Kritik an Pelosis Taiwan-Besuch: Kuschen ist auch keine Lösung

Der Besuch der US-Politikerin Nancy Pelosi Besuch in Taiwan war mehr als nur Show. Denn Schweigen gegenüber China führt auch nicht weiter.

Pelosi und die taiwanesische Präsidentin verneigen sich voreinander

Mehr als Politshow: Nancy Pelosi und die taiwanesische Präsidentin Tsai Ing-wen verneigen sich

Nancy Pelosis Taiwan-Besuch hat in den vergangenen Tagen sehr viel Kritik auf sich gezogen. Einige Vorwürfe haben sich bereits bewahrheitet: Während die US-Demokratin längst ­wieder daheim ist, bekommen die 23 Millionen Taiwaner den Zorn der chinesischen Vergeltungsmaßnahmen gerade erst zu spüren.

Doch würde man eine Umfrage durchführen, begrüßten wohl die meisten von ihnen den Besuch aus Washington. Und dafür gibt es gute Gründe: ­Pelosi hat den demokratischen Inselstaat weltweit ins Zentrum der ­Medienöffentlichkeit gerückt – und damit ­Bewusstsein für einen Konflikt geschaffen, der in den Köpfen vieler nicht sonderlich präsent ist. Genau jene ­Öffentlichkeit ist die Voraussetzung dafür, dass die internationale Staatengemeinschaft im Ernstfall einer chinesischen Invasion nicht gleichgültig zuschauen würde.

Und überhaupt ist das Argument, Pelosi habe die chinesische Seite zur stärksten Militärprovokation seit Jahrzehnten gedrängt, bei näherer Betrachtung nicht überzeugend. Denn zum einen hätte es sehr wohl im Ermessen Xi Jinpings gelegen, moderater zu reagieren.

Zum anderen bringt Schweigen und Kuschen ebenso wenig: Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol, der während seines Wahlkampfes noch mit besonders Peking-kritischen Ansagen auffiel, ließ sich während Pelosis Besuch in Seoul entschuldigen – offensichtlich, um das Reizthema China zu umschiffen. Gebracht hat es freilich wenig: Am nächsten Tag starteten Chinas Truppen ebenfalls Militärübungen im Gelben Meer, direkt zwischen der chinesischen und koreanischen Küste.

Wenn Peking der US-Regierung vorwirft, am diplomatischen Status ­Taiwans zu rütteln, ist natürlich immer auch Teil der Wahrheit: China droht von allen Playern in diesem Konflikt ganz offen mit der radikalsten Veränderung des Status Quos und kommt mit jeder Erhöhung des eigenen Militäretats seinem Ziel einen Schritt näher. Wie ­Pelosi mit einer offensiven Strategie dagegenzuhalten, ist daher weit mehr als bloße Politshow.

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Seit 2019 China-Korrespondent mit Sitz in Peking. Arbeitete zuvor fünf Jahre lang als freier Journalist für deutschsprachige Medien in Seoul, Südkorea. 2015 folgte die erste Buchveröffentlichung "So etwas wie Glück" (erschienen im Rowohlt Verlag), das die Fluchtgeschichte der Nordkoreanerin Choi Yeong Ok nacherzählt. Geboren in Berlin, Studium in Wien, Shanghai und Seoul.

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