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Wissenschaft in den USAGefördert wird nur noch, was der Regierung passt

Ein neuer Bericht deckt auf, wie systematisch die Wissenschaft in den ersten sechs Monaten unter US-Präsident Trump umgebaut wurde.

Die vier Reiter der Feindlichkeit gegen die Wissenschaft mit ihrem Chef, Blitzbirne Donald Trump Foto: John McDonnell/AP/dpa

Berlin taz | Zuletzt hat der wissenschaftsfeindliche Kurs von Donald Trump Erika McEntarfer erwischt. Der US-Präsident hat die ehemalige Chefin der US-Statistikbehörde entlassen, nachdem diese enttäuschende Arbeitsmarktzahlen veröffentlicht hatte. Die Behörde meldete 73.000 neue Arbeitsplätze im Juli, was deutlich unter den Erwartungen lag. Trump feuerte die Ökonomin, die bereits unter George W. Bush, Obama und in Trumps erster Amtszeit sowie unter Biden für die Regierung gearbeitet hat, wenige Stunden nach Veröffentlichung der Zahlen.

Etwas mehr als sechs Monate nach seiner zweiten Amtseinführung zeigt Donald Trump deutlich, wie er die USA umbauen will. Davon betroffen sind vor allem kritische Wis­sen­schaft­le­r:in­nen und Mitarbeitende der Regierung, deren Finanzierung gekürzt oder die sogar ganz entlassen werden. Die Union of Concerned Scientists (USC), eine US-Organisation, in der mehr als 200.000 Wis­sen­schaft­le­r:in­nen Mitglied sind, hat einen Report veröffentlicht, der systematisch erfasst, wie und in welchen Bereichen dieser Umbau abläuft.

Bereits kurz nach seiner Übernahme der Amtsgeschäfte hat Donald Trump mit dem Department of Government Efficiency (DOGE) unter Leitung von Elon Musk eine Kommission geschaffen, die das Regierungshandeln effizienter gestalten sollte. Im Klartext hieß das, dass Tausende Mit­ar­bei­te­r:in­nen in Behörden entlassen werden sollten, gleichzeitig erhielten Musk und seine Leute Zugang zu sensiblen Informationen und versendeten Einschüchterungsmails an Angestellte mit der Aufforderung, ihre Arbeitserfolge vergangener Wochen zu melden. Bei Nichtbeachtung drohte ihnen die Entlassung.

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Dieser massive Sparkurs hat weitreichende Folgen: Im US-Gesundheitsministerium wurde fast ein Viertel der Mitarbeitenden entlassen. Auch Behörden, die sich mit den Folgen des Klimawandels und der Energiewende befassen, mussten massiv sparen. Sowohl im Energieministerium als auch in der Nationalen Ozean- und Atmosphären­behörde musste mehr als je­de:r zehnte Mit­ar­bei­te­r:in gehen, genauso in der Nationalen Stiftung für Wissenschaft, die Forschung und Bildung in den USA finanziell unterstützt.

Angriffe auf Wis­sen­schaft­le­r:in­nen

Die Stiftung für Wissenschaft ist für alle Felder außer der Medizin zuständig. Dort verteilen die Nationalen Gesundheitsinstitute (NIH) die Forschungsgelder. Auch sie verzeichnen seit Beginn des Jahres einen starken Rückgang bei den neuen Förderungen. In den Vorjahren wurden in den ersten sechs Monaten durchschnittlich mehr als 6.000 Forschungsprojekte gefördert. In den ersten sechs Monaten von Trumps Präsidentschaft wurden nur ungefähr 3.000 Projekte unterstützt. Die NIH sind weltweit für medizinische Fortschritte wichtig und fördern etwa die Forschung an neuen Impfstoffen oder neuen Behandlungsmethoden für Krebserkrankungen.

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Neben Kürzungen von Forschungsgeldern und Entlassungen dokumentiert die USC auch Angriffe auf Wis­sen­schaft­le­r:in­nen in den USA. Als Angriff zählen „Handlungen, Äußerungen oder Entscheidungen, die von einem gewählten Amtsträger oder einem politischen Beauftragten in einer Bundesbehörde ausgehen und zur Zensur, Manipulation, Fälschung oder Falschdarstellung von wissenschaftlichen Daten, Ergebnissen oder Schlussfolgerungen führen, die innerhalb der Regierung oder mit Bundesmitteln durchgeführt wurden“. Die Entlassung von Erica McEntarfer ist ein Beispiel, da der US-Präsident kurz zuvor behauptete, die Beauftragte für Arbeitsstatistik habe die Arbeitsmarktzahlen „gefälscht“.

Die USC sammelt diese Angriffe seit den zwei Amtszeiten von George W. Bush von 2001 bis 2009. Ein derart massiver Angriff wie in der zweiten Amtsperiode von Donald Trump ist bisher ungesehen. Allein in den ersten sechs Monaten kam es zu 402 dokumentierten Angriffen von Amtsträger:innen. Selbst in seiner ersten Amtszeit kam Donald Trump „nur“ auf 207 Attacken.

Die Regierung hat sich nicht zu dem Report geäußert. Das Abschlussstatement der USC liest sich düster: „Die Maßnahmen der Trump-Regierung opfern ganz klar und bewusst die Gesundheit der Bevölkerung zugunsten von Milliardären und Unternehmen.“

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1 Kommentar

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  • Es ist sogar noch schlimmer und passt dann noch besser zur Überschrift: nach einem der neueren Erlasse sollen nicht mehr Panels mit Wissenschaftlern über Förderungen von geprüften Anträgen entscheiden, sondern ein Panel mit Leuten, die die Regierung beruft. Dann ist die wissenschaftliche Unabhängigkeit endgültig vorbei. Dann wird nicht nur nach Stichworten wie Diversity gesucht, sondern nur noch politisch genehme Forschung genehmigt.