Papst entschuldigt sich: Ein zarter Versuch

Die Entschuldigung des Papst alleine reicht nicht. Denn die Verbrechen an der indigenen Bevölkerung Kanadas sind noch nicht vollständig aufgeklärt.

Papst Franziskus auf dem Friedhof der Ermineskin Cree in Alberta, Canada Foto: Nathan Denette/The Canadian Press/ap

Sieben Jahre hat es gedauert, bis Papst Franziskus um Vergebung bittet. Sieben Jahre für eine Entschuldigung für grausamste körperliche und seelische Verbrechen, die die katholische Kirche Tausenden Menschen der indigenen Bevölkerung Kanadas über ein Jahrhundert lang angetan hat. Bereits 2015 hatte die kanadische Wahrheits- und Versöhnungskommission zu einer Entschuldigung des Papstes auf kanadischem Boden aufgerufen. Jetzt tourt Franziskus durchs Land, übernimmt die Verantwortung für die Taten der Kirche. Die Begegnungen der Betroffenen mit dem Papst sind schmerzlich: Tränen, Wut und die Konfrontation mit dem Menschen, der in seiner Funktion als oberster Hirte Sinnbild für Machtmissbrauch und ausbeuterische Strukturen im Namen Gottes steht.

Für päpstliche Verhältnisse ist die Entschuldigungstour ein starkes Signal. Mit ungewöhnlich eindringlichen Worten nannte er die Verbrechen der Kirchenmitglieder und Ordensgemeinschaften beim Namen. Es ist der zarte Versuch, die Taten der katholischen Kirche nicht zu vertuschen, sondern die Erinnerung wach zu halten. Wie Franziskus twittert, ist Vergebung eine Gnade, die erbeten werden muss.

Der Papst trifft auf seiner Reise durch Kanada Menschen, die die Kirche zerstört hat. Und er hört ihre Forderungen. Die kanadische Regierung hat bereits für die Betroffenen Entschädigungszahlungen zugesagt. Der Staat wusste von den Misshandlungen in den kirchlichen Einrichtungen, billigte die erzwungene Anpassung von indigenen Kindern an die weiße Mehrheitsgesellschaft. Die Kirche hält sich allerdings mit Zahlungen zurück. Und grausam mutet an, dass Rom keine Akten herausgeben will, die für die Aufklärung weiterer Taten sowie die Strafverfolgung der Tä­te­r:in­nen notwendig wären. Geld kann erlittenes Leid nicht wettmachen, auch kein Strafverfahren. Worte allein aber auch nicht. Der Wille zu vollständiger Aufklärung wäre das Mindeste, um Franziskus’ Geste nicht verpuffen zu lassen.

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Schreibt seit 2016 für die taz. Themen: Außen- und Sicherheitspolitik, Entwicklungszusammenarbeit, früher auch Digitalisierung. Seit März 2024 im Ressort ausland der taz, zuständig für EU, Nato und UN. Davor Ressortleiterin Inland, sowie mehrere Jahre auch Themenchefin im Regie-Ressort.

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