Generaldebatte im Bundestag: Müder Scholz, provokanter Merz

Bei einer Diskussion im Bundestag zeigt sich: Der Deal um das 100-Milliarden-Sondervermögen für die Bundeswehr scheint kompliziert zu werden.

Friedrich Merz steht am Rednerpult im Bundestag

Firiedrich Merz ist rhetorisch bestens unterwegs Foto: Michele Tantussi/reuters

BERLIN taz | Der Kanzler hat am Donnerstag keinen guten Tag. Er liest seine Rede ab und verhaspelt sich ein paar Mal. Viele Neues ist der Regierungserklärung von Olaf Scholz auch nicht zu entnehmen. „Russland darf den Krieg nicht gewinnen, die Ukraine muss bestehen“, sagt er und rechtfertigt noch mal die Lieferungen schwerer Waffen. „Einem angegriffenen Land bei seiner Verteidigung zu helfen, ist keine Eskalation.“ Trotzdem müsse man die Ängste vor einer Eskalation ernst nehmen.

Der Kanzler spielt die Rolle eines Mittlers – zwischen dem politischen Berlin, in dem es vielen mit Waffenlieferungen nicht schnell genug gehen kann, und einem großen Teil der Deutschen, die zögerlicher sind. Der Kanzler versucht beim 100-Milliarden-Sondervermögen für die Bundeswehr die Union zu umarmen. Er braucht sie für die Zweidrittelmehrheit. Er erinnert den „lieben Herrn Merz“ an die staatspolitische Verantwortung. Regierung und Opposition müssten gemeinsam handeln. Man sei in „guten Gesprächen“. Steht die Einigung beim Sondervermögen kurz bevor?

Eher nicht. Denn danach hört Scholz mit versteinertem Gesicht Friedrich Merz zu. Der Fraktionschef von CDU/CSU brennt ein rhetorisches Feuerwerk ab. Er mokiert sich über Scholz’ unglückliche Äußerung, er halte nichts von Leuten, die zu Fototerminen nach Kiew reisen.

An wen, ätzt Merz, habe der Kanzler da gedacht? An Bundestagspräsidentin Bärbel Bas, Außenministerin Annalena Baer­bock oder den UN-Generalsekretär? Die Union johlt vor Begeisterung. Der Kanzler wirkt etwas müde, der „liebe Herr Merz“ vibriert vor Angriffslust. Deutschland liefere praktisch keine Waffen. Den Gepard-Panzer habe die Ukraine gar nicht haben wollen, so Merz. Auch der Ringtausch – deutsche Waffen ersetzen Waffen in Ländern, die von dort in die Ukraine geliefert werden – funktioniere nicht. Scholz treibe ein doppeltes Spiel.

Komplizierter Panzer-Tausch

Faktencheck: Der im April angekündigte Panzer-Ringtausch mit Slowenien hakt, weil Slowenien die von Berlin angebotene Marder-Panzer nicht will, sondern moderne Waffen fordert. Faktisch hat Merz recht, allerdings liegt das nicht an Scholz, sondern an dem komplizierten Tausch. Berlin hat sich am Mittwoch mit Tschechien auf die Lieferung von 15 Leopard-Panzern an Prag geeinigt, das dafür Panzer in die Ukraine liefert. Und der Deal um das Sondervermögen? Es gebe Gespräche, ob die „gut sind, sei mal dahingestellt“, so Merz. Nebenbei forderte er die sofortige Entlassung von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht.

Nach staatspolitischer Verantwortung klingt Merz nicht. Nach Einigung beim Sondervermögen auch nicht. Merz verlangt, dass die 100 Milliarden nur der Bundeswehr zukommen – die Ampel möchte, dass auch in kleinerem Umfang Geld für Cybersicherheit und zivile Prävention zur Verfügung steht. Nach Merz spricht die grüne Fraktionschefin Katharina Dröge. „Wieso beginnen ihre Debatten im Bundestag immer wie Bierzeltreden“, mahnte sie. Die Verhandlungen über das Sondervermögen werden, so scheint es, noch dauern.

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