Kunstmesse in Neu-Delhi: Krishna, Pop-Art, Madhubani

Vergangenes Wochenende fand in Neu-Delhi die größte Kunstmesse Indiens statt. Was wissen wir über die dortige Kunst, die Sammler:innen, die Galerien?

Ein Mann macht ein Selfie vor Gemälden

Super Kulisse fürs Handy­foto: die Sektion „Inherited Arts Forum“ auf der Kunstmesse India Art Fair Foto: India Art Fair

Die festen Schritte zweier Tänzerinnen bringen den Boden der Halle regelrecht zum Beben. Sie bewegen sich zum Spiel schmaler Puppen aus Palmblättern. Bharatanatyam heißt der abstrakte und erzählerische Tanzstil aus dem Süden Indiens, der nun auf der Ausstellungsfläche des Kolkata Centre for Creativity für das Publikum der India Art Fair eine neue Interpretation findet.

Das Kolkata Centre for Creativity ist eines der fast 80 Aussteller, die voriges Wochenende, während die Straßen Delhis sich ungewöhnlich auf über 40 Grad erhitzten, an der größten Kunstmesse Süd­asiens teilnahmen. 63 Galerien aus vier Ländern waren auf der India Art Fair anwesend. Unter ihnen Größen der Region: Vadehra Art aus Neu-Delhi, Experimenter aus Kolkata oder Jhaveri Contemporary aus Mumbai. Weitere private Kunsteinrichtungen und Stiftungen waren auf der Messe präsent.

Das Museum der prominenten Sammlerin Kiran Nadar etwa. Die Kommunikationsstrategin und Ehefrau des IT-Magnaten Shiv Nadar gründete 2010 das erste Privatmuseum für zeitgenössische Kunst in Indien. Sie kann von der aktuellen Kunst des Landes nur schwärmen: „Es ist eine aufflammende Szene, in der heute viel passiert“, sagt sie der taz am Vorabend der Messeeröffnung. „Ich schaue mir auch jüngere Künst­le­r:in­nen an und überlege, wo und wie ich sie sammeln kann“.

Jaya Asokan, Messedirektorin

„Die Kunst Indiens wächst rasant, und parallel dazu hat sich auch die künstlerische Sprache weiterentwickelt“

Wie Kiran Nadar sind viele wichtige Samm­le­r:in­nen und För­de­r:in­nen der Kunst in Indien Personen aus der Wirtschaft. Der Geschäftsmann Abhishek Poddar zum Beispiel entstammt einer Unternehmerfamilie, die unter anderem Sua Explosives & Accessories hält, einen Hersteller von Sprengstoffen und Gerät für den Bergbau. Er selbst führt mehrere Unternehmen an und eröffnet demnächst das Museum of Art & Photography in Bangalore.

Und Sunil Kant Munjal, mitunter Vorsitzender des Automobilherstellers Hero Group, gründete 2016 das Serendipity Arts Festival. Die Serendipity Arts Foundation bespielte mit einem für sie üblichen genreübergreifenden Programm ­einen Projekt­raum der Messe an diesem heißen Wochenende.

Junge Kunstszene wächst

Auch eine jüngere Generation von Samm­le­r:in­nen und Künst­le­r:in­nen wie die Malerin Shilo Shiv Suleman, Jahrgang 1989, zeigte sich. „Die Kunst Indiens wächst rasant, und parallel dazu hat sich auch die künstlerische Sprache weiterentwickelt“, sagte die Messedirektorin Jaya Asokan.

Jaya Asokan hat im vergangenen Jahr die Leitung der India Art Fair übernommen. Mitten in der Finanzkrise 2008 startete die Messe als Verkaufsschau, die sich bis heute – mit wechselnden Eigentümerverhältnissen – gehalten hat und zunehmend dem sehr unterschiedlich ausgeprägten Kunstbetrieb in Indien eine gemeinsame Plattform bietet.

Mit ihrem Programm für die India Art Fair stellt Asokan gleichwohl die Verschiedenartigkeit der Kunst und des Kunstmarkts in Indien heraus. Sie etablierte etwa eine Sektion für traditionelle Kunst, die sonst auf solchen Messen selten zu sehen ist. Kleinere Galerien wie Ojas Art aus Neu-Delhi stellten nun darin den eher als Volkskünstler bekannten Santosh Kumar Das aus dem ostindischem Bihar vor.

In den auffälligen geometrischen Mustern der Madhubani-Tradition bildet er religiö­se Motive ab, von Darstellungen des Hindu-Gotts Krishna bis zu einer Version des Letzten Abendmahls. In der gleichen Sektion waren dann auch die filigranen und gleichsam abstrahierten Figuren auf den Zeichnungen des bereits verstorbenen Jangarh Singh Shyam aus Goa ausgestellt.

Größen des Kunstmarkts

Zurück zu den Größen des indischen Kunstmarkts: Die DAG-Galerie, die neben Mumbai und Delhi auch eine Dependance in New York betreibt, zeigte klassische Meisterwerke, Aquarelle aus dem 19. Jahrhundert mit Darstellungen der Gottheiten Krishna und Ganga, Aktdarstellungen in einer sanften Sachlichkeit der 1940er Jahre von KK Hebbar.

In der Pop-Art verhaftet war die fotografische Serie von Ifti­khar und Elizabeth Dadi, mit denen sich Jhaveri Contemporary präsentierte. Spielzeuggegenstände vergrößerte das pakistanisch-amerikanische Künstlerpaar darauf mit schrillem Pink und Blau ins Monumentale. Für den gebürtigen Pakistani Iftikhar Dadi wäre ein persönlicher Auftritt auf der Messe schwierig gewesen, seine Kunst aber konnte gezeigt werden.

Die zwei Galeristinnen Amrita and Priya Jhaveri konfrontierten diese mit den schon ins Fratzenhafte abgleitenden Plastiken des in Sri Lanka geborenen und in Sydney lebenden Ramesh Mario Nithiyendran. Verbindungen und Traditionen südasiatischer aktueller Kunst über die Staatsgrenzen hinaus bestimmen das Programm der Galeristinnen und zeigen dabei, wie farbreich diese ausfallen können.

Im Umland Neu-Delhis bot die India Art Fair Anlass für die alternative Schau „Fresh Produce“. Fotografie, Grafisches, NFT oder Textilarbeiten von gut 50 Künst­le­r:in­nen richteten sich dabei an angehende Sammler:innen. Kuratiert hatten diese Nebenschau die Projektraumbetreiberinnen von „Method India“ aus Mumbai. Ihr Titel „Fresh Produce“ ist programmatisch für ihre Stadt als Ort der Kunstproduktion. Denn in Delhi sind zwar die vielen Galerien, die Museen und die Messe, in Mumbai aber leben die meisten Künstler:innen.

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