Pressefreiheit in Georgien: Georgische Journalistin zu zwei Jahren Haft verurteilt
Mzia Amaghlobeli ist zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden. Sie ist die erste politische Gefangene in Georgien seit 1991.

Es hätte schlimmer kommen können, doch es ist auch so schon schlimm genug: Die georgische Journalistin Mzia Amaghlobeli ist am Mittwoch zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden.
Quasi in letzter Minute hatte das Gericht in der Stadt Batumi die Anklage geändert: Aus dem Vorwurf „Körperverletzung gegen einen Polizeibeamten“ wurde „Widerstand, Bedrohung oder Anwendung von Gewalt gegen einen Ordnungshüter“. Darauf stehen bis zu sechs Jahre Haft. Vor dem Gerichtsgebäude hatten sich Hunderte Unterstützer*innen von Amaghlobeli eingefunden, die ihren Namen riefen.
In ihrem Schlussstatement vor Gericht Anfang der Woche hatte Amaghlobeli gesagt: „Welche Entscheidung Sie auch immer treffen – ich möchte, dass Sie wissen, dass ich mich als Gewinnerin betrachte.“ Auf einen Deal mit der Staatsanwalt, mit einem Schuldeingeständnis das Strafmaß mildern zu können, sei sie nicht eingegangen. Das sei, wie lebendig begraben zu werden.
Die 50-Jährige ist seit über 25 Jahren als Journalistin tätig. 2001 gründete sie mit ihrer Freundin Eter Turadze in Batumi das unabhängige lokale Webportal Batumelebi, 2011 dann in Tbilisi das überregionale Onlinemedium Netgazeti. Die beiden Medien, die vor allem über Menschenrechtsverletzungen, Korruption und soziale Belange berichten, wurden vielfach ausgezeichnet.
Amaghlobeli war in der Nacht vom 11. zum 12. Januar 2025 in Batumi während einer Demonstration festgenommen und anschließend in Untersuchungshaft genommen worden. Zu diesem Zeitpunkt gingen – im Nachgang zu den von der Opposition als manipuliert kritisierten Parlamentswahlen am 26. Oktober 2024 – landesweit täglich Tausende auf die Straße. Hunderte Protestierende, darunter auch zahlreiche Journalist*innen, wurden von Polizeikräften brutal misshandelt. Juristisch dafür zur Verantwortung gezogen wurde bislang niemand.
Beleidigt, bedroht, angespuckt
Der Vorwurf an die Adresse Amaghlobelis lautete, sie habe einen Polizisten geohrfeigt. Besagter Ordnungshüter namens Irakli Dgebuadze, so berichtete die Journalistin später, habe sie auf der Polizeiwache beleidigt, ihr Gewalt angedroht und ins Gesicht gespuckt. Auch ein Gang zur Toilette sei ihr verweigert worden.
Amaghlobeli trat in einen Hungerstreik, den sie am 18. Februar nach 38 Tagen abbrach. Laut ihrer Anwältin bestehe die Gefahr, dass Amaghlobeli erblindet, dennoch habe die Gefangene keine adäquate medizinische Hilfe bekommen.
Seit ihrer Inhaftierung erfährt die Journalistin, die erste politische Gefangene in Georgien seit 1991, nicht nur von ihren Landsleuten viel Solidarität. Nach der Urteilsverkündung veröffentlichten 24 westliche Botschaften eine Erklärung.
Der Fall Amaghlobeli sei ein Beispiel für die zunehmende Einschüchterung von Journalist*innen, die auch ungeahndete Gewalt und rechtliche Verfolgung einschließe und einen klaren Verstoß gegen die internationalen Verpflichtungen des Landes zum Schutz der Medienfreiheit und der Meinungsfreiheit darstelle, heißt es darin.
Auf der Rangliste für Pressefreiheit der Nichtregierungsorganisation Reporter ohne Grenzen arbeitet sich Georgien stetig nach unten und wird für 2025 auf Platz 114 von 180 Staaten gelistet. Die Südkaukasusrepublik hat seit 2023 den EU-Kandidatenstaus, der Beitrittsprozess liegt derzeit jedoch auf Eis.
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