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Niedrigwasser durch KlimakriseDer Elbe geht das Wasser aus

Der Klimawandel treibt Niedrigwasserperioden an – die Elbe verzeichnet neue Rekord-Tiefstände. Das hat auch Auswirkungen auf die Schifffahrt.

Für manche ist der schmalere Fluss praktisch: Rinder nutzen das flache Wasser am Ufer der Elbe und nehmen ein Bad oder trinken Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Berlin taz | „Wenn du mich siehst, dann weine!“ Diese Aufschrift trägt der Děčíner Hungerstein, eines der ältesten hydrologischen Denkmäler an der Elbe in Tschechien. Dieser Tage ist er wieder trockengefallen, der Elbe fehlt das Wasser. Stromab, in Magdeburg, wurde sogar ein neuer Rekordpegel gemessen: 44 Zentimeter. Zum Vergleich: Eine Seite der taz ist 48 Zentimeter hoch. Normal sind an der Magdeburger Strombrücke 1,54 Meter, beim letzten großen Hochwasser im Juni 2013 wurden hier 7,48 Meter gemessen. Der bisherige Negativrekord stammt aus dem Jahr 2019, damals lag der Pegel bei 45 Zentimetern.

„Ein klares Zeichen, dass der Klimawandel die Elbe bereits verändert hat“, sagt Felix Ekardt, Nachhaltigkeitsforscher und Vorsitzender des BUND Sachsen. Niedrigwasserperioden nähmen mit der Erderwärmung deutlich zu, der Elbe geht das Wasser aus. „Güterschifffahrt lohnt sich nicht mehr und sie wird vor allem unzuverlässig“, erklärt Ekardt im Gespräch mit der taz. Für Gütertransporte sein 1,40 Meter Wasserstand notwendig, im ersten Halbjahr sei dieser Wert zwischen der Grenze zu Tschechien und Magdeburg dieses Jahr an 122 Tagen unterschritten gewesen.

Der Hafen Dömitz in Mecklenburg-Vorpommern ist aktuell trockengefallen, dort kann nicht einmal mehr die Wasserschutzpolizei auslaufen. Allerdings dürfte das kein Problem sein: Auf der Elbe sind aktuell allenfalls Paddler unterwegs. Die meisten Fähren haben ihren Dienst eingestellt, was für viele Anwohner erhebliche Umwege mit sich bringt.

Deshalb fordert der BUND die Politik zum Umdenken auf: „Zwischen 2013 und 2022 wurden 430 Millionen Euro für die Wasserstraße Elbe aufgewendet, Geld, das sinnvoller investiert werden kann.“ In Riesa planen der Freistaat Sachsen und die Sächsischen Binnenhäfen Oberelbe GmbH, ein neues Terminal für Schiffscontainer zu bauen.

Geschäftsführer Heiko Loroff beziffert die Kosten auf 35 Millionen Euro: „Der Standort Riesa gehört laut Bundesverkehrsministerium zu den wichtigsten Hinterlandanbindungen an die Seehäfen.“ Ekardt fordert, solche Pläne aufzugeben, denn seit dem Jahr 2020 seien auf der Elbe überhaupt keine Container mehr transportiert worden: „Ein Containerhafen ohne Containerschiffe – das wirkt wie ein schlechter Witz.“

Auch andere Wasserwege leiden unter Niedrigwasser

Tatsächlich gehen die Transportmengen, die per Schiff in Deutschland bewegt werden, seit Jahren zurück. Vor der Coronapandemie lag die Menge 2019 noch bei 205 Millionen Tonnen, im vergangenen Jahr sank sie auf rund 174 Millionen. Ein Grund für den Rückgang ist, dass wegen des Ausbaus der Erneuerbaren immer weniger Kohle in den Kraftwerken benötigt wird. Ein anderer: Es fehlen Mitarbeiter, den Binnenschiffen gehen die Skipper aus.

Auch der Klimawandel dürfte ein Grund sein: Nie hat es zwischen Februar und Juni in Deutschland so wenig geregnet wie in diesem Jahr, auch andere Wasserwege leiden unter Niedrigwasser. Auf dem Rhein – neben dem Nord-Ostsee-Kanal Deutschlands wichtigste Wasserstraße – konnten in diesem Jahr Schiffe wegen Niedrigwasser nur mit halber, teils sogar nur mit 25 Prozent ihrer normalen Fracht fahren.

Eine Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung hatte ergeben, dass die globale Erwärmung es wahrscheinlicher macht, dass Wetterlagen in den Sommermonaten auf der Nordhalbkugel länger anhalten, was dann zu mehr extremen Wetterereignissen führt – sowohl Dürre als auch Starkregen.

Folgen des Flussausbaus

Die Schifffahrt auf der Elbe trägt zur deutschen Mengen­bilanz ohnehin nichts mehr bei, wie Felix Ekardt sagt: „In den Häfen der Sächsischen Binnenhäfen Oberelbe GmbH wurden in den letzten Jahren nur noch rund 0,1 Millionen Tonnen umgeschlagen.“ Zudem habe der Flussausbau schwere ökologische Folgen, „eine eingetiefte Elbe beschleunigt die Wasserableitung – und verschärft damit die Dürre in den umliegenden Gebieten“.

Auch die bei Děčín geplante Staustufe hält Eckardt für „unsinnig: Wozu stauen, wenn die Schiffe wegen Wassermangels gar nicht bis dahin kommen?“ Der Abschluss des grenzüberschreitenden Verfahrens zur Prüfung der Umweltverträglichkeit ist bis 2027 geplant.

Unterdessen hat sich in dieser Woche ein „Parlamentskreis Binnenschifffahrt und Binnenhäfen“ im Deutschen Bundestag konstituiert, der sich für die Belange der Binnenschifffahrt und der Binnenhäfen starkmachen will. In den nächsten vier Jahren will der Bund 400 Millionen Euro in die Binnenschifffahrt investieren, das Geld soll aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) kommen. Der Parlamentarierkreis will sich für zusätzliche Mittel aus dem Sondervermögen einsetzen.

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1 Kommentar

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  • "In den nächsten vier Jahren will der Bund 400 Millionen Euro in die Binnenschifffahrt investieren, das Geld soll aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) kommen. Der Parlamentarierkreis will sich für zusätzliche Mittel aus dem Sondervermögen einsetzen."



    Der ganze Komplex ist ökologisch eher wie ein "Teufelskreis". Die Erwärmung d. Gewässer ist ein Problem, die Zerstörung d. Uferlandschaft ebenso. Wahrscheinlich wäre ein Kanalnetzausbau die bessere Lösung gewesen.



    Ein Beispiel aus d. letzten Jahrhundert:



    www.gdws.wsv.bund....Kanalnetz/ESK.html

    "Flusssedimente haben sich als eine wichtige Komponente des aquatischen Ökosystems erwiesen. Sie sind ein wesentlicher und integraler Bestandteil von Flüssen und ihren hochwasserbedingten Uferstrukturen. Sie haben eine zentrale Funktion für die Dynamik, Produktivität und Vielfalt von Gewässern. Jedoch haben Sedimente auch die Eigenschaft, Schadstoffe dauerhaft oder auch nur zeitweise zu speichern. Aufgrund der möglichen Remobilisierung der feinkörnigen Fraktion, die häufig aus frisch abgelagerten kontaminierten Schwebstoffen besteht, können kontaminierte..."



    elsa-elbe.de