Brandanschlag auf Bahnstrecke in NRW: Linksradikales „Kommando Angry Birds“ bekennt sich
Das linksradikale „Kommando Angry Birds“ hat die Verantwortung für den Anschlag auf eine wichtige Bahnstrecke in NRW übernommen – und erläutert die Motivation.

Die Erklärung des „Kommando Angry Birds“ ist länglich. Mit einem „Eisblocktimer“ aus dem Handbuch „Kabel Anzünden für Beginner“ habe man am Donnerstag die Bahnstrecke nahe dem Düsseldorfer Flughafen sabotiert, heißt es dort. Die Strecke verbinde „einige der wichtigsten Wirtschaftszentren Europas“. Jede Störung dort habe „direkt oder indirekt“ Auswirkungen auf diesen Wirtschaftsraum.
Begründet wird der Anschlag mit Umweltzerstörungen des „industriellen Systems“. Anders als die „Mainstream-Umweltbewegung“ wolle man nicht „die Mächtigen“ umwerben, sondern setze auf Konfrontation. „Die Zeit, an einer Versöhnung der Seiten zu arbeiten, ist vorbei.“
Tatsächlich soll an der Strecke eine Zündvorrichtung in einem Kabeltunnel platziert worden sein, die einen Brand auslöste. Am Donnerstag wurde damit der Bahnverkehr auf der Strecke zwischen Düsseldorf und Duisburg lahmgelegt. Es kam zu Ausfällen und Verspätungen. Mit mehr als 700 Zügen täglich ist es eine der meistbefahrenen Bahnverbindungen Deutschlands.
Am Freitag wurde dann bei einer Begehung der Strecke ein zweiter Brandschaden entdeckt, rund zwei Kilometer vom ersten entfernt, wie Bahn und Polizei mitteilten. Man gehe davon aus, dass beide Anschläge gleichzeitig verübt wurden, sagte ein Polizeisprecher der taz.
Nicht der erste Anschlag
Und das „Kommando Angry Birds“ fällt nicht zum ersten Mal auf. Bereits im Mai 2023 bekannte sich die Gruppe zu fünf Brandanschlägen auf Bahnsignalkabel im Großraum Düsseldorf, die sie in den Monaten zuvor begangen haben will.
„Die Gesellschaft in der wir leben ist dabei, den gesamten Planeten zu verschlingen“, hieß es damals. Der Zwang zum Wachstum sei „auf Dauer unvereinbar mit dem Fortbestand des Lebens“. Die einzige Lösung sei „die vollständige Zerschlagung des technologisch-industriellen Systems“. Angriffe auf diese Infrastruktur seien „unerlässlich“.
In der Folge bekannte sich die Gruppe im Januar und August 2024 sowie im Januar 2025 zu weiteren Anschlägen auf Bahnanlagen in Nordrhein-Westfalen, stets mit der Beteuerung, auf den Güterverkehr zu zielen. Im Mai diesen Jahres folgte ein Bekennerschreiben zu Brandanschlägen auf drei Funkmasten in Langenfeld, Erkrath und Hilden. Und nun das zum Anschlag auf die Bahn bei Düsseldorf.
Wer hinter der Gruppe steckt und ob es mehrere oder nur eine Person sind, konnte die Polizei bisher nicht ermitteln.
Brandanschläge auf Bahnanlagen sind dabei nicht neu in der linksradikalen Szene. Schon vor vielen Jahren gab es solche Anschläge in Berlin, Hamburg, München oder Nordrhein-Westfalen – begründet mal mit Protesten gegen Aufrüstung, Atommülltransporte, den Bundeswehreinsatz in Afghanistan, den G20-Gipfel oder allgemein, um den „kapitalistischen Alltag“ zu durchbrechen.
Für bundesweites Aufsehen sorgte im März 2024 ein Brandanschlag auf einen Funkmast nahe der Tesla-Fabrik in Brandenburg, zu dem sich eine „Vulkangruppe Tesla abschalten“ bekannte, die damit einen Millionenschaden verursachte. Bereits seit 2011 hatten sich immer wieder Gruppen mit Vulkannamen zu Brandanschlägen bekannt.
Die Bahn und Politiker*innen hatten die Anschläge scharf kritisiert. Und auch in der linken Szene sind diese nicht unumstritten, werden dort von einigen als nicht vermittelbar kritisiert. Eine der Vulkangruppen hatte in einer Erklärung eingeräumt, dass man bei der Vermittlung „tatsächlich ein echtes Problem“ habe. Die Verhältnisse seien aber zu ernst, um auf solche Aktionen zu verzichten.
Und auch im Bekennerschreiben des „Kommando Angry Birds“ heißt es: Der Anschlag werde wohl „für einige Empörung sorgen“. Daran lasse sich „jedoch nichts ändern“. Denn es gelte, „die Wahrheit“ zu verbreiten.
Politiker*innen hatten nach früheren Anschlägen mehr Schutz für die Bahnanlagen eingefordert – mit Videoüberwachung und Backup-Strukturen. Die Bahn verwies darauf, dass für die Sicherheit 4.300 eigene Sicherheitsleute „Hand in Hand“ mit den 5.500 Beamten der Bundespolizei arbeiteten, auch in mobilen Streifen und insbesondere rund um Stellwerke. Bei knapp 34.000 Kilometern Streckennetz sei ein lückenloser Schutz der Infrastruktur aber „nahezu unmöglich“.
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