Kein Geld für AfD-Stiftung: Steinbach und Erasmus bleiben arm

Der Bundeshaushalt 2022 sieht keine Förderung für die AfD-nahe Erasmus-Stiftung vor. Die Stiftung verklagt den Haushaltsausschuss des Bundestages.

Erika Steinbach in der Bundespressekonferenz

No money, big problems: Erika Steinbachs Erasmus-Stiftung bekommt vorerst kein Steuergeld Foto: Felix Zahn/photothek/imago

BERLIN taz | Der aktuelle Haushaltsplan der Bundesregierung sieht keine Zuschüsse für die AfD-nahe Erasmus-Stiftung vor. Das geht aus dem am Dienstag im Bundestag von Finanzminister Christian Lindner (FDP) vorgestellten Kabinettsentwurf für den Bundeshaushalt 2022 vor. Dort sind Globalzuschüsse für die sechs politischen Stiftungen der demokratischen Parteien von CSU bis Linke vorgesehen – die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung hingegen fehlt. Deren Vorsitzende Erika Steinbach (AfD) kündigte umgehend an, notfalls bis zum Europäischen Gerichtshof zu ziehen, um zu klagen.

Formal stehen nach bisheriger Praxis der Erasmus-Stiftung wie den politischen Stiftungen anderer Parteien mit dem Wiedereinzug in den Bundestag Fördermittel zu – allerdings gibt es nun zumindest bei den Regierungsparteien Vorbehalte, die AfD-Stiftung zu fördern. Die Bedenken dürften sich nicht zuletzt durch die gerichtlich bestätigte Einstufung der Partei als rechtsextremer Verdachtsfall bestärkt haben.

Um die Förderung entspannte sich seit vergangenem Jahr eine gesellschaftliche Debatte. Die AfD-Stiftung klagt bereits seit Längerem gegen die Nichtberücksichtigung bei Fördermitteln. Ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis fordert demgegenüber ein Stiftungsgesetz, das Förderungen von politischer Bildung an demokratische Grundprinzipien knüpfen soll, sodass die Förderung einer AfD-Stiftung mit absehbar antidemokratischen Bildungsinhalten ausgeschlossen würde.

Im Koalitionsvertrag der Ampel hieß es noch eher vage: „Die Arbeit und Finanzierung der politischen Stiftungen wollen wir rechtlich besser absichern. Dies soll aus der Mitte des Parlaments geschehen, unter Einbeziehung möglichst aller demokratischen Fraktionen.“ Faktisch heißt dies jetzt offenbar, dass die AfD zunächst einfach nicht berücksichtigt wird. Vorgesehen sind im Haushaltsjahr 2022 knapp 132 Millionen Euro für politische Stiftungen, für die Erasmus-Stiftung hingegen 0 Euro.

Steinbach stinksauer

Der Haushaltsplan muss noch durch den Bundestag. Über die Mittelvergabe entscheidet der Haushaltsausschuss. Möglicherweise ist die Ampel-Strategie, durch die Nicht-Berücksichtigung der AfD Zeit zu gewinnen, in der ein mögliches Stiftungsgesetz ausgearbeitet werden könnte, das Regeln und Grundsätze für die Förderung von politischen Stiftungen beinhaltet. Auf taz-Anfrage äußerten sich die beteiligten Behörden von Finanz- und Innenministerium allerdings nicht inhaltlich zu dem Posten.

Die Ausgrenzung ist indes umstritten: Spätestens mit ihrer gerichtlich bestätigten Einstufung als rechtsextremer Verdachtsfall lässt sich diese zwar inhaltlich rechtfertigen, aber dass die Nichtberücksichtigung angesichts des Gleichheitsgrundsatzes juristisch haltbar ist, ist eher unwahrscheinlich. Zuständig für die Vergabe von „Globalzuschüssen zur gesellschaftspolitischen und demokratischen Bildungsarbeit“, wie der Haushaltstitel offiziell heißt, ist das Innenministerium von Nancy Faeser (SPD).

Steinbach schimpfte umgehend nach Bekanntwerden des Haushaltsplans in einer Pressemitteilung, dass die Bundesregierung sich rechtswidrig und demokratiefeindlich verhalte. „Unser Anspruch von rund sechs Millionen Euro ist nicht vorgesehen“, so Steinbach. Die Bundesregierung mache mit der Verweigerung von Mitteln deutlich, dass ihr demokratisches Handeln fremd sei und forderte den Bundestag zur Korrektur in den Haushaltsberatungen auf, die diese Woche stattfinden. „Sollte das nicht geschehen, wird der Rechtsweg bis hin zur europäischen Gerichtsbarkeit fortgeführt werden“, so Steinbach. Sämtliche Vorbereitung zum strukturellen Aufbau dürften nun ins Leere laufen. Bisher finanziert sich die Stiftung über Spenden.

Der haushaltspolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Peter Boehringer, kündigte zudem an, bei Innenministerin Faeser nachhaken zu wollen und auf allen möglichen Ebenen zu klagen. Boehringer, der in der Vergangenheit Verschwörungsideologie mit antisemitischen Anklängen reproduzierte, sagte dazu am Montag bei einem Pressegespräch: „Das ist ein anhaltender Skandal, der die Demokratie beschädigt.“

AfD verklagt Haushaltsausschuss des Bundestages

Die Bildungsstätte Anne Frank, die mit ihrem Vorsitzenden Meron Mendel lautstark gegen die Finanzierung der AfD-Stiftung mobilisiert, wertete die Nicht-Berücksichtigung der AfD-Stiftung als „Teilerfolg“. Es liege nun an der Justiz, durch Steuergelder finanzierten Hass und Hetze zu verhindern, so Mendel: „Dass im Haushaltsplan 2022 keine Mittel für die AfD-Stiftung vorgesehen sind, ist eine gute Nachricht für unsere Demokratie!“

Die AfD klagt unterdessen weiter: Wie aus der taz und fragdenstaat.de exklusiv vorliegenden Unterlagen hervorgeht, klagt die extrem rechte Partei nun auch gegen den Haushaltsausschuss des Bundestages. So hat die Partei kürzlich beim Bundesverfassungsgericht einen Antrag auf einstweilige Anordnung gegen den Haushaltsausschuss des Bundestages eingereicht. In dem Schriftsatz fordert die AfD zugunsten der Erasmus-Stiftung, dass der Bundestag der Stiftung beginnend mit dem Haushaltsjahr 2022 Fördermittel zusprechen müsse. Der Antrag vom 17. Februar ist ein Folgeantrag im anhängigen Organstreitverfahren um Steuergelder für die Steinbach-Stiftung.

Interessant ist darüber hinaus: Im Anhang finden sich auch Details zum Aufbau der Stiftung: Sie plante mit 7,8 Millionen Euro, wollte damit 60 Mit­ar­bei­te­r*in­nen einstellen sowie 800 Seminare und zwei Kongresse veranstalten. Vorbereitungen zum Aufbau dürften nun vorerst ins Leere laufen. Bisher finanziert sich die Stiftung über Spenden.

Die Begründung für die Klage liest sich dabei in Teilen weniger wie ein juristischer Antrag als eher ein rechtes Pamphlet: Es bestehe ein gesellschaftliches Bedürfnis für die Erasmus-Stiftung, „da sich immer weniger Bürger im grünen Einheitsbrei, der längst auch die Veranstaltungen der Konrad-Adenauer-Stiftung prägt, inhaltlich wiederfinden, und sich nach politischer Bildung sehnen, die differenzierter fragt als die gesinnungsethischen Freund-Feind-Floskeln des öffentlich-rechtlichen Fernsehens.“

Es wird gejammert über „seuchenpolizeiliche“ Ausschlüsse von AfD-Abgeordneten (die sich offenkundig nicht an gültige Coronamaßnahmen halten wollten). Dass kein AfD-Abgeordneter ins Bundestags-Präsidium oder zum Ausschuss-Vorsitz gewählt wurde, nennt sie „postdemokratisch“, obwohl sie mit Verfassungsbeschwerden in beiden Punkten gescheitert ist oder zu scheitern droht.

Gleichzeitig behauptet die DES, dass radikales und rassistisches Gedankengut in ihrer Stiftung keinen Platz habe – wobei Vorstand und das im übrigen intransparent geheim gehaltene Kuratorium durchsetzt sind von Personal, das sowohl eine rassistische als auch extrem rechte Agenda vertritt – Übergänge zu Kubitscheks rechtsextremem Thinktank, dem Institut für Staatspolitik in Schnellroda, waren und sind mitunter fließend.

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