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GerrymanderingWenn sich US-Politiker die Wahlkreise zurechtbiegen

Vor den nächsten Wahlen will US-Präsident Donald Trump die Wahlkreise manipulieren. Manche Demokraten wollen zum gleichen Mittel greifen.

In Texas will Trump die Wahlkreise anpassen, um seinen Sieg zu sichern Foto: Scott W. Coleman/Imago

Texas taz | Im November 2026 stehen in den USA die nächsten Wahlen an. In den sogenannten Midterm-Elections geht es um die Machtverhältnisse im US-Kongress. Historisch gesehen schneidet die Partei besser ab, die gerade nicht an der Macht ist. Im aktuellen Fall wären diese die Demokraten. US-Präsident Donald Trump und die republikanische Partei wollen dies natürlich verhindern und schrecken auch nicht davor zurück, kontroverse Methoden anzuwenden.

Trump, der am Dienstag seinen Schottlandaufenthalt beendet, hat deshalb vor Kurzem dafür plädiert, die Wahlkreise in republikanisch dominierten Bundesstaaten so umzugestalten, dass ein Wahlsieg der eigenen Partei in den neugestalteten Wahlkreisen praktisch garantiert wäre. Diese Manipulation der Wahlkreise aus rein politischen Gründen wird in den USA als „Gerrymandering“ bezeichnet.

Es ist eine Methode, die in der Vergangenheit sowohl von Demokraten als auch Republikanern angewandt wurde. Ein Verlust der republikanischen Mehrheit im US-Kongress im nächsten Jahr könnte Trumps Agenda zur Halbzeit seiner Amtszeit zum Erliegen bringen.

Der erste Bundesstaat, auf den es Republikaner abgesehen haben, ist Texas. Dort hoffen sie, mit einer Neugestaltung der Wahlkreise bis zu fünf Kongresssitze hinzuzugewinnen. Sollte die geplante Veränderung der Wahlkreise in Texas Erfolg haben und möglichen rechtlichen Klagen standhalten, könnte weitere Staaten folgen.

Im Nachgang der Katastrophe

„In einigen anderen Bundesstaaten könnten noch drei, vier oder fünf (Sitze) hinzukommen. Texas wäre der größte“, sagte Trump kürzlich zu Reportern. Die texanische Landesregierung, die nach den verheerenden Überschwemmungen in diesem Monat eine Sondersitzung einberufen hatte, diskutiert derzeit über eine mögliche Neugestaltung der Wahlkreise.

Der texanische Gouverneur Greg Abbott hatte das Wahlkreisthema auf die Agenda der Sondersitzung gesetzt, nachdem das US-Justizministerium in einem Schreiben Bedenken bezüglich vier aktueller Wahlkreise geäußert hatte. Laut dem Schreiben seien vier der insgesamt 38 Wahlkreise in Texas nicht verfassungskonform. Alle vier Wahlkreise sind in demokratischer Hand.

Normalerweise werden Wahlkreise alle zehn Jahre aufgrund der sich verändernden Bevölkerungszahlen neugestaltet. Auf Bundesebene gibt es kein Gesetz, das eine vorzeitige Umgestaltung der Wahlkreise auch vor der nächsten Volkszählung verbieten würde.

Um dem politischen Gerrymandering allerdings Einhalt zu gebieten, haben mehrere Bundesstaaten den Prozess der Wahlkreisgestaltung in den vergangenen Jahren an eine unabhängige Kommission übergeben. Meistens ist jedoch die jeweils amtierende Regierung des Bundesstaats für die Wahlkreisgestaltung zuständig.

Demokraten legen nach

„Wenn man es den Republikanern und Donald Trump erlaubt, unsere Demokratie zu betrügen, dann gibt es für uns nirgendwo in diesem Land Hoffnung“, sagte der demokratische Landtagsabgeordnete Gene Wu der Texas Tribune.

Die Diskussion über Wahlkreise in Texas hat unter Demokraten für viel Gesprächsstoff gesorgt. Geht es nach dem demokratischen Gouverneur Gavin Newsom aus Kalifornien, dann sollten Demokraten mit den gleichen Mitteln zurückschlagen.

Newsom will deshalb auch in Kalifornien die Wahlkreise neu ziehen. Er bezeichnete die jetzige Situation als eine Gefahr für die Demokratie in den Vereinigten Staaten. „Alles steht auf dem Spiel, wenn wir nächstes Jahr nicht erfolgreich sind und das Repräsentantenhaus zurückerobern“, sagte Newsom.

Auch andere Demokraten wie die Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez oder der frühere texanische Abgeordnete Beto O’Rourke zeigen sich dazu bereit, Wahlkreise so zu verändern, um politisches Kapital daraus zu schlagen. „Demokraten ist es wichtiger, recht zu haben, als an der Macht zu sein. Das müssen wir ändern. Wir müssen uns unerbittlich darauf konzentrieren, die Macht zu gewinnen“, sagte O’Rourke.

„Verabscheuungswürdige“ Vorgehensweise

Andere befürchten, dass ein „Gerrymandering-Wettrüsten“ auch nach hinten losgehen könnte. „Ich hasse es“, sagte der kalifornische Abgeordnete Jared Huffman, der den Akt des Gerrymandering als „verabscheuungswürdig“ bezeichnete.

Wie es in der Debatte weitergehen wird, hängt davon ab, ob Texas die geplante Neugestaltung seiner Wahlkreise auch wirklich vollziehen wird. Die Sondersitzung im texanischen Landtag darf nicht länger als 30 Tage andauern, spätestens Ende August sollte deshalb Klarheit herrschen, wie die Wahlkreise in Texas in Zukunft aussehen werden. Danach könnte ein Wettrüsten beginnen.

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