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Verhaftungswelle in MaliGeneräle inhaftiert, Spekulationen um Putschversuch

In Malis Hauptstadt Bamako werden hochrangige Militärangehörige festgenommen. Von einer versuchten „Destabilisierung der Institutionen“ ist die Rede.

Trotz Repressionen und Verhaftungen gibt es auch Unterstützer von General Assimi Goita in Mali Foto: Nicolas Remene/picture alliance

Berlin taz | Nach fast genau fünf Jahren Militärherrschaft weckt eine Reihe von Verhaftungen von Generälen Spekulationen über einen neuen Putschversuch in Mali. Bis zu 55 Menschen, die meisten davon hochrangige Militärangehörige, sollen in den vergangenen Tagen in der Hauptstadt Bamako verhaftet worden sein. Gegenüber der Nachrichtenagentur AFP sprach eine Quelle im Sicherheitsapparat von einem „Versuch der Destabilisierung der Institutionen“.

Der bekannteste Inhaftierte ist General Abass Dembélé, lange Jahre an vorderster Front beim Kampf der malischen Streitkräfte gegen Tuareg-Rebellen und islamistische Gruppen und 2024 zum General befördert. Ende 2020 war Dembélé Militärgouverneur der zentralmalischen Region Mopti geworden, die besonders von Gewalt betroffen ist.

Ende Mai dieses Jahres wurde er von der Militärregierung abgesetzt. Schon damals sagten manche ihm nach, er sei populärer als der Staatschef.

Soldaten holten den General am frühen Sonntagmorgen in der Militärbasis Kati außerhalb von Bamako ab. „Um 4 Uhr morgens halten drei Pick-ups vor seinem Haus in Kati“, berichtete der malische Journalist Serge Daniel unter Berufung auf Militärquellen. „Zwei Feldwebel salutieren vor der Tür und bitten Abass mitzukommen. Der General lächelt und folgt ihnen.“

Seit fünf Jahren regiert das Militär

Kati war am 18. August 2020 Ausgangspunkt der Militärrevolte gewesen, die noch am gleichen Tag zum Sturz der gewählten Zivilregierung Malis führte. Seitdem ist Mali ein Militärregime, mit dem Anführer des Putsches von 2020, dem damaligen Oberst Assimi Goita, als Übergangsstaatschef seit einem zweiten Putsch im Jahr 2021.

Seit Juli 2025 ist Goïta, inzwischen General, regulärer Präsident Malis, mit einem beliebig oft ohne Wahlen erneuerbaren Mandat von fünf Jahren, gemäß der neuen Verfassung des Landes.

Seitdem brodelt es in Malis Armee, denn der Putsch von 2020 war ein kollektives Werk unzufriedener Generäle gewesen, von denen jetzt nur noch Goïta als starker Mann übrigbleibt. Nicht ganz zufällig wurde Mali am 1. Juli, kurz vor der Beschlussfassung über Goïtas Präsidentschaft auf Lebenszeit, von Überfällen der islamistischen Gruppe JNIM (Gruppe für die Unterstützung des Islams und der Muslime) erschüttert. Sogar der Westen des Landes um Kayes und die Grenzregion zu Senegal war betroffen. Bereits Anfang Juni hatte JNIM eine Reihe blutiger Angriffe auf Militärbasen verübt.

Experten zufolge kann JNIM mittlerweile praktisch landesweit zuschlagen und genießt bei gezielten Angriffen auf Militär­einrichtungen die Unterstützung nicht unwesentlicher Bevölkerungsteile, die unter der Willkür der Sicherheitskräfte leiden.

Und während immer wieder zivile Politiker in Haft wandern oder ins Exil gehen, mehren sich Verdächtigungen darüber, wer möglicherweise alles inzwischen die Islamisten gegen die Militärmachthaber unterstützt, auch ohne ihre Ideologie zu teilen.

In Malis Armee regt sich zudem Unmut wegen der engen militärischen Zusammenarbeit der Regierung Goïta mit Russland, wovon lediglich Teile der Streitkräfte profitieren. Die genauen Hintergründe der laufenden Verhaftungswelle blieben am Montag unklar, eine angekündigte offizielle Stellungnahme ließ auf sich warten.

Während in Bamako die Gerüchteküche brodelte, warnte die Wochenzeitung L’Aube in einem Kommentar mit dem Titel „Zu den Waffen, Bürger!“, der Terror drohe, Mali „unregierbar“ zu machen, und forderte eine neue militärische Strategie, mit Spezialeinheiten, Drohnen und allgemeiner erhöhter Wachsamkeit.

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