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Verurteilung von Milorad DodikJetzt hofft er auf seine rechten Freunde

Der bosnische Serbenführer Milorad Dodik ist endgültig verurteilt: zu einem Jahr Haft und sechs Jahre Politikverbot. Akzeptieren wird er das kaum.

Der bosnisch-serbische Führer Milorad Dodik muss ins Gefängnis Foto: Alexander Kryazhev/reuters

Split taz | Der bosnische Serbe Milorad Dodik gehört zu den schillerndsten Politikern Europas. Doch für den am 1959 geborenen Präsidenten des serbisch dominierten Teilstaates Republika Srpska in Bosnien und Herzegowina könnte die politische Karriere nun enden. Am vergangenen Freitag bestätigte die Berufungskammer des obersten Gerichts von Bosnien und Herzegowina ein Urteil der ersten Instanz: Dodik wurde zu einem Jahr Haft und einem sechsjährigen Verbot politischer Ämter verurteilt.

Der Grund: die Missachtung von Entscheidungen des mit Vollmachten ausgestatteten Hohen Repräsentanten der Vereinten Nationen für Bosnien und Herzegowina. Nach bosnischem Recht bedeutet dieses Urteil, dass er sein Amt als Präsident sofort niederlegen muss. Eine Berufung gegen die Entscheidung sei nicht möglich.

Doch wird Dodik das Urteil akzeptieren? Natürlich nicht. Er ist nicht nur ein serbisch-bosnischer Politiker, sondern auch ein autokratischer Nationalist, der sich dem Gericht nicht beugt.

Während des Bosnienkrieges zwischen 1992 und 1995 hielt sich Dodik von den Kriegsverbrechern zwar fern, machte aber mit deren Duldung Schwarzmarktgeschäfte. Er kalkulierte schon damals, was ihm am besten nützt, um später Karriere zu machen. 1996 gründete er die „Unabhängige Sozialdemokratische Partei“, Mitte der 2000er-Jahre entdeckte er den Nationalismus für sich. 2005 und 2006 führte er seine Partei an die Spitze der nationalistischen Bewegung unter den bosnischen Serben.

Den Genozid in Srebrenica leugnet Dodik heute

Mit dieser Kehrtwende erreichte er absolute Mehrheiten und wurde ins dreiköpfige Staatspräsidium gewählt. Er verbog die Verfassung, wechselte zwischen den Ämtern des Präsidenten und Premierministers der Republika Srpska.

Seine Hinwendung zum Nationalismus brachte auch einen radikalen Wandel in seinen Positionen. So zum Beispiel in der Frage der Anerkennung des Genozids in Srebrenica: 2004 stimmte er noch den Politikern der Serbischen Demokratischen Partei (SDS) zu, die den Völkermord in Srebrenica zugaben. Heute nennt er solche Aussagen Verrat an der serbischen Sache.

Dodik spricht, wie es ihm gerade passt. Er lügt, leugnet historische Fakten und passt seine Aussagen beliebig an. Damit fügt er sich nahtlos in die politische Landschaft von Putin bis Trump ein, deren Anerkennung er sucht. Putin hat er bereits mehrfach getroffen, Trump hingegen nicht – für den ist er wohl zu unbedeutend.

Dodik wird auf jeden Fall verhindern wollen, dass das Urteil gegen ihn anerkannt wird. Dabei setzt er auf die Unterstützung seiner Verbündeten: den serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić, den ungarischen Premier Viktor Orbán und den selbsternannten rechtsradikalen „Verteidigern des christlichen Abendlandes“ wie der AfD, oder den anderen europäischen Rechtsextremisten. Orbán schrieb auf X zu dem Urteil: „In der Demokratie ist kein Platz für legale Hexenjagden.“

Doch auch die Demokraten in Bosnien haben Rückhalt. Das oberste Gericht habe den Rechtsstaat gestärkt, betont Miro Lazović, ein bosnischer Serbe und früheres Mitglied des Staatspräsidiums. Die EU und auch Deutschland stehen hinter dem Urteil. Auch für Christian Schmidt, den Hohen Repräsentanten der internationalen Gemeinschaft für Bosnien und Herzegowina, der in der Vergangenheit oft von Dodik angegangen wurde, dürfte das Urteil eine Genugtuung sein.

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