CDU-Politikerin Saskia Ludwig: Diskutieren bei einer Gruselshow in Ungarn
CDU-Abgeordnete Ludwig zeigte sich auf einem Podium offen für eine Zusammenarbeit mit der AfD. Alice Weidel dürfte das freuen – sie saß im Publikum.

Auf dem Podium verteidigte Ludwig, die derzeit unter Plagiatsverdacht steht, ihre umstrittenen Positionen zur Zusammenarbeit mit der AfD. „In Ostdeutschland ist es kein großes Problem zu sagen, dass wir ein Problem mit der Brandmauer haben, aber in Westdeutschland sehr wohl“, sagte sie laut dem rechtskonservativen ungarischen Regierungsmedium „Mandiner“.
Im Publikum dürften Ludwigs Äußerungen auf offene Ohren gestoßen sein. Fotos zeigen AfD-Chefin Alice Weidel in der ersten Reihe unter den Zuhörenden. Auf weiteren Bildern ist zu sehen, wie Weidel und Ludwig sich anlachen und freundlich begrüßen.
„Mandliner“ zitierte Ludwig mit den Worten, dass es in Ostdeutschland „ein anderes Verständnis von Demokratie“ gebe – man rede dort mit allen. An eine Koalition mit der AfD glaubt Ludwig demnach trotzdem nicht so schnell, „weil zu viel darüber geredet wurde, dass eine rechte Partei das Schlimmste wäre“. Kommunale Zusammenarbeit mit der AfD könne jedoch der „erste Schritt“ sein.
Besonders scharf attackierte Ludwig die staatliche Finanzierung von Nichtregierungsorganisationen. Diese nähmen „sehr viel unserer Steuergelder weg, um nicht nur gegen die AfD, sondern auch gegen die CDU zu kämpfen“. NGOs würden ohne gesellschaftliches Mandat versuchen, linke Politik durchzusetzen.
Orbán deutet erstmals eigenen Rückzug an
Bence Bauer, der bis 2020 in leitender Funktion für die unionsnahe Konrad-Adenauer-Stiftung tätig war, sagte, die CDU müsse erkennen, dass eine Zusammenarbeit mit der AfD „im eigenen Interesse“ liege. Spätestens bei den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern im Herbst 2026 werde sich die Brandmauer-Politik ändern. CDU-Abgeordnete Ludwig räumte ein, dass ihre konservativen Positionen in der eigenen Partei umstritten sind. „Vielleicht in zehn Jahren, aber jetzt nicht“, werde ihr die Partei noch dankbar sein für ihr hartes Auftreten. Die Union reagierte auf taz-Anfrage zunächst nicht auf den Auftritt Ludwigs in Ungarn.
Das Aufgebot der Redner beim diesjährigen MCC-Festival liest sich wie ein Who is Who der internationalen Rechten. Dominic Cummings, der Architekt des Brexit und ehemalige Chefberater von Boris Johnson, diskutierte über politische Strategien. Ayaan Hirsi Ali, die niederländisch-amerikanische Autorin und Kritikerin des politischen Islam, sprach über Einwanderung. Peter Thiel, Silicon Valley-Milliardär und Antidemokrat, redete über die Auswirkungen künstlicher Intelligenz.
Ungarns Premier Viktor Orbán sprach eine Stunde lang über die Weltpolitik und den ungarischen Platz darin. Die gesamte EU stehe – bis auf Ungarn und die Slowakei – im Krieg mit Russland, kritisierte er. Einmal mehr warnte Orbán vor „möglicherweise hundert Millionen Menschen“, die sich aus Afrika Richtung Europa bewegen würden. Den EU-Migrationspakt will Ungarn nicht umsetzen. Erstmals deutete Orbán auch seinen möglichen Rückzug an: „Es wird eine Gelegenheit geben, einen geeigneteren Menschen zu finden“ – doch noch sehe sein Lager in seiner Führung „die größte Chance auf Sieg“. Im Frühling 2026 finden ungarische Parlamentswahlen statt, die Orbáns Fidesz Umfragen zufolge durchaus verlieren könnte.
Orbán höchstpersönlich war es, der das MCC zum einflussreichen Thinktank und zur internationalen Plattform gegen den liberalen Westen ausbauen ließ. 2020 stattete er das MCC mit einem Budget von über einer Milliarde Euro aus, unter anderem in Form von Anteilen am teilstaatlichen Mineralölkonzern MOL. Dies übersteigt die Mittel nahezu aller ungarischen Universitäten. Das MCC entwickelte sich damit in kürzester Zeit zur zentralen Denkfabrik für eine EU-kritische Agenda, die von Budapest bis ins Silicon Valley reicht.
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