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Geburtstagsgruß an J. K. RowlingAusschluss aus der Zaubergemeinschaft

Kommentar von Raweel Nasir

Joanne K. Rowling, Erfinderin der Harry-Potter-Welt, wird 60 Jahre alt. Unsere Autorin wünscht der Anti-Transaktivistin einen Sinneswandel.

Würde Dumbledore die weltberühmte Autorin noch nach Hogwarts lassen? Foto: Image courtesy Ronald Grant/Mary Evans/getty images

L iebe Joanne Kathleen Rowling, heute ist Ihr 60. Geburtstag, eigentlich ein Anlass zu fragen, was Sie sich wünschen, aber angesichts Ihres geschätzten Vermögens von rund 1 Milliarde US-Dollar haben Sie ja genügend Geld, um sich viele Wünsche selbst zu verwirklichen. Nicht nur materielle Wünsche kann man sich mit viel Geld ermöglichen, sondern auch Einfluss auf Politik. In diesem Sinne sind Sie ja selbst auch eine echte Zauberin.

Innerhalb kürzester Zeit haben Sie daran mitgewirkt, das Leben für trans Personen in eine Zelle in Askaban zu verwandeln. Wo wir davor noch auf einem guten Weg waren, Transrechte zu erkämpfen, haben Sie mit Ihrer fortgeschrittenen Zauberkunst – sehr viel Geld, Einflussnahme und Vernetzung mit Kreaturen der Unterwelt (Terfs An­ti­fe­mi­nis­t:in­nen und andere Rechte) – Anliegen und Projekte verhindern können.

Etwa in Großbritannien wurde Mitte April die Definition, wer vor dem Gesetz als Frau gilt, reduziert. Jetzt gelten nur noch cis Frauen als Frauen und trans Frauen werden gänzlich exkludiert. Jahrzehntelange Kämpfe und Fortschritte? Einfach „weggezaubert“. Anschließend feierten Sie Ihren Erfolg auf der Plattform X in wahrer Voldemortmanier, Zigarre rauchend und Wein trinkend auf einer Yacht. Die Überschrift lautete: „Ich liebe es, wenn ein Plan aufgeht.“

International hat Ihr Handeln Vorbildcharakter für Pol­ti­ke­r:in­nen über 50.

Großzügigerweise möchten Sie jetzt noch eine Organisation gründen, bei der Menschen Geld für transfeindliche Gerichtsprozesse beantragen können. Finanziert wird das Ganze aus Ihrem eigenen Privatvermögen.

Gemeinsame Sache mit Musk

Ein paar „Flüchtigkeitsfehler“ sind Ihnen aber ja leider auch passiert. Die öffentliche Hetze gegen die algerische Olympiasiegerin Imane Khelif und die sambische Fußballspielerin gemeinsam mit Menschen wie Elon Musk. Was Musk und Sie in Ihren Anfeindungen allerdings vergessen haben, ist, dass diese Frauen gar nicht trans sind und ihnen lediglich aufgrund herausragender sportlicher Leistungen eine falsche Transidentität zugeschrieben wurde. Ganz nach dem Motto, wer so gut spielt oder boxt, kann gar keine Frau sein.

Wie passt denn das mit Ihrem feministischen Anspruch zusammen? Und wenn wir schon mal bei Feminismus sind. Eine feministische Grundidee ist es doch zu sagen, egal welchen Körper ich habe, kann ich alles sein und machen, wie ich will. Diesen Sportlerinnen sprechen Sie aufgrund phänotypischer Merkmale das Frausein ab.

Noch mehr Harry Potter-Content

Was Ihr kreatives Handeln angeht, erscheint 2027 eine neue Verfilmung der „Harry Potter“-Reihe, gerade wird sie gedreht. Dieses Mal als Serie bei HBO, derselbe Sender, der Sie aufgrund Ihrer Transfeindlichkeit von der „Harry Potter Reunion“ ausgeschlossen hat. HBO verfolgt also eine lukrative Strategie: Immer, wenn es kein Geld bringt, werden Sie exkludiert, und wenn etwas Millionen Einschaltquoten bringt, dann wird selbst Symbolpolitik über Board geworfen.

Was lösen diese Entscheidungen in Ihnen aus? Nimmt Sie das mit? Herzlichen Glückwunsch übrigens, Sie haben es bereits vor Erscheinen der Serie geschafft, wegen Ihrer transfeindlichen Kampagnen viele Menschen erneut gegen sich aufzubringen. Damit wir alle, auch Harry-Potter-Fans, die Serie nicht schauen und Sie nicht mit noch mehr Geld unterstützen. Gut, dass es HBO immer nur ums Geld ging, ist spätestens nach der zweiten Staffel „And Just Like That“, des sehr mittelmäßigen Reboots von „Sex And The City“, für niemanden mehr eine große Überraschung.

Frau Rowling, Sie können sich wirklich auf die Schulter klopfen. Denn auch international hat Ihr Handeln Vorbildcharakter für Pol­ti­ke­r:in­nen über 50. Donald Trump, Elon Musk, Friedrich Merz und Julia Klöckner haben ebenfalls der queeren Community den Kampf angesagt.

Aber lassen wir uns an Ihrem Geburtstag nicht nur die Ihre vergangenen Erfolge bei der Einschränkung der Transrechte feiern, sondern auch mal nach vorn schauen. Wie wollen Sie in Zukunft weitermachen? Ruhen Sie sich, wie von der trans Community gewünscht und erhofft, auf Ihren Erfolgen aus und ziehen sich zurück? Oder ist dies nur der Anfang von weiteren, noch besser organisierten Angriffen? Wir für unseren Teil möchten Sie mit diesem Brief gerne aus der Zaubergemeinschaft ausschließen.

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14 Kommentare

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  • Ganz schlechter Stil.



    Vergiftete Geburtstagsgrüße.



    Soll das das bessere gesellschaftliche Miteinander sein?



    Wer nicht ins Weltbild passt oder für die gleiche Überzeugung kämpft wird aus der "Zaubergemeinschaft", ergo Gesellschaft, ausgeschlossen?



    Wo ist da der Unterschied zur jetzigen Gesellschaft?



    Ich sehe hier keinen Kampf für eine 'bessere' Gesellschaft, es geht nur um Deutungshoheit. Bestimmen wollen, welches Gesellschaftsbild richtig und falsch ist.



    Das, liebe Raweel Nasir, möchte ich mir aber von niemandem vorschreiben lassen. Nicht von rechts, nicht von links, nicht von trans, nicht von egal wem.

  • Eine Schmähschrift zum 60ten, das gelingt auch nicht jede*r! (vielleicht hat sie ja doch einen Nerv getroffen?)



    .



    Von mir jedenfalls herzliche Glückwünsche, ganz ohne Häme!



    .



    P.s. eine geradezu zauberhafte Zeitreise eröffnet die Frage unter dem Foto oben 》Würde Dumbledore die weltberühmte Autorin noch nach Hogwarts lassen?《



    .



    Das ist nicht nur ein bisschen wie das Paradox, in die Vergangenheit zu reisen und dort seinen Urgroßvater als jungen Mann zu erschießen, sondern auch in Bezug auf die queere Community weltweit faszinierend: denn erst durch sein Outing durch Rowling 2007 abcnews.go.com/Ent...?id=3755544&page=1 gehört Dumbledore ja überhaupt dazu!

  • Das klingt so, als hätte Rowling höchstpersönlich ein Urteil des höchsten britischen Gerichts beeinflusst. Alles klar. Vielleicht wäre es bisweilen angebracht, wieder in die inhaltliche Auseinandersetzung zu gehen.

  • Ich verstehe, dass die Autorin Rowling kritisiert - aber was hat dies mit ihrem 60. Geburtstag zu tun?



    Feindliche Geburtstagsgrüße - so etwas macht man einfach nicht.

    • @Paul Schmitt:

      Sollte man nicht eher Frau Rowling kritisieren, die einer nachweislich stark benachteiligten Minderheit das Leben noch schwerer macht?

    • @Paul Schmitt:

      Woher kommt dieser Anspruch bei erklärten Menschenfeinden Zurückhaltung und vermeintlich gute Sitten priorisieren zu müssen?

      Das erinnert mich an den Tod von Wolfgang Schäuble. Da haben sich auch viele Leute über negative Nachrufe echauffiert. Wer sich über lange Zeit und mit Überzeugung als Menschenfeind bekannt macht, verdient keine Nettigkeit.

    • @Paul Schmitt:

      Ehm... doch?



      Putin, Trump oder Orban verdienen auch feindliche Geburtstagsgrüße aufgrund von Menschenrechtsverbrechen.

  • Darf hier jemand sich zu Wort melden, der nie im Leben 'Harry Potter', weder in Büchern noch in Filmen, verkonsumiert hat?



    Vielleicht schon, denn ich empfand von Anfang an ein tiefsitzendes Misstrauen gegen die überbordende, maßlose Vermarktung. Mag sein, das ist ein Vorurteil. Meine Vorbehalte anfangs gegen Umberto Ecos 'Namen der Rose' konnte ich in dem Maß überwinden, in dem dieses Buch in den Ruf geriet, es sei zu schwere Kost - nachdem doch die Verfilmung mit Sean Connery so viel Zulauf erhalten hatte. Um so packender fand ich es dann, das Buch zu lesen.



    Aber die schlangestehenden Fans bei 'Harry Potter' in den Buchhandlungen und vor den Kinosälen schreckten mich ebenso ab wie - der Personenkult um sie Autorin.



    Und nun, nachdem ich diesen taz-Artikel gelesen habe, fühle ich mich in meinen Vorurteilen gegenüber Joanne Kathleen Rowling bestätigt. Leider.



    Und ich frage ihre Leser*innen:



    Lohnt es sich trotzdem (für einen gealterten Leser wie mich...), von diesem Zauberlehrling Harry etwas zu lesen?

    • @Auweiowei:

      Unbedingt! Die Bücher sind großartig, und die Autorin auf ihre - wahre oder vermeintliche - Transfeindlichkeit zu reduzieren, wird ihr nicht gerecht. Im Übrigen war Harry Potter keineswegs von Anfang an ein Selbstläufer: Das Manuskript wurde zunächst von mehreren Verlagen abgelehnt. Ich habe die Bücher meinem Sohn vorgelesen, bis er selbst lesen konnte, und würde sie auch jederzeit wieder mit meinen Enkelkindern lesen.

  • Als Buchhändlerin hat mich schon beim geschickt über mehrere Jahre gestreckten Erscheinen der Potter-Reihe der Hype um die Bücher und das aufwändige Marketing darum herum abgestoßen. Ich habe deshalb die Bücher bis heute nicht gelesen und mir auch keine der Verfilmungen angesehen. Soweit keine Enttäuschung meinerseits über die Autorin, die ich von Beginn an vor allem für geschäftstüchtig gehalten habe.



    Mir scheint Rowling eine ähnliche Entwicklung wie Alice Schwarzer durchgemacht zu haben, von ehemals feministisch-progressiven zu konservativen bis reaktionären Positionen gewechselt zu sein.



    Dramatisch ist, dass Leute wie Rowling ihre Standpunkte nicht mehr nur auf irgendwelchen Podien exklusiver literarischer Zirkel zum Besten geben, sondern mit ihrem Geld auch zunehmend die Macht haben, den Diskurs und im Ergebnis die Politik zu beeinflussen.

    • @Klabauta:

      "...bis heute nicht gelesen und mir auch keine der Verfilmungen angesehen. (...) von ehemals feministisch-progressiven zu konservativen bis reaktionären Positionen gewechselt..."



      Urteil aufgrund Gerüchten. Nicht schlecht für eine belesene Buchhändlerin.



      Zeigt mal wieder, dass man auf das Urteil von Fachleuten nicht unbedingt was geben muss.

    • @Klabauta:

      Wenn Sie Buchhändlerin sind, kann ich Ihren Abscheu über den Harry-Potter-Hype nicht nachvollziehen. Sie hätten doch davon profitieren müssen und bekommen weitaus mehr Kunden in den Laden, die sonst vielleicht nie gekommen wären. Nur weil viele Menschen von einem Genre/Buchreihe begeistert sind, müssen diese ja nicht schlecht sein.



      Ich fand die Bücher toll, ebenso die Verfilmungen, wenn diese auch teilweise zu stark gekürzt sind und freue mich auf die neue Serienadaption von HBO, wo jeder Band eine Staffel bekommt und somit die Kürzungen sich hoffentlich in Grenzen halten. Ich bin jedenfalls gespannt.

  • Zum Thema Hetze sollten Sie sich mal selbst hinterfragen.

    Im Artikel wird über " öffentliche Hetze gegen die algerische Olympiasiegerin Imane Khelif " berichtet. Dazu findet man:



    Im August 2024 wurde von Imane Khelif Klage eingereicht.



    Aktuell laufen noch Ermittlungen der Staatsanwaltschaft.



    Es wurde noch keine Anklage gegen eine Einzelperson gestellt.



    Ein gerichtliches Verfahren wurde noch nicht eröffnet.



    Ein Urteil gegen Frau Rowling besteht hier nicht.

    Also muss man diesen Artikel als Vorverurteilung verstehen.

    • @Alter WeißerMann:

      Glücklicherweise gibt es immer noch Meinungsfreiheit und ich stimme der Autorin zu, dass wenn JKR eine Frau, die auch als solche geboren wurde, als Mann und Betrüger bezeichnet, dass es sich dabei um Hetze handelt.

      Egal ob irgendein Gericht dabei eine Strafbarkeit sieht oder nicht.