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Friedensvereinbarung für DR KongoZähneknirschender Waffenstillstand

Kongos Regierung und M23-Rebellen unterzeichnen in Katar eine Waffenruhe. In ihrer Vereinbarung verpflichten sie sich auch zu Friedensgesprächen.

Auf dem Podium mit Katars Außenminister in der Mitte: Regierungsvertreter Sumbu Sita Mambu, Rebellenvertreter Benjamin Mbonimpa Foto: Imad Creidi/ reuters

Kampala taz | Zähneknirschend schütteln sich die beiden kongolesischen Delegationsleiter die Hand und gucken in die Kamera. Die Blitzlichter der Kameras flackern in dem großen Festsaal in Katars Hauptstadt Doha.

Unter Federführung von Katars Außenminister unterzeichneten Kongos Regierung und die kongolesischen Rebellen der M23 (Bewegung des 23. März) am Samstag eine „Grundsatzvereinbarung“, die den Krieg im Osten der Demokratischen Republik Kongo beenden soll.

Die Wortakrobatik soll den Begriff Abkommen vermeiden. Denn ein Friedensabkommen ist es nicht wirklich, sondern lediglich die Absichtserklärung, miteinander in Verhandlungen darüber zu treten.

Denn bislang hatte Kongos Präsident Félix Tshisekedi stets lauthals erklärt, er werde „niemals mit den Terroristen verhandeln“. Die M23 hat als militärischer Arm des Rebellenbündnisses AFC (Allianz des Kongo-Flusses) mit Unterstützung Ruandas wichtige Teile Ostkongos unter ihre Kontrolle gebracht.

Konkrete Schritte innerhalb von zehn Tagen

Jetzt also doch. Die Vereinbarung legt nun die Grundlage für einen beiderseitigen allumfassenden Waffenstillstand und öffnet den Weg „zur friedlichen Beilegung der Streitigkeiten, der auf Diplomatie und Verhandlungen statt auf feindlicher Gewalt oder Rhetorik beruht“.

Konkret sagen beide Seiten zudem zu, einen Mechanismus für die Übergabe der politischen Gefangenen beider Seiten auszuarbeiten, die „sichere und freiwillige“ Rückkehr von Geflüchteten und Vertriebenen zu unterstützen sowie die Zivilbevölkerung zu beschützen und dabei mit der UN-Mission im Kongo (Monusco) zusammenzuarbeiten. All dies soll in den nächsten zehn Tagen umgesetzt werden.

Doch wie immer steckt der Teufel im Detail. Denn der vierte Punkt der Vereinbarung lautet „Wiederherstellung der Autorität des Staats“, und im nächsten Satz ist von „auf dem ganzen Staatsgebiet“ die Rede. Bedeutet dies also konkret den Rückzug der M23-Rebellen aus dem von ihr eroberten Gebiet?

Rebellen wollen keine Gebiete aufgeben

„Die M23 wird sich nicht zurückziehen“, verneinte M23-Verhandlungsführer Benjamin Mbonimpa direkt nach der Unterzeichnung, „keinen einzigen Meter.“ Diese Frage werde erst dann verhandelt, wenn man mit der Regierung die „tiefergehenden Ursachen des Konflikts“ besprochen habe, und dies sei noch nicht passiert.

Kongos Regierung hingegen besteht darauf, dass die M23 die eroberten Gebiete zurückgibt. Der wichtigste Punkt der Vereinbarung sei, dass die „verfassungsmäßige Ordnung ­respektiert“ werde, also auch „die Integrität des Territoriums“, erklärte Regierungssprecher ­Patrick Muyaya.

In der Erklärung heißt es: „Die Parteien erkennen an, dass die Wiederherstellung der Regierungsgewalt die logische Konsequenz einer wirksamen Lösung der Konfliktursachen durch ein Friedensabkommen ist.“

Beide Seiten sind auch für neue Kämpfe gewappnet

Immerhin, dass die Absichtserklärung überhaupt zustande kam – daran hatten viele bis zum letzten Moment gezweifelt. Denn an sämtlichen Frontlinien hat es in den vergangenen Tagen erneut Kampfhandlungen gegeben, Verstärkung und Kriegsgerät wurde von beiden Seiten in Position gebracht.

Doch offenbar wurde diplomatischer Druck ausgeübt. In den vergangenen Tagen hat Kongos Regierung in der Hauptstadt Kinshasa zwei lukrative Abkommen mit US-Firmen unterzeichnet. Die M23 wiederum hat Druck aus Ruanda erfahren.

Ruandas und Kongos Außenminister hatten Ende Juni in Washington ein Abkommen unterzeichnet, die Unterzeichnung durch die beiden Staatspräsidenten steht noch aus. Ruanda hat darauf gepocht, dass Kongos Regierung zunächst mit der M23 direkt verhandeln muss, und hat den M23-Rebellen abgerungen, sich darauf einzulassen. Dies ist nun also geschehen.

Die eigentlichen Gewinner sind die USA, deren Unternehmen Zugang zu lukrativen Rohstoffen erleichtert werden soll, sowie Katar, das sich als Friedensstifter inszenieren kann.

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