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Einreiseblockade für Kinder aus GazaDeutsche Abgründe

Pauline Jäckels
Kommentar von Pauline Jäckels

Mehrere Städte wollen Kinder aus Gaza aufnehmen, um zumindest ein paar Leben zu retten. Die Bundesregierung blockiert – mit grotesker Begründung.

Besonders Kinder leiden unter dem Krieg in Gaza Foto: Mahmoud Abu Hamda/imago

M ehrere deutsche Städte sind bereit, verletzte Kinder aus dem Gazastreifen aufzunehmen. Natürlich wäre das lediglich der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. Denn nur ein Waffenstillstand, eine massive Ausweitung der humanitären Hilfe und ein Wiederaufbau der durch Israel zerstörten Gesundheitsinfrastruktur können das Leben Hunderttausender hungernder und verletzter Menschen in Gaza retten.

Dennoch wäre die Evakuierung einiger schwer-verletzter Kindern das Allermindeste, was Deutschland tun kann, nein, tun muss, um immerhin ein paar Menschenleben vor dem Tod zu bewahren.

Stattdessen tun sich aus den Reihen der Bundesregierung mal wieder deutsche Abgründe auf. Serap Güler, CDU-Staatsministerin im Auswärtigen Amt, erteilt der Idee prompt eine Absage. Die Begründung ist so lächerlich wie grotesk: Eine Aufnahme helfe den Menschen gar nicht, man solle ihnen die lange Reise ersparen und dafür sorgen, dass die Nachbarländer Verletzte aufnehmen.

Natürlich sind Bemühungen um eine Aufnahme einzelner, schwer-verletzter Kinder durch Nachbarländer sinnvoll. Sie würden einem solchen Kind aber erst helfen, wenn die Bemühungen auch erfolgreich waren. Das kann Wochen und Monate dauern – oder scheitern. Deutschland indes hätte jetzt sofort die Möglichkeit, schwer verletzte Kinder zu evakuieren, ärztlich zu versorgen und damit womöglich ihr Leben zu retten. Genau wie man es mit ukrainischen Kindern getan hat.

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Hinter Gülers Ablehnung steckt etwas anderes. Das zuständige Innenministerium (BMI) blockiert schon seit 2024 die Evakuierung von Kindern aus Gaza. Denn Minderjährige können nicht ohne Begleitung einer Bezugsperson ausreisen. Mütter aus Gaza hält man aber im BMI und bei der ihm unterstellten Bundespolizei für ein „Sicherheitsrisiko“. Man könnte hier, wie ohnehin üblich vor der Visavergabe, einen Sicherheitscheck machen. Man könnte so Kinderleben retten – aber unterlässt es. Um es mal mit den Worten des Nahostexperten Daniel Gerlach im „Presse­club“ zu sagen: Sagt mal, sind wir irre geworden?

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Pauline Jäckels
Meinungsredakteurin
Redakteurin im Meinungsressort seit April 2025. Zuvor zuständig für die parlamentarische Berichterstattung und die Linkspartei beim nd. Legt sich in der Bundespressekonferenz gerne mit Regierungssprecher:innen an – und stellt manchmal auch nette Fragen. Studierte Politikwissenschaft im Bachelor und Internationale Beziehungen im Master in Berlin und London.
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