Reproduktive Rechte in Deutschland: Paus gegen Gehsteigbelästigung

Eigentlich hätte ein entsprechender Gesetzentwurf bereits Ende 2022 vorliegen sollen. Die grüne Familienministerin Lisa Paus macht jetzt Druck.

Portrait einer Frau mit roten Haaren

Bundesfamilienministerin Lisa Paus setzt sich gegen Gehsteigbelästigung ein Foto: imago

BERLIN taz | Der Gesetzentwurf zur sogenannten Gehsteigbelästigung kommt, und zwar „möglichst bald“. Das kündigte Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) gegenüber der taz an. „Die Gehsteigbelästigung ist ein Unding. Frauen in extrem schwierigen Situationen sind zur Beratung verpflichtet und werden auf dem Weg dahin belästigt und bedroht. Das ist ein unhaltbarer Zustand“, sagte Paus.

Bei der Gehsteigbelästigung werden vor Arztpraxen, Krankenhäusern und Beratungsstellen Schwangere und Mitarbeiter_innen belagert. Die Koalition will dies deshalb als Ordnungswidrigkeit ahnden. Eigentlich sollte ein Gesetzentwurf schon Ende letzten Jahres vorliegen. „Ich wäre gern schneller damit gewesen, aber wir sind mit den Vorarbeiten schon weit und haben inzwischen gute Gespräche mit dem Justiz- und dem Innenministerium geführt“, sagte Paus der taz. Auch ein Rechtsgutachten des grünen-nahen Gunda-Werner-Instituts wiegt die Persönlichkeitsrechte der schwangeren Person schwerer als die Meinungsfreiheit Unbeteiligter.

Silvia Breher, frauenpolitische Sprecherin der CDU, spricht sich jedoch gegen „pauschale Be- und Verurteilungen“ aus: „Sogenannte Gehsteigbelästigungen durch Proteste oder Mahnwachen vor den Abtreibungskliniken sehe ich grundsätzlich kritisch“, sagte sie der taz. „Auf der anderen Seite ist es das grundgesetzlich geschützte Recht der Bürger, sich zu Demonstrationen zusammenzuschließen und so auf den Schutz des ungeborenen Lebens aufmerksam zu machen.“ Beide Rechte müssten daher in einen angemessenen Ausgleich gebracht werden.

Heidi Reichinnek, frauenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, geht dieser Vorstoß nicht weit genug: „Die Gehsteigbelästigungen sind nur eine besonders öffentliche Form der Einschüchterungsversuche von Betroffenen. Falschinformation, auch durch falsche Beratungsstellen, an die Schwangere geraten, Beleidigungen und Bedrohung sind Alltag.“ Sie fordert deshalb kein Verbot der Gehsteigbelästigung, sondern einen sicheren, störungsfreien und anonymen Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen.

Paus lobt den Vorstoß Bremens

Über die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen berät seit Ende März eine Expert_innen-Kommission. Bislang regelt Paragraf 218 im Strafgesetzbuch, dass ein Schwangerschaftsabbruch eine Straftat darstellt, der nur unter bestimmten Bedingungen nicht bestraft wird. Dazu gehört eine Pflichtberatung der schwangeren Person und die Durchführung bis zur 12. Schwangerschaftswoche.

Ein Jahr lang soll die Expert_innen-Kommission nun beraten. „Selbst wenn diese Kommission zügig arbeitet: Es ist doch jetzt schon unrealistisch, dass die Empfehlung in dieser Legislatur noch umgesetzt wird“, sagt Reichinnek.

Bremen will derzeit ein Landesgesetz zum Verbot von Gehsteigbelästigungen voranbringen. Einen solchen Vorstoß hält Familienministerin Lisa Paus für verständlich: „Ich finde es gut, wenn Bremen hier vorangeht“, sagt die Grünen-Politikerin. „Das bremische Gesetz stärkt über das Thema Gehsteigbelästigung hinaus eine bedarfsgerechte Versorgung. Es betrifft neben den Frauen auch die Beschäftigten und wir haben ohnehin einen Versorgungsmangel aufgrund der rechtlichen und auch tatsächlichen Rahmenbedingungen.“

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