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Badeverbote und HitzewellenGefangen in der Betonwüste

Stella Lueneberg
Kommentar von Stella Lueneberg

Wenn das Baden im Rhein verboten und das Freibad zu ist, fehlen kühle Orte mehr denn je. Klimatisierte Oasen und Freiflächen müssen schleunigst her.

Sollen sie doch woanders abkühlen Foto: Gianni Gattus/dpa

A b diesem Freitag ist das Baden im Rhein in Düsseldorf verboten. Die Stadt ist die Erste in NRW, die ein Badeverbot mit einem Bußgeld von bis zu 1.000 Euro einführt. Aus gutem Grund, denn das Baden dort endet oft tödlich. Aber es braucht Ersatz, sonst sterben die Leute statt im Rhein hinterher wegen der Hitze.

Denn wo kann man sich in Städten in diesem Sommer wirklich abkühlen? Die Liste ist kurz: Viele Freibäder schließen, die Zahl der Klimaanlagen bleibt trotz steigender Nachfrage gering, und viele Seen sind voller gefährlicher Blaualgen.

Kühle Zufluchtsorte gibt es immer noch zu wenig. Nicht umsonst fordern in Berlin Menschen, in der Spree mit fragwürdiger Wasserqualität baden zu dürfen. Währenddessen kann man Spiegeleier in der Betonwüste vor der Haustür brutzeln – und es wird jedes Jahr heißer.

Statt weiterer Verbote braucht es mindestens zwei Maßnahmen: Eine davon ist schnell umsetzbar. Wie in Spanien bereits üblich, sollten schnellstens kalte Oasen, sogenannte Klimarefugien eröffnen. Bibliotheken und andere öffentliche Einrichtungen können, mit Klimaanlagen ausgestattet, diese Funktion erfüllen.

Hitzeprävention gehört zur Stadtplanung

Zweitens: Asphalt und Beton müssen weg – Entsiegelung ist das Stichwort. Im Hitze-Check hat die Deutsche Umwelthilfe vergangenes Jahr 190 Städte analysiert. 24 Städte erhielten eine rote Karte; sie haben zu wenige offene Flächen. Am schlechtesten schnitten Ludwigshafen, Heilbronn und Regensburg ab. Aber auch Frankfurt am Main, Mainz und Nürnberg erhielten eine rote Karte. Dort sind mindestens fünfzig Prozent der Flächen versiegelt. Grün unterwegs sind unter anderem Leipzig, Dortmund, Chemnitz oder Kiel.

Flächenkonflikte sind nicht so einfach zu lösen. Wenn der Park mit Wohnungsbau konkurriert oder die schmalere Straße mit dem Radweg. Auch klar ist: Hitze merken die Reichen als Letztes. In ärmeren Vierteln stehen die Gebäude eher eng zusammen, es gibt weniger Gärten und Klimaanlagen.

Daher muss Hitzeprävention Priorität bei der modernen Stadtplanung haben, sonst kann im Sommer bald keiner mehr die Städte betreten.

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Stella Lueneberg
Freie Mitarbeiterin für das Meinungsressort. Studierte im Master "Politics, Economics and Philosophy" in Hamburg und in London. Schreibt für die taz besonders gerne über Innenpolitik und den Westbalkan.
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2 Kommentare

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  • Das wüsste ich jetzt schon genauer was oft tödlich heißt. Baden und auf die andere Seite schwimmen sind auch zwei verschiedene Sachen. Ich habe das Gefühl man überlässt den Menschen manchmal wenig Eigenverantvortung. Einer ist ertrunken und jetzt darf keiner mehr baden gehen. Das wüsste ich gerne genauer, wie das begründet wird.

    • @wirklich?:

      Es war nicht ausnahmsweise mal einer.



      Es gibt jeden Sommer zahlreiche Rettungsaktionen, weil Schwimmer sich überschätzen, Nichtschwimmer von Wellen umgeworfen und ins Tiefe gezogen werden oder Menschen die helfen wollen, sich stattdessen selbst in Gefahr begeben.



      Die Menschenmassen an den Rheinstränden wurden trotzdem immer größer, was die Gefahreneinschätzung noch schwieriger machte (Wo so viele Leute baden, kann es ja nicht gefährlich sein)



      Und das obwohl man oft schon von außen sieht, wie stark die Strömung auch an beliebten Badestellen manchmal ist.



      Die Gefahr mag nicht überall gleich groß sein, aber Menschen tendieren dazu, die Einschätzungsfehler anderer als Beweis für Gefahrlosigkeit zu nehmen.