piwik no script img

Korruptionsprozess in FrankreichSchmiergeld-Vorwürfe gegen Kulturministerin Rachida Dati

Frankreichs Kulturministerin Rachida Dati will Pariser Bürgermeisterin werden. Nun wird sie angeklagt, weil sie illegale Gelder angenommen haben soll.

Will Bürgermeisterin von Paris werden, doch wird der Schmierung beschuldigt: Rachida Dati Foto: Abdul Saboor/Reuters

Paris taz | Die französische Kulturministerin Rachida Dati kommt wegen Korruptionsverdachts vor Gericht. Sie wird beschuldigt, in den Jahren 2010 bis 2013 als EU-Abgeordnete in illegaler Weise Lobbying für den Automobilkonzern Renault betrieben und dafür vom damaligen Konzernchef Carlos Ghosn 900.000 Euro erhalten zu haben. Dati weist die Vorstellung, sie habe vom ebenfalls angeklagten Ghosn Schmiergelder erhalten, empört zurück und beruft sich auf die Unschuldsvermutung.

Wie immer, wenn sie sich angegriffen fühlt, geht Dati mit doppeltem Eifer zum Gegenangriff über. Sie attackiert die Untersuchungsrichter und beschuldigt ihre politischen Gegner im Voraus, ihre Probleme mit der Justiz „instrumentalisieren“ zu wollen.

Der Prozesstermin wird im September festgelegt. Vergeblich hatte sie bisher versucht, mit allen erdenklichen Beschwerden und Einwänden die Anklage zu vermeiden. Dati hat es sich also selber zuzuschreiben, dass die Ankündigung eines Gerichtsverfahrens jetzt für sie im politisch ungünstigsten Moment kommt.

Sie will für einen frei gewordenen Platz als Pariser Abgeordnete der Nationalversammlung kandidieren und ist mit der Konkurrenz von Ex-Premierminister Michel Barnier, einem konservativen „Parteifreund“, konfrontiert.

Dati galt als klare Favoritin, doch ein Gerichtstermin wegen Korruption macht sich schlecht auf der Visitenkarte. Die Nachwahl in Paris ist notwendig geworden, weil die Wahl von Datis rechter Hand, Jean Laussucq, von 2024 wegen „Unregelmäßigkeiten“ bei der Kampagnenfinanzierung für ungültig erklärt wurde.

Ambitionen auf Bürgermeisteramt

Vor allem aber will Dati unbedingt im März 2026 bei den Kommunalwahlen Oberbürgermeisterin von Paris werden. Seit Jahren lief sie im Stadtrat und in den Medien Sturm gegen die linke Amtsinhaberin Anne Hidalgo, die selber nicht mehr antritt.

Das derzeitige Ministeramt und auch die Kandidatur für den Abgeordnetensitz im Oktober sollten bloß Etappen auf dem Siegeszug ins Pariser Rathaus sein. Mit Präsident Emmanuel Macron hatte sie einen Deal abgeschlossen: Sie trat in die Regierung ein, sollte aber dafür nicht nur von der konservativen Rechten, sondern auch von den Macronisten im Kampf um das Bürgermeisteramt unterstützt werden.

Dati wuchs in einem Vorort von Lyon auf, sie konnte sich mit Beziehungen nach oben boxen und sich dabei wenig Skrupel leisten. Endlich schien die von ihr angestrebte Nachfolge ihrer Erzfeindin Hidalgo in greifbarer Nähe. Dies war seit Jahren ihr erklärtes Lebensziel.

Nun aber könnte ihr Prozess ausgerechnet kurz vor oder während der heißen Wahlkampfphase stattfinden. Im Lager der Macronisten, wo es mit Ex-Premier Gabriel Attal und Ex-Minister Clément Beaune mögliche Anwärter auf eine Kandidatur für Paris gibt, wachsen die Zweifel. Hat Macron mit der extrem ehrgeizigen, aber als Person und Politikerin unberechenbaren Dati auf die richtige Karte gesetzt?

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Zu schön, wenn die Anklage zu Erfolg führt. Das pikante, es geht um die Tätigkeit im EU Parlament und da zieht jeder sofort hier Vergleiche zu Marine (auch wenn hier nicht EU Gelder).

  • Tja, von der Autolobby ist mehr Geld zu erwarten als von der Fussgänger-, Radfahrer- und Kinderlobby.



    Ich warte auf den entsprechenden Korruptionsskandal.