Niedrigwasser durch Klimakrise: Der Elbe geht das Wasser aus
Der Klimawandel treibt Niedrigwasserperioden an – die Elbe verzeichnet neue Rekord-Tiefstände. Das hat auch Auswirkungen auf die Schifffahrt.

„Ein klares Zeichen, dass der Klimawandel die Elbe bereits verändert hat“, sagt Felix Ekardt, Nachhaltigkeitsforscher und Vorsitzender des BUND Sachsen. Niedrigwasserperioden nähmen mit der Erderwärmung deutlich zu, der Elbe geht das Wasser aus. „Güterschifffahrt lohnt sich nicht mehr und sie wird vor allem unzuverlässig“, erklärt Ekardt im Gespräch mit der taz. Für Gütertransporte sein 1,40 Meter Wasserstand notwendig, im ersten Halbjahr sei dieser Wert zwischen der Grenze zu Tschechien und Magdeburg dieses Jahr an 122 Tagen unterschritten gewesen.
Der Hafen Dömitz in Mecklenburg-Vorpommern ist aktuell trockengefallen, dort kann nicht einmal mehr die Wasserschutzpolizei auslaufen. Allerdings dürfte das kein Problem sein: Auf der Elbe sind aktuell allenfalls Paddler unterwegs. Die meisten Fähren haben ihren Dienst eingestellt, was für viele Anwohner erhebliche Umwege mit sich bringt.
Deshalb fordert der BUND die Politik zum Umdenken auf: „Zwischen 2013 und 2022 wurden 430 Millionen Euro für die Wasserstraße Elbe aufgewendet, Geld, das sinnvoller investiert werden kann.“ In Riesa planen der Freistaat Sachsen und die Sächsischen Binnenhäfen Oberelbe GmbH, ein neues Terminal für Schiffscontainer zu bauen.
Geschäftsführer Heiko Loroff beziffert die Kosten auf 35 Millionen Euro: „Der Standort Riesa gehört laut Bundesverkehrsministerium zu den wichtigsten Hinterlandanbindungen an die Seehäfen.“ Ekardt fordert, solche Pläne aufzugeben, denn seit dem Jahr 2020 seien auf der Elbe überhaupt keine Container mehr transportiert worden: „Ein Containerhafen ohne Containerschiffe – das wirkt wie ein schlechter Witz.“
Auch andere Wasserwege leiden unter Niedrigwasser
Tatsächlich gehen die Transportmengen, die per Schiff in Deutschland bewegt werden, seit Jahren zurück. Vor der Coronapandemie lag die Menge 2019 noch bei 205 Millionen Tonnen, im vergangenen Jahr sank sie auf rund 174 Millionen. Ein Grund für den Rückgang ist, dass wegen des Ausbaus der Erneuerbaren immer weniger Kohle in den Kraftwerken benötigt wird. Ein anderer: Es fehlen Mitarbeiter, den Binnenschiffen gehen die Skipper aus.
Auch der Klimawandel dürfte ein Grund sein: Nie hat es zwischen Februar und Juni in Deutschland so wenig geregnet wie in diesem Jahr, auch andere Wasserwege leiden unter Niedrigwasser. Auf dem Rhein – neben dem Nord-Ostsee-Kanal Deutschlands wichtigste Wasserstraße – konnten in diesem Jahr Schiffe wegen Niedrigwasser nur mit halber, teils sogar nur mit 25 Prozent ihrer normalen Fracht fahren.
Eine Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung hatte ergeben, dass die globale Erwärmung es wahrscheinlicher macht, dass Wetterlagen in den Sommermonaten auf der Nordhalbkugel länger anhalten, was dann zu mehr extremen Wetterereignissen führt – sowohl Dürre als auch Starkregen.
Folgen des Flussausbaus
Die Schifffahrt auf der Elbe trägt zur deutschen Mengenbilanz ohnehin nichts mehr bei, wie Felix Ekardt sagt: „In den Häfen der Sächsischen Binnenhäfen Oberelbe GmbH wurden in den letzten Jahren nur noch rund 0,1 Millionen Tonnen umgeschlagen.“ Zudem habe der Flussausbau schwere ökologische Folgen, „eine eingetiefte Elbe beschleunigt die Wasserableitung – und verschärft damit die Dürre in den umliegenden Gebieten“.
Auch die bei Děčín geplante Staustufe hält Eckardt für „unsinnig: Wozu stauen, wenn die Schiffe wegen Wassermangels gar nicht bis dahin kommen?“ Der Abschluss des grenzüberschreitenden Verfahrens zur Prüfung der Umweltverträglichkeit ist bis 2027 geplant.
Unterdessen hat sich in dieser Woche ein „Parlamentskreis Binnenschifffahrt und Binnenhäfen“ im Deutschen Bundestag konstituiert, der sich für die Belange der Binnenschifffahrt und der Binnenhäfen starkmachen will. In den nächsten vier Jahren will der Bund 400 Millionen Euro in die Binnenschifffahrt investieren, das Geld soll aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) kommen. Der Parlamentarierkreis will sich für zusätzliche Mittel aus dem Sondervermögen einsetzen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
„Boomer-Soli“
Gib die Renten-Kohle her, Boomer!
Petition für Schwangerschaftsabbrüche
Christdemokrat appelliert an CDU
Religiöse Fußballspielerinnen
God first
Gezerre um Verfassungsrichter*in-Posten
Ein Rückzug wäre das falsche Signal
Wohnkostendebatte beim Bürgergeld
Nur mehr Sozialwohnungen würden helfen
Verschobene Wahl von Brosius-Gersdorf
Grüne wollen mit am Tisch sitzen