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Beobachtung durch VerfassungsschutzAfD ist extremistischer Verdachtsfall

Das Bundesverwaltungsgericht lehnt die Beschwerde der AfD gegen ihre Einstufung als „extremistischer Verdachtsfall“ ab. Revision ist nicht vorgesehen.

Die AfD ist extremistisch und sie ist ihre Fratze mit weiß-brauner Weste Foto: Hannibal Hanschke/epa

Freiburg taz | Die Einstufung der AfD als extremistischer „Verdachtsfall“ ist rechtskräftig. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig lehnte jetzt den Antrag der AfD auf Durchführung einer Revision ab. An anderer Stelle geht es aber längst um die Frage, ob die AfD sogar „gesichert rechtsextremistisch“ ist.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat im März 2022 die AfD zum rechtsextremistischen Verdachtsfall erklärt. Dagegen klagte der AfD-Bundesverband – allerdings durchgehend ohne Erfolg. Die Einstufung wurde sowohl vom Verwaltungsgericht (VG) Köln als auch vom Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster bestätigt.

Das OVG Münster erklärte im Mai 2024, es gebe Anhaltspunkte, dass sich die Politik der AfD gegen die Menschenwürde bestimmter Gruppen und das Demokratieprinzip richte. So wollten maßgebliche Teile der Partei den ­Deutschen mit Migrationshintergrund „nur einen rechtlich abgewerteten Status zuerkennen“.

Da das OVG keine Revision zuließ, legte die AfD eine Nichtzulassungsbeschwerde ein. Der 369-seitige Schriftsatz enthielt 18 Grundsatzrügen, 8 Divergenzrügen (wegen angeblicher Abweichung von bisheriger Rechtsprechung) und monierte 25 vermeintliche Verfahrensfehler.

Beschwerde abgelehnt

So erinnerten die AfD-Anwälte an das sogenannte Parteienprivileg. Danach darf eine Partei nur durch das Bundesverfassungs­gericht verboten werden, bis dahin seien keine behördlichen Maßnahmen gegen eine Partei möglich. Die öffentliche Bekanntgabe einer Einstufung als Verdachtsfall verstoße gegen das Parteienprivileg, argumentierte die AfD.

Das Bundesverwaltungsgericht lehnte die AfD-Beschwerde nun aber in vollem Umfang ab. Der Beschluss stammt schon vom 20. Mai, wurde vom Gericht aber erst am Dienstagabend bekannt gemacht, und auch das nur im Ergebnis. Die rund 80-seitige Begründung will das Gericht – trotz der zweimonatigen Vorbereitungszeit – erst in einigen Tagen veröffentlichen. Sicher ist aber jetzt schon: Es wird keine Revision geben, das Urteil des OVG Münster ist damit rechtskräftig.

Die AfD prüft noch eine Verfassungsbeschwerde und wird diese vermutlich auch einlegen. So kann die AfD weiterhin darauf verweisen, dass das Verfahren noch nicht endgültig abgeschlossen ist. Die Erfolgschancen in Karlsruhe dürften jedoch gering sein. So hat das Bundesverfassungsgericht schon mehrfach entschieden, dass die Beobachtung und Stigmatisierung einer Partei nicht gegen das Parteienprivileg verstößt.

Das öffentliche Interesse gilt aber längst einem anderen Rechtsstreit. Im Mai dieses Jahres hat das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD zur „gesichert rechtsextremistischen Bestrebung“ erklärt. Nachdem die AfD dagegen postwendend beim Verwaltungsgericht Köln geklagt hatte, setzte das Bundesamt die Einstufung aus und gab eine „Stillhaltezusage“ bis zur Entscheidung des VG Köln. Wann das VG Köln – zunächst im Eilverfahren – entscheidet, ist noch nicht absehbar.

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1 Kommentar

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  • Danke für die gute und präzise Zusammenfassung. Nur eine Ergänzung: Die AfD kann natürlich Verfassungsbeschwerde einlegen. Wenn die AfD aber behaupten will, das Verfahren sei nicht abgeschlossen, ist das falsch. Da das BVerfG keine Superrevisionsinstanz (den schönen Begriff haben wir mal im Studium gelernt) ist . Sprich: Die Entscheidung ist rechtskräftig, Verfassungsbeschwerde hin oder her. Der (inhaltliche und politische) Fokus liegt jetzt aber auf der nächsten Stufe (gesichert rechtsextrem), wie Herr Rath ja auch schreibt