene Gelegenheit sich auszuprobieren

Und siehe da, es ist ein gut 90-minütiges XXL-Album mit 26 Songs geworden. Anscheinend war die Pandemie eine willkommene Gelegenheit für Alicia Keys, sich sowohl am Klavier als auch beim Remixen auszuprobieren.

Alicia Keys: „Keys“ (RCA/Sony Musici)

Alle Originalsongs für den ersten Teil hat sie am Piano komponiert und dann für den zweiten Part, der „Unlocked“ heißt, gemeinsam mit dem Produzenten Mike Will Made It neu arrangiert. Getreu dem Motto: Hier ist für alle etwas dabei. Aber kaum jemand wird alle Lieder mögen. So ganz geht dieses Konzept nämlich nicht auf.

Dafür gibt es ein wesentliches Argument: Stücke wie „Plentiful“, „Skydive“ und „Best of me“ sind schon in der ursprünglichen Fassung mit R&B-Beats und Rap-Einlagen zu sehr auf Hochglanz poliert worden.

Klavierakkorde kontrastieren mit dezenten Beats

Mehr Intensität hat dagegen die jazzige Pianoballade „Is it insane“, da hört man gleich zu Anfang tatsächlich das Vinyl knistern, nein, besser: Man könnte tatsächlich meinen, eine Abtastnadel werde auf eine Schellackplatte gesetzt. Im Remix kontrastieren dann Klavierakkorde mit dezenten Beats.

Alicia Keys selbst beschreibt den Sound bei der Videopräsentation ihres Albums sehr anschaulich. Die Neubearbeitung klinge, sagt sie, als würde Ella Fitzgerald auf Portishead treffen. Das sphärische „Nat King Cole“ wiederum hätte das Zeug zum James-Bond-Titelsong.

Ein kluger Schachzug von Alicia Keys, dass sie für die „Unlocked“-Variante dieser Nummer den Rapper Lil Wayne verpflichtet hat. Sein nasaler Sprechgesang verleiht diesem Plädoyer für Selbstbestimmung noch mehr Eindringlichkeit.

Glückskeksweisheiten

Somit leitet sein Intro bestens zu Alicia Keys’ Songtext über, eingangs singt die US-Amerikanerin: „Take off your coat, take off your clichés / Show off a side that no one sees“. Für die einen mögen solche Sätze nur Glückskeksweisheiten sein, andere fühlen sich durch diese Worte gewiss bestärkt.

So oder so: „Nat King Cole“ hätte sich zumindest inhaltlich nahtlos in das vergangene Werk „Alicia“ eingefügt, bekanntlich kreiste dies ebenfalls um das Thema Selbstfindung.

Dabei sollte die Mutter von zwei Kindern doch eigentlich längst wissen, wer sie ist. Seit mehr als einem Jahrzehnt hat die 40-Jährige, die im New Yorker Problemviertel Hell’s Kitchen aufwuchs, mit Beyoncé und Rihanna zur Liga der Superstars aufgeschlossen. Sie kann sich brüsten, 15 Grammys abgeräumt zu haben.

Eine Weile verzichtete sie auf Make-up, um ein Statement zu setzen. Inzwischen schminkt sie sich wieder. Geschadet hat ihr dieser Imagewandel nicht, sie ist halt Alicia Keys. Eine Frau, die trotz ihrer Wankelmütigkeit glaubwürdiger wirkt als so mancher Bubblegum-Pop.

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