Öffentlichkeitsarbeit der ARD: Gehirnwäsche und Selbstlob
Auf Kritik reagiert die ARD mit einem cleveren Trick: Sie lenkt ab und redet über ihre Erfolge. Um den einen großen Öffi-Erfolg bleibt es aber still.
D ie ARD hat es im Moment echt schwer. Da werden idyllische Sommerinterviews mit Alice Weidel gestört. Die Medienpolitik nölt, dass es mit den Reformen nicht schnell genug gehe. Und dazu kommen dann immer noch doofe Fragen nach dem Ruhegeld für ehemalige Führungskräfte.
Immerhin, der MDR hat das jetzt lustig in den Griff bekommen und seinen 2020 rauskomplimentierten ehemaligen Programmdirektor Wolf-Dieter Jacobi wieder angestellt. Jacobi ist jetzt Geschäftsführer der MDR-Werbetochter MDR Media. „Und da bekommt er das Ruhegeld nicht mehr?“, fragt die Mitbewohnerin. „Ist doch ein anderer Verein und eine andere Tätigkeit.“
Um die normalen Mitarbeitenden ohne Aussicht auf Ruhegeld bei Laune zu halten, muss also etwas passieren – denkt sich die ARD und setzt auf Gehirnwäsche und Selbstlob.
„Auf Instagram hat sich @team.recherche längst als zentrale Adresse für investigativen Journalismus etabliert. Seit Februar versucht das Team, den Erfolg auf TikTok zu wiederholen. Und auch da läuft es“, melden alle Intranets im ARD-Verbund dann zum Beispiel. „Diese Zahlen zeigen: Das Interesse an politischen Inhalten ist auch auf Instagram groß – wenn sie gut erzählt und visuell ansprechend aufbereitet sind. Fazit: Moderner Journalismus, der wirkt.“ Das muss doch endlich mal gesagt werden. „Nee! Und schon gar nicht mit sinnlos dekadenten Doppelpunkten, um sich in der ARD aufzupuscheln“, sagt die Mitbewohnerin.
Wenn es um die eigentlich beabsichtigte Motivation der Mitarbeiter*innen geht, ist das so wirksam wie die früher an die allgemeine Öffentlichkeit gerichteten Slogans à la „Wir sind eins“. Das hat auch niemand geglaubt, weder draußen noch in der ARD selbst. Sollte ja in Wahrheit angesichts der zu jener Zeit noch viel milderen Kritik auch „Habt uns endlich wieder lieb“ bedeuten. Auch der Coolsprech vom letzten Jahr, die „ARD kann auch Wow!“ hatte dasselbe Kaliber. Jetzt, wo die Kritik immer schärfer wird, gibt’s zur Kommunikation nach außen auch noch Werbesprech nach innen. Erfolg, der sich selbst groß erklären muss, ist wie ein Medienpreis, der das Wörtchen „renommiert“ braucht.
„Wenn starke Inhalte mit schlagkräftiger Distribution verknüpft werden und die Power aus der ganzen ARD greift, gewinnen alle“, geht der Spaß weiter. Wenn die Anstaltsinsass*innen mit solch mäßigem Geluller in den hauseigenen Intranets belästigt werden, sinkt die Laune exponentiell.
Das Intranet ist aber nicht dazu da, Neusprech-Botschaften gebetsmühlenhaft und bevormundend ins Mitarbeiter*innenhirn rieseln zu lassen. Vielmehr macht es sich die ARD damit nur selbst schwer. Dabei kann sie ja tatsächlich ein bisschen Wow und jüngere Menschen erreichen. Dazu braucht es aber keinen schlechten Werbesprech, sondern ganz andere Strategien, zum Beispiel vielleicht mal ’ne Etaterhöhung bei einer Erfolgsgeschichte wie Funk.
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