Metalle werden knapp: Rohstoffhunger für Energiewende

Solarpaneele und Windräder brauchen mehr Metalle als das herkömmliche Energiesystem. Das könnte die Energiewende verzögern.

Der Photovoltaikpark im französischen Gardanne: Die meisten Paneelen kommen aus China, die dafür benötigten Metalle ebenso

Nicht nur Solarpaneele, sondern auch die dafür benötigten Metalle kommen aus China Foto: Jean-Paul Pelissier/rtr

CHINAG MAI taz | „Der Energiesektor entwickelt sich zu einer wichtigen Kraft auf den Mineralienmärkten“, schreibt eine Studie der Internationalen Energieagentur (IEA) aus dem vorletzten Jahr. Der Grund dafür ist simpel: Für die Stromerzeugung mit Wind und Sonne werden pro Megawatt deutlich mehr Metalle benötigt als bei einem Gaskraftwerk: Während für Letzteres gut 1 Tonne Metall (Stahl wird nicht dazugezählt) verbaut wird, sind es bei einem Solarpark rund 6 Tonnen pro Megawatt und bei einem Offshore-Windpark sogar knapp 16 Tonnen. Das Gleiche gilt für Elektroautos. Diese enthalten sechsmal mehr Metalle (ohne Stahl) als ein Auto mit Verbrennungsmotor. Um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, wird sich die Metallnachfrage aus dem Energiesektor bis zum Jahr 2040 mindestens vervierfachen und bei Lithium sogar vervierzigfachen.

Grundsätzlich ist das kein Problem, denn weltweit gibt es ausreichende Reserven der verschiedenen Metalle und es kommen ständig neue dazu. So wurden vor Kurzem in Schweden und Norwegen große Vorkommen an seltenen Erden entdeckt und in Indien große Vorkommen an Lithium. Doch von der Entdeckung bis zum Abbau dieser Vorkommen können viele Jahre vergehen. In einer Studie der Beratungsfirma McKinsey heißt es dazu: „Da es sich bei der Metall- und Bergbaubranche um einen sehr kapitalintensiven Sektor mit langer Vorlaufzeit handelt, werden Preisausschläge und Engpässe unvermeidlich sein, da die Nachfrage das Angebot übersteigt.“

Und das wiederum sei ein Problem für die Energiewende, warnt IEA-Chef Fatih Birol: „Wenn diese Schwachstellen nicht behoben werden, könnte der weltweite Fortschritt auf dem Weg zu einer sauberen Energiezukunft langsamer und kostspieliger werden – und damit die internationalen Bemühungen zur Bekämpfung des Klimawandels behindern.“

„Als Rohstofflieferant der Wirtschaft muss der Bergbausektor in einem noch nie da gewesenen Tempo wachsen, um den erforderlichen technologischen Wandel zu ermöglichen“, schreibt McKinsey. Um dieses Wachstum zu ermöglichen, seien auch die Regierungen der Welt gefragt, fordert Birol: „Die Herausforderungen sind nicht unüberwindbar, aber die Regierungen müssen klare Signale geben, wie sie ihre Klimazusagen in die Tat umsetzen wollen.“ Nur wenn die Bergbaukonzerne relativ sicher sein können, dass die Nachfrage nach ihren Produkten steigen wird, werden sie die erforderlichen Milliarden in neue Minenprojekte investieren.

Rohstoffstrategie wird dringend benötigt

Aus diesem Grund haben sowohl Deutschland als auch die EU Rohstoffstrategien entwickelt. Diese sollen zudem die Versorgung stärker diversifizieren: Aktuell entfallen auf den Kongo 70 Prozent der globalen Kobaltproduktion, auf China 60 Prozent der Produktion an seltenen Erden. Diese Konzentration erhöhe „die Risiken, die durch physische Störungen oder Handelsbeschränkungen entstehen können“, schreibt die IEA.

Mit der massiven Ausweitung des Bergbaus gehen auch Treibhausgasemissionen einher. Eine weitere Studie hat diese für den Materialbedarf des Stromsektors (ohne Elektroautos) berechnet: Bis weltweit der gesamte Strom ohne CO2-Emissionen produziert werden kann, werden der Abbau und die Verarbeitung der nötigen Rohstoffe 4 bis 29 Milliarden Tonnen an CO2 verursachen. Im Vergleich zum verbleibenden CO2-Budget der Menschheit ist das jedoch relativ wenig: Zwischen 1 und 9 Prozent dieses Guthabens müssen für den Umbau des Stromsektors genutzt werden.

Gleichzeitig entfällt aber auch ein Großteil der Emissionen aus der Verbrennung von fossilen Energieträgern. Im Jahr 2019 wurden weltweit 15 Milliarden Tonnen Kohle, Öl und Gas gefördert, wie Nat Bullard vom britischen Thinktank Bnef ausgerechnet hat. Im Vergleich dazu ist der Metallbedarf für die Energiewende selbst 2050 noch sehr gering. Er steigt von heute 0,035 auf 0,18 Milliarden Tonnen – gewichtmäßig nur gut ein Prozent der Fossilen und überdies recycelbar.

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