Friedensgespräche in Kolumbien: Ein Lichtblick

Mehrere Entwicklungen im bewaffneten Konflikt mit der ELN in Kolumbien geben Anlass zur Hoffnung. Euphorie ist aber fehl am Platz.

Präsident Gustavo Petro macht ein Peace-Zeichen

Lud Vertreter der Indigenen ein: Kolumbiens Präsident Gustavo Petro Foto: Leonardo Fernandez Viloria/reuters

In den Friedensgesprächen mit der ELN-Guerilla hat die Verhandlungsgruppe der kolumbianischen Regierung eine erste Vereinbarung erzielt: Indigene von der Ethnie der Embera sollen in Sicherheit in ihre Gebiete in der Region Antioquia zurückkehren dürfen, aus denen sie vertrieben wurden.

Es ist ein kleiner Schritt in den Gesprächen mit der größten verbliebenen Guerilla im Land, die eine historische Schuld wiedergutmachen sollen.

Die Embera haben unter dem Konflikt besonders gelitten. Bewaffnete Gruppen streiten sich bis heute um ihr Land – für Bergbau, Drogenhandel und andere illegale Geschäfte. Als Indigene und Opfer des bewaffneten Konflikts haben die Embera doppelt Anrecht auf Schutz, Wiedergutmachung und Hilfe. Doch der Staat hat Gesetze und Urteile missachtet. Der Umgang seiner Institutionen mit den Indigenen war von Kolonialismus und Rassismus geprägt.

Tausende von ihnen mussten über die Jahre aus ihren Reservaten nach Bogotá fliehen und leben dort im Elend. Die Embera haben mehrfach Parks besetzt, um ihre Rechte einzufordern – zuletzt über Monate den Parque Nacional. Der Distrikt brachte die Mehrheit von ihnen in Notunterkünfte mit katastrophalen Bedingungen. Einige kehrten in ihre Gebiete zurück – auf falsche Versprechen hin, dass sie dort Unterstützung bekämen und wieder sicher leben könnten.

Erst im Oktober hatten Embera deshalb vor dem Gebäude der nationalen Opferbehörde stundenlang friedlich protestiert. Dann eskalierte die Lage.

Kolumbiens neuer Präsident Gustavo Petro besuchte nicht nur die verletzten Polizisten im Krankenhaus. Er lud Vertreter der Indigenen in den Präsidentschaftspalast ein und saß mit ihnen und der neuen Leiterin der Opferbehörde am Tisch. Ein Novum in Kolumbien. Ein zweites ist die Anwältin Patricia Tobón Yagarí. Die Embera ist die erste Indigene an der Spitze der Behörde. Sie spricht zwei Embera-Dialekte und hat einen hervorragenden Ruf. Das macht Hoffnung – wie die Vereinbarung mit der ELN.

Gleichzeitig ist Euphorie aus mehreren Gründen fehl am Platz: Es muss sich zeigen, ob sich die in vielen selbstständigen Einheiten organisierte Guerilla daran hält. Die Vereinbarung gilt nur für die Embera – von der Gewalt der ELN sind aber auch andere Bevölkerungsgruppen betroffen. Die ELN hat manche Gegenden vermint – was eine schnelle Rückkehr unmöglich macht. Zudem sind in den Gebieten noch andere bewaffnete Gruppen aktiv wie der berüchtigte Golf-Clan. Mindestens der muss die Waffen niederlegen, damit die Embera dort in Frieden leben können. Bis dahin wird noch viel Zeit vergehen.

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stammt aus dem Bayerischen Wald und berichtet seit 2017 überwiegend aus Kolumbien. Sie ist Mitglied des Reporterinnen-Teams von #tazFolgtDemWasser und Mitgründerin des Magazins „Südamerika+Reporterinnen“ auf der genossenschaftlichen Journalismus-Plattform-„RiffReporter“.

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